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Die Vergessenen. Thriller (German Edition)

Die Vergessenen. Thriller (German Edition)

Titel: Die Vergessenen. Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Wächter
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es so, als hätte sie sich ihr Tête-à-Tête überhaupt nicht zu Herzen genommen.
    Irgendwie scheint sie das Leben so zu nehmen, wie es gerade kommt, ohne sich über irgendetwas aufzuregen. Wann war er nur das letzte Mal so ausgeglichen wie Eva?
    »Aber was führt dich her? Am Telefon klang es irgendwie wichtig.«
    »Es geht um meinen neuen Auftrag. Ich soll die Mitglieder einer Mannheimer Widerstandsgruppe aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs ausfindig machen. Ich dachte, du könntest mir dabei helfen. Aber wenn du dich auf deine Reise vorbereiten musst, will ich nicht weiter stören.«
    »Ich würde dir gern helfen. Wie du weißt, lag mein Studienschwerpunkt im Bereich europäische Geschichte des 16. bis 18. Jahrhunderts. Von Geschichte der Neuzeit habe ich nicht so viel Ahnung, wobei ich natürlich schon davon gehört habe, dass es in Mannheim viele Widerstandskämpfer gab.«
    »Ach ja?«
    »Ja. Am Historischen Institut gibt es sogar einen eigenen Lehrstuhl, der zum Thema Widerstand in Südwestdeutschland während der NS-Zeit forscht. Aber mehr weiß ich auch nicht.«
    »Kennst du jemanden, der dort studiert hat?«
    »Nein. Aber wie wäre es, wenn wir Carlo fragen? Der hört sich doch alle möglichen Vorlesungen an.«
    Eva hat Carlo während ihres Studiums kennengelernt. Er arbeitet bereits seit zwanzig Jahren als Lehrer und er besucht so oft er kann als Gasthörer Veranstaltungen des Historischen Instituts. Sein großer Traum ist es, eine eigene Chronik der Kurpfalz zu schreiben. Kimski lernte ihn kennen, als sie in der Bürgermeister-Affäre ermittelten.
    »Was meinst du, wann wir ihn treffen könnten?«
    »Mal sehen.«
    Eva greift zum Telefon und ruft Carlo an. Sie schildert ihm die Problematik und vereinbart einen Termin.
    »Und?«, fragt Kimski, nachdem sie aufgelegt hat.
    »Wir treffen uns um halb vier mit ihm im Pichelwirt.«
    »Er hat sofort zugesagt, nach Heidelberg zu kommen?«
    »Du weißt ja, wie er ist. Die Gelegenheit, einen geselligen Nachmittag in einem Weinlokal zu verbringen, lässt er sich nicht entgehen.«
    »Halb vier? Dann haben wir noch drei Stunden Zeit.«
    »Hast du schon etwas gegessen?«
    »Nein.«
    »Ich hab vorhin was vorbereitet. Du kannst mitessen, wenn du möchtest.«
    »Was gibt es denn?«
    Eva läuft zur Anrichte und deckt ein paar mit Alufolie bedeckte Schüsseln auf: »Trennkost!«

6.
     
    Schweigend betreten sie das Gasthaus, Carlo ist bereits da. Als er Kimski und Eva erblickt, hebt er sein Weinglas in die Höhe und prostet ihnen zu. Seine Frisur ist nicht unordentlicher als beim letzten Treffen – was auch kaum möglich wäre. Sein graues Haar wird auf dem Vorderkopf immer schütterer, dafür kräuselt sich der übrige Haarkranz in wilden Locken zu allen Seiten. Die riesige Brille mit den runden Gläsern hängt schief auf seiner Nasenspitze. Das Gesicht ist eingefallen, dürr und knochig. Carlos Hautfarbe ist fahl und braun zugleich, sodass sie Kimski an die Farbe von Tabak erinnert. In der Tasche seines Jacketts steckt ein seidenes Einstecktuch.
    Carlos Anblick bringt Kimskis Klischeedenken durcheinander, da in seinen Augen der übertriebene Genussmensch und der Intellektuelle nicht zusammenpassen. Außerdem ist er sich nicht sicher, ob Carlo deswegen so viel trinkt, weil er ein Lebemann ist, oder ob er ein ernsthaftes Alkoholproblem hat.
    Neben Carlo sitzt ein weiterer Mann. Dieser trägt einen schlecht sitzenden grauen Zweireiher von der Stange.
    »Das ist der Assistent vom Herrn Professor«, stellt Carlo ihn vor.
    »Der Assistent von Professor Werner Schmidt vom Historischen Institut in Mannheim«, ergänzt der Mann. »Franz heiße ich.«
    »Franz und ich picheln gern zusammen das eine oder andere gute Tröpfchen.«
    »Nur zum Genuss, versteht sich.«
    »Natürlich.«
    »Professor Schmidt ist derjenige, der den Lehrstuhl für Widerstandsforschung unterhält, wenn ich mich nicht irre«, sagt Eva.
    »Du irrst nicht, Schätzchen. Als ich deinen Anruf erhalten habe, musste ich sofort an Franz denken. Immerhin ist er Fachmann für eure Fragen. Und mir war klar, dass er nicht abgeneigt sein würde, an einem Sonntagnachmittag einen kleinen Ausflug nach Heidelberg zu unternehmen. Er kann genauso wenig wie ich einen guten Tropfen ausschlagen.«
    »In Maßen natürlich.«
    »Selbstverständlich, Franz.«
    Carlo blickt zu Eva und Kimski.
    »Ihr habt ja noch gar nichts bestellt! Keine Angst, ich regle das für euch.«
    Er ruft den griechischen Kellner herbei und bestellt in

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