Die vergessenen Welten 06 - Der ewige Traum
verruchte Karte ausspielte.
»Drizzt!« schrie Catti-brie. Sie wusste, dass sie weder rechtzeitig zu ihm gelangen noch ihren Bogen einsetzen konnte, um Entreri aufzuhalten.
Bruenor knurrte und rannte mit nur einem Gedanken weiter: Falls Entreri Drizzt tötete, würde er den Hund in zwei Stücke schneiden!
* * *
Der Schmerz und der Schock durch das Wasser beeinträchtigten Drizzts Konzentration und Kraft für den Bruchteil einer Sekunde, aber er wusste, dass selbst der Bruchteil einer Sekunde bei einem Gegner wie Artemis Entreri zu lang war. Verzweifelt warf er ruckartig seinen Kopf zur Seite.
Entreri führte seinen Säbel nach unten, zog eine Linie über Drizzts Stirn und zerquetschte ihm einen Daumen zwischen den verkeilten Griffen. »Jetzt habe ich dich!« kreischte er. Er konnte die plötzliche Wende in den Ereignissen kaum fassen.
In diesem schrecklichen Augenblick konnte Drizzt die Wahrheit in dieser Feststellung nicht abstreiten, und sein nächster Schritt erfolgte ohnehin eher unwillkürlich als überlegt und mit einer Flinkheit, die selbst ihn überraschte. Mit einem kleinen Sprung setzte Drizzt einen Fuß hinter Entreris Knöchel und klemmte dessen anderen Knöchel gegen die Wand. Dann stieß er sich mit einer Drehung ab. Auf dem glitschigen Boden hatte Entreri keine Chance, dem gestellten Bein auszuweichen, daher taumelte er rücklings in das schmutzige Wasser, und Drizzt stürzte sich auf ihn.
Bei dem schweren Sturz wurde das Heft seines Krummsäbels in Entreris Auge gestoßen. Drizzt erholte sich von seiner überraschenden Aktion schneller als Entreri und ließ sich die Gelegenheit nicht entgehen. Er bewegte sich schnell mit der Hand um den Knauf herum, kehrte die Richtung seiner Klinge um und befreite sie aus der Verstrickung mit Entreris Säbel. Dann schwenkte er sie leicht zurück und nach unten auf die Rippen des Meuchelmörders zu. Mit grausamer Zufriedenheit spürte Drizzt, wie sich die Spitze des Krummsäbels in dessen Leib grub.
Jetzt war Entreri an der Reihe, mit einem Schritt der Verzweiflung zu reagieren. Da er keine Zeit hatte, seinen Säbel für einen Hieb einzusetzen, schlug er geradewegs auf Drizzt ein und traf dessen Nase mit voller Wucht mit dem Ende seiner Waffe. Farbige Blitze explodierten vor dessen Augen, und es kam ihm vor, als würde er hochgehoben und wieder fallen gelassen, bevor sein Krummsäbel seine Arbeit erledigen konnte.
Entreri kroch außer Reichweite und zog sich aus dem schmutzigen Wasser hoch. Auch Drizzt rollte sich weg und kämpfte gegen den Schwindel an, um wieder auf die Beine zu kommen. Und dann stand er wieder Entreri gegenüber, der schlimmer dran war als er selbst.
Entreri sah über die Schulter des Dunkelelfen hinweg in den Tunnel und erkannte den Zwerg und Catti-brie mit ihrem unfehlbaren Bogen, der jetzt auf sein Gesicht gerichtet war. Er sprang zur Seite und begann die Eisenstufen zur Straße hinaufzusteigen.
Catti-brie folgte seinen Schritten in einer fließenden Bewegung. Sie hielt ihn bereits für tot. Niemand, nicht einmal Artemis Entreri, konnte ihr entkommen, wenn sie ihn klar im Visier hatte.
»Schnapp ihn dir, Mädchen!« schrie Bruenor mit heiserer Stimme.
Drizzt war so sehr in den Kampf vertieft gewesen, dass er das Kommen seiner Freunde nicht einmal gehört hatte. Er wirbelte herum und erkannte Bruenor, der hastig näher kam, und Cattibrie, die gerade einen Pfeil abschießen wollte.
»Halt!« knurrte Drizzt in einem Ton, bei dem Bruenor wie angewurzelt stehenblieb und Catti-brie ein Schauder über den Rücken lief. Mit offenem Mund starrten sie Drizzt an.
»Er gehört mir!« erklärte ihnen der Dunkelelf.
Entreri hielt nicht inne, um über sein Glück nachzudenken. Draußen in den Straßen, seinen Straßen, konnte er eine Zuflucht finden.
Da er von seinen verblüfften Freunden keine Antwort bekam, legte Drizzt seine magische Maske an und machte sich genauso schnell an die Verfolgung.
* * *
Das Wissen, dass er seine Freunde durch sein Zögern in Gefahr bringen konnte — denn sie waren ja auf der Suche nach einem Ausgang davongeeilt, um ihn auf der Straße wiederzutreffen —, gab Wulfgar neue Kräfte. Er umklammerte Aegisfang mit der Hand seines verletzten Armes und zwang ihn, seinen Befehlen zu gehorchen.
Dann dachte er an Drizzt, an das Vermögen seines Freundes, in aussichtslosen Situationen seine Angstgefühle ganz auszuschalten und sie bewusst durch Wut zu ersetzen.
Diesmal waren es Wulfgars Augen, in denen ein inneres
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