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Die Vergessenen. Thriller (German Edition)

Die Vergessenen. Thriller (German Edition)

Titel: Die Vergessenen. Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Wächter
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dreht sich um.

5.
    Sonntag, 20. April
    Heidelberg
     
    »Danke, dass ich so schnell vorbeikommen konnte.«
    »Kein Problem. Du weißt doch, dass ich dir gern weiterhelfe, wenn du bei einem deiner Aufträge nicht weiterkommst«, sagt sie und geht in ihrem schlabberigen Jogginganzug an ihm vorbei in die Wohnküche.
    »Woher weißt du ...«, stammelt er und folgt ihr durch den breiten Flur ihrer Altbauwohnung in der Heidelberger Weststadt.
    Die Strahlen der Mittagsonne fallen auf die weiß gestrichenen Wände und lassen den Raum erstrahlen. Eva räumt irgendwelche Sachen zusammen und sieht ihren Besuch nicht an, während er mit ihr spricht. Kimski weiß, dass sie ihm zuhört, dennoch irritiert es ihn jedes Mal erneut, dass es möglich ist, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun. Multitasking will ihm einfach nicht in den Kopf. Jeder Frau – und Eva allen voran – scheint es ohne Probleme möglich, den Frühjahrsputz zu erledigen oder ein probiotisches Trennkost-Menü mit vier Gängen zuzubereiten und dabei Lösungen für den Nahostkonflikt zu diskutieren.
    »Ich wusste nicht, dass du wieder mal meine Hilfe brauchst, aber ich habe es mir doch denken können.«
    »Na ja.«
    »Kannst du mir bitte aus dem Schlafzimmer einen der Kartons bringen?«
    »Klar.«
    Als er das Schlafzimmer betritt, bleibt sein Blick auf dem Bett hängen.
    »Hier habe ich schon mal gelegen«, denkt er und verharrt für einen Moment in der Bewegung. Müßig, weiter darüber nachzusinnen.
    »Danke«, sagt Eva, als er ihr den Karton bringt. Sofort beginnt sie, Küchengeräte in die Kiste zu räumen.
    »Sag mal, was machst du da eigentlich?«
    Kimski sieht sich um. Erst jetzt fällt ihm auf, dass die Regale in der Küche leer sind und zwei weitere Umzugskartons am Fenster stehen. Will sie umziehen? Sie hat die Wohnung doch erst letztes Jahr bezogen. Nach der spektakulären Befreiung des Bürgermeisters hatte sie ihren Artikel über die Ermittlungen als mehrteilige Exklusivgeschichte an eine Boulevardzeitung verkaufen können. Seitdem kann sie sich vor Reportageaufträgen für diverse Zeitungen und Magazine nicht mehr retten. Und die Zweizimmeraltbauwohnung in der Heidelberger Weststadt ist das Erste gewesen, was sie sich nach dem Geldsegen geleistet hat.
    »Ich verreise.«
    »Aha?«
    Er tritt ins Wohnzimmer, auch die Bücherregale sind leer. Auf dem Schreibtisch steht weder ein Computer noch befindet sich darauf einer der obligatorischen Papierstapel. Der Fernsehapparat ist verschwunden, ebenso die Couch.
    »Es scheint, als plantest du mehr als einen zweiwöchigen Cluburlaub.«
    »Ich mache eine zwölfmonatige Weltreise.«
    Kimski pfeift schrill durch die Zähne.
    »Die Kisten kommen zu meinen Eltern in die Garage. Ein paar von den Möbeln habe ich den Nachbarn geschenkt, den Fernseher auch.«
    »Wann geht es denn los?«
    »Mein Flug nach Moskau geht am Mittwoch. Ich weiß es selbst erst seit ein paar Tagen.«
    Zwölf Monate hat sie gesagt? Und das weiß sie erst seit ein paar Tagen? Schon als sie sich kennenlernten, hat Eva ihn mit ihrem spontanen Temperament immer wieder in Erstaunen versetzt. Bei der Geschichte mit dem Bürgermeister hatte sie sich sogar unter falschem Namen in die Ermittlungen der Polizei eingebracht und vorgegeben, einen Artikel über die Arbeit eines Dezernats für den Mannheimer Morgen zu schreiben. Sie kann ganz schön skrupellos sein, ohne dabei den Eindruck einer zarten, geradezu zerbrechlichen Frau zu zerstören, der in jedem Mann den Beschützerinstinkt weckt.
    »Ich träume schon seit meiner Kindheit davon, eine Weltreise zu machen. Jetzt, wo ich ein paar Ersparnisse habe, ist es endlich möglich. Außerdem habe ich eine Zeitung gefunden, die bereit ist, jede Woche eine Reisekolumne von mir zu veröffentlichen.«
    Kimski beobachtet sie dabei, wie sie irgendwelchen Kram in die Kisten packt. »Sie ist so voller Leben«, denkt er. Es sprudelt geradezu aus ihr heraus, selbst wenn sie sich wie jetzt einer profanen Aufgabe annimmt. Er ist so ganz anders als sie. Vielleicht war es ja genau das, was ihn als Griesgram so sehr an ihr gereizt hat?
    Jetzt, in diesem Moment, sieht sie richtig glücklich aus. Er hat erlebt, dass sie sich tierisch über eine Sache aufregen kann, aber bei ihr ist es nur ein kurzer, heftiger Zornesausbruch. Danach ist sie wieder die unbekümmerte Frohnatur. Und nachdem er sich monatelang nicht mehr bei ihr gemeldet hatte und dann Anfang des Jahres einfach wieder als gewöhnlicher Freund in ihr Leben trat, war

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