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Die vergessliche Mörderin

Die vergessliche Mörderin

Titel: Die vergessliche Mörderin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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versteht. Ich müsste dem Arzt sagen, dass ich vielleicht etwas getan habe…«
    »Und warum vermuten Sie das?«
    »Weil ich mich oft nicht erinnern kann, was ich getan habe – oder wo ich gewesen bin. Eine Stunde fehlt plötzlich, manchmal zwei – und ich weiß nichts mehr. Einmal war ich auf einem Flur – auf einem Flur vor einer Tür, vor ihrer Tür! Ich hielt etwas in der Hand – und ich weiß nicht, woher ich es hatte. Sie kam auf mich zu… Aber als sie dicht vor mir war – veränderte sich ihr Gesicht. Sie war es gar nicht mehr. Es war jemand anders.«
    »Kann es nicht ein Albtraum sein, an den Sie sich erinnern? In Träumen wechseln die Menschen plötzlich die Gestalt.«
    »Es war kein Albtraum. Ich habe den Revolver aufgehoben… Er lag vor meinen Füßen…«
    »War das auf dem Korridor?«
    »Nein, auf dem Hof. Sie hat ihn mir abgenommen…«
    »Wer?«
    »Claudia. Sie hat mich nach oben gebracht und mir was Bitteres zu trinken gegeben.«
    »Und wo war Ihre Stiefmutter?«
    »Die war auch da. Nein, das stimmt nicht. Sie war zuhause in Long Basing… Oder im Krankenhaus. Dort haben sie die Vergiftungserscheinungen festgestellt – und dass ich es war.«
    »Warum Sie? Es hätte auch jemand anders sein können.«
    »Ja, aber wer?«
    »Na – zum Beispiel ihr Mann.«
    »Vater? Wieso sollte Vater ausgerechnet Mary vergiften wollen? Er vergöttert sie.«
    »Es wohnen ja noch mehr Leute im Haus, nicht wahr?«
    »Der alte Onkel Roderick? Das ist doch Quatsch!«
    »Das kann man nicht wissen«, sagte Poirot. »Vielleicht ist er geisteskrank. Vielleicht hält er es für seine Pflicht, eine schöne Frau zu vergiften, weil sie eine Spionin sein könnte. So was ist möglich.«
    Norma wurde vorübergehend abgelenkt und sprach jetzt völlig natürlich. »So schrecklich abwegig wäre das nicht mal. Onkel Roderick hat im letzten Krieg wirklich viel mit Spionage zu tun gehabt. Aber wer könnte noch infrage kommen? Höchstens Sonja? Die könnte am ehesten Ihre schöne Spionin sein, aber ich kann’s mir nicht vorstellen.«
    »Nein, ich auch nicht. Und warum sollte sie ausgerechnet Ihre Stiefmutter vergiften wollen? Wie steht’s mit den Dienstboten, den Gärtnern?«
    »Von denen wohnt keiner im Haus. Ich glaube nicht… nein, was für einen Grund sollten sie haben?«
    »Sie könnte es vielleicht selbst getan haben.«
    »Um Selbstmord zu begehen? Meinen Sie das? So wie die andere?«
    »Das wäre eine Möglichkeit.«
    »Nein, nicht bei Mary. Sie ist viel zu vernünftig. Und warum auch?«
    »Ja, bei ihr kann man sich höchstens vorstellen, dass sie den Kopf in den Gasbackofen steckt oder sich hübsch arrangiert ins Bett legt und eine Überdosis Schlaftabletten schluckt. Geht Ihnen das auch so?«
    »Ja, zumindest würde es besser zu ihr passen.« Norma wurde ernst. »Sie sehen ja, ich muss es gewesen sein.«
    »Aha. Das ist interessant. Es scheint fast, als gefiele Ihnen die Idee, dass Sie es gewesen sein müssen. Der Gedanke übt eine Anziehungskraft auf Sie aus; Sie möchten die Hand im Spiel gehabt haben.«
    »Wie können Sie das behaupten! Wie kommen Sie dazu?«
    » Weil ich glaube, dass es so ist. Warum gefällt Ihnen die Idee so gut, einen Mord begangen zu haben?«
    »Das tut sie nicht!«
    »Ich bin nicht so sicher«, sagte Poirot.
    Sie griff nach der Handtasche und suchte mit zitternden Fingern darin herum. »Ich will mir das nicht länger anhören müssen.« Sie winkte der Kellnerin, die die Rechnung auf einen Block schrieb, den Zettel abriss und ihn neben Norma legte.
    »Erlauben Sie.« Poirot nahm den Zettel an sich und zog die Brieftasche heraus. Das Mädchen entriss ihm die Rechnung wieder. »Nein. Ich bezahle selbst!«
    »Bitte sehr«, sagte Poirot, der gesehen hatte, was er sehen wollte. Die Rechnung war für zwei Personen. Der schöne David hatte also nichts dagegen, dass eine Anbeterin für ihn bezahlte.
    »Ach, dann haben Sie ihn also freigehalten, so, so.«
    »Woher wissen Sie, dass ich mit jemand zusammen war?«
    »Ich sagte Ihnen ja schon, dass ich sehr viel weiß.«
    Sie legte Geldstücke auf den Tisch und stand auf. »Ich gehe jetzt, und ich verbiete Ihnen, mir zu folgen!«
    »Oh, ich glaube, das wird mir kaum möglich sein.« Poirot lächelte. »Bedenken Sie mein Alter! Wenn Sie durch die Straßen rennen, komme ich bestimmt nicht mehr hinterher.«
    Sie schritt auf die Tür zu. »Hören Sie? Sie sollen mir nicht folgen!«
    »Vielleicht erlauben Sie mir wenigstens, Ihnen die Tür zu öffnen.« Er riss sie

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