Die vergessenen Welten 04 - Das Tal der Dunkelheit
sie immer wieder an der gleichen Stelle vorbei. Drizzt fiel auf, daß der Tunnel sich in einem weiten Bogen erstreckte und dabei leicht anstieg. Das machte ihn noch nervöser. Er kannte das überragende Können der Zwerge im Tunnelbau, besonders wenn es um wertvolle Edelsteine und Metalle ging, und er begann sich zu fragen, wie viele Meilen sie wohl noch zurücklegen mußten, bevor sie überhaupt die nächsthöhere Ebene erreichen würden.
Obwohl Entreris Wahrnehmung im Dunkeln weniger scharf und er mit der Bauweise der Zwerge nicht vertraut war, bedrückten ihn die gleichen unbehaglichen Gefühle. Aus einer Stunde wurden zwei, und immer noch sahen sie in der Dunkelheit nichts als Holzpfeiler.
»Die Fackel brennt schon ziemlich niedrig«, brach Entreri das Schweigen, das seit ihrem Aufbruch geherrscht hatte. Selbst ihre Schritte, der geübte Gang verstohlener Krieger, verhallten in der Stickigkeit der niedrigen Passage. »Vielleicht wird sich bald der Vorteil zu deinen Gunsten verschieben, Nachtelf.«
Drizzt wußte es besser. Entreri war wie er ein Geschöpf der Nacht, mit erhöhten Reflexen und vielfältigen Erfahrungen, die seine Nachtblindheit in mehr als nur einer Hinsicht ausglichen. Meuchelmörder arbeiteten nicht im Licht der Mittagssonne.
Wortlos wandte sich Drizzt wieder dem Weg zu, aber bei einer plötz lichen Bewegung erregte auf einmal ein Widerschein der Fackel seine Aufmerksamkeit. Er stellte sich vor die Korridorwand, überhörte Entreris nervöses Schlurfen hinter sich und begann, die Wand abzutasten. Er starrte sie an in der Hoffnung, ein weiteres Aufblitzen zu sehen. Dieses silbrige Aufflackern an der Wand entlang stellte sich dann noch einen kurzen Augenblick ein, gerade als Entreri hinter ihn getreten war.
»Wo silberne Ströme fließen«, murmelte er ungläubig.
»Was?« herrschte Entreri ihn an.
»Bring die Fackel hierher«, war Drizzts einzige Antwort. Wieder fuhr er mit der Hand über die Wand und suchte den Beweis, der seine dickköpfige Logik überwinden und Bruenor von dem Verdacht entlasten würde, daß der Zwerg mit seinen Geschichten von Mithril-Halle übertrieben hatte.
Neugierig wie er war, stand Entreri schnell an seiner Seite. Die Fackel zeigte es eindeutig: Eine silberne Ader verlief in der Wand, die so dick war wie Drizzts Unterarm und in ihrer Reinheit von strahlendem Glanz erfüllt wurde.
»Mithril«, sagte Entreri mit großen Augen. »Ein Königsschatz!«
»Aber für uns von wenig Nutzen«, entgegnete Drizzt, um ihre Aufregung zu dämpfen. Er ging wieder den Korridor entlang, als ob ihn die Mithrilader völlig unbeeindruckt ließ. Irgendwie fand er, daß Entreri diesen Ort nicht betrachten durfte und daß die bloße Gegenwart des Meuchelmörders die Reichtümer der Sippe Heldenhammer beschmutzte. Drizzt wollte ihm keinen Grund liefern, diese Hallen wieder aufzusuchen. Entreri zuckte die Schultern und folgte ihm.
Die Steigung im Korridor wurde steiler, und die silbernen Widerspiegelungen der Mithriladern tauchten in solcher Regelmäßigkeit wieder auf, daß Drizzt zu grübeln begann, ob Bruenor den Reichtum seiner Sippe nicht unterschätzt habe.
Entreri, der mit nur einem Schritt Abstand hinter dem Dunkelelfen ging, war zu sehr damit beschäftigt, seinen Gefährten im Auge zu behalten, als daß er das kostbare Metall genauer begutachtet hätte, aber er erkannte sehr wohl das Potential, von dem er umgeben war. Ihn persönlich interessierten derartige Unternehmungen wenig, aber er wußte, daß sich diese Information als wertvoll erweisen und ihm bei künftigen Verhandlungen dienlich sein würde.
Kurz darauf erlosch die Fackel. Sie stellten jedoch fest, daß sie trotzdem recht gut sehen konnten, denn weiter vorne hinter den Abbiegungen des Tunnels befand sich eine schwache Lichtquelle. Trotz dieser Tatsa che schloß der Meuchelmörder die Lücke zwischen sich und Drizzt und legte ihm die Dolchspitze an den Rücken. Er wollte kein Risiko eingehen und seine einzige Hoffnung auf ein Entkommen verlieren, falls das Licht vielleicht doch noch verschwand.
Aber es wurde noch stärker, denn seine Quelle war groß. Die Luft um sie herum wurde wärmer, und bald hörten sie aus der Ferne das mahlende Geräusch einer Maschine im Tunnel widerhallen. Entreri sicherte sich weiter ab, packte Drizzts Umhang und zog ihn enger zu sich heran. »Du bist hier genauso wie ich ein Eindringling«, flüsterte er. »Es ist für uns beide wichtig, unentdeckt zu bleiben.«
»Könnten sich
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