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Die Vergessene Welt

Die Vergessene Welt

Titel: Die Vergessene Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
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unten- dem einzigen Lichtblick auch für meine
    verdüsterte Seele. Und doch fühlte ich mich erleichtert, denn
    der Gedanke, daß die Welt erfahren würde, was wir hier
    erforscht hatten, war wenigstens tröstlich. Falls es uns vom
    Schicksal bestimmt war, daß wir nicht nach Hause
    zurückkehren sollten, so würden unsere Namen wenigstens in
    Verbindung mit dem Ergebnis unserer Bemühungen der
    Nachwelt überliefert.
    Die Aussicht, in diesem verwüsteten Lager schlafen zu
    müssen, war bedrückend. Die Vorsicht riet mir, wach zu bleiben,
    aber mein erschöpfter Körper forderte unwiderstehlich sein
    Recht. Ich kletterte auf den untersten Ast des Gingkobaumes,
    fand aber keinen sicheren Sitz. Ich stieg also wieder herunter
    und überlegte.
    Schließlich verschloß ich den Eingang der Hecke, entfachte
    drei Feuer, aß ein kräftiges Abendbrot und versank in tiefen
    Schlaf, aus dem ich auf sonderbare und höchst willkommmene
    Weise geweckt wurde. Am frühen Morgen, als der Tag eben
    anbrach, faßte eine Hand nach meinem Arm. Ich fuhr hoch, alle
    Nerven wie elektrisiert, griff nach meinem Gewehr und stieß
    einen Freudenschrei aus, als ich im kalten, grauen Licht Lord
    John neben mir knien sah.
    Er war es – aber er war verändert. Ich kannte ihn beherrscht,
    korrekt und sorgfältig gekleidet. Jetzt war er bleich, hatte
    einen wilden Ausdruck im Blick und atmete wie jemand, der
    schnell und weit gelaufen ist. Sein hageres Gesicht war
    zerkratzt und blutig, seine Kleidung hing ihm in Fetzen
    herunter. Seinen Hut hatte er verloren. Ich starrte ihn erstaunt
    an, aber er ließ mir keine Zeit zum Fragen und wühlte in
    unseren Vorräten, während er sprach.
    »Schnell, Malone, schnell!« rief er. »Jede Minute ist kostbar.
    Nehmen Sie diese zwei Gewehre und an Patronen, was Sie
    einstecken können. Die beiden anderen Gewehre habe ich
    schon. So, jetzt noch ein paar Lebensmittel. Ein halbes Dutzend
    Büchsen, das muß reichen. Nicht erst lange reden und
    überlegen. Los, weg von hier, sonst sind wir erledigt!«
    Noch halb im Schlaf und unfähig zu begreifen, was das alles
    bedeuten sollte, jagte ich hinter ihm her, über jeder Schulter ein
    Gewehr und die Hände voll Proviant. Lord John lief durch das
    Unterholz, bis er an dichtes Gebüsch kam. Dort hinein stürzte er
    sich kopfüber, ohne auf die Dornen zu achten, und kroch
    weiter zur Mitte. Mich zerrte er neben sich.
    »So!« keuchte er. »Ich denke, hier sind wir erst einmal in
    Sicherheit. Sie kommen todsicher zum Lager zurück. Aber hier
    werden sie uns kaum vermuten.«
    »Was ist denn überhaupt los?« fragte ich, als ich wieder
    etwas zu Atem gekommen war. »Wo sind die Professoren? Und
    wer ist hinter uns her?«
    »Die Affenmenschen!« keuchte er. »Mein Gott, was für
    Bestien! Sprechen Sie nicht so laut, sie haben empfindliche
    Ohren und gute Augen, aber keinen scharfen Geruchssinn,
    soweit ich es beurteilen kann. Ich glaube also nicht, daß sie uns
    hier aufspüren. Wo sind Sie gewesen, Malone? Sie können froh
    sein, daß Sie nicht dabei waren.«
    In wenigen knappen Sätzen flüsterte ich ihm zu, was ich
    erlebt hatte.
    »Donnerwetter!« sagte er, als ich geendet hatte. »Nicht
    ganz der Ort für eine Erholungskur, was? Aber auch ich hatte
    keine Ahnung, was hier alles möglich ist, bis diese Teufel über
    uns hergefallen sind. Ich war einmal in der Gewalt von
    menschenfressenden Papuas, aber das sind Waisenknaben im
    Vergleich zu dieser Bande.«
    »Wie kam es denn zu dem Überfall?« fragte ich.
    »Es war früh am Morgen. Unsere gelehrten Freunde waren
    eben aufgewacht und hatten noch nicht einmal angefangen,
    sich zu zanken. Auf einmal regnete es Affen. Wie die Äpfel
    fielen sie aus dem Baum. Sie müssen sich in der Dunkelheit
    versammelt haben, bis der große Baum über uns von ihnen
    wimmelte. Einen von ihnen habe ich in den Bauch geschossen.
    Aber ehe wir wußten, was hinten und vorne war, hatten sie uns
    schon aufs Kreuz gelegt.
    Ich nenne sie Affen, aber sie hatten Stöcke und Steine in den
    Händen und schnatterten untereinander. Sie fesselten uns
    schließlich die Hände mit Schlingpflanzen, also sind sie jedem
    Tier, das mir bisher begegnet ist, weit überlegen.
    Affenmenschen sind sie, diese fehlende Bindeglieder der
    Theorie Darwins. Ich wollte, sie fehlten immer noch! Sie
    haben ihren verwundeten Kollegen weggeschleppt – er hat wie
    ein Schwein geblutet, und dann haben sie sich um uns
    herumgesetzt. Aus ihren Gesichtern sprach die

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