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Die vergessliche Mörderin

Die vergessliche Mörderin

Titel: Die vergessliche Mörderin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Hercule Poirot, war gar nicht scharfsinnig.«
    »Hört, hört!«, rief Stillingfleet. »Und das von Ihnen, Poirot! Es gibt noch Zeichen und Wunder!«
    »Ich verstehe immer noch nicht, warum sie in zwei Rollen auftreten wollte.« Mrs Oliver schüttelte den Kopf. »Das war doch unnötig verwirrend.«
    »Nein. Für sie war es wichtig. Sie verschaffte sich dadurch ein ständiges Alibi. Meine Güte! Ich bin mit der Nase darauf gestoßen und habe es nicht gemerkt! Die Perücke – sie hat mich irritiert, ohne dass ich den Grund begriff. Die zwei Frauen – nie wurden sie irgendwo zusammen gesehen. Beide führten ein Leben, bei dem es nicht auffiel, wenn sie für längere Zeit plötzlich verschwanden. Mary fährt oft nach London, kauft dort ein, geht zu Häusermaklern; sie hat immer eine Besorgungsliste, die sie vorweisen kann. Frances fährt nach Birmingham und Manchester, manchmal fliegt sie ins Ausland, sie ist häufig in Chelsea, wo sie junge Künstler um sich schart und ihnen Aufträge gibt, die der Polizei wohl kaum schmecken würden. Für die Wedderburn-Galerie wurden Spezialbilderrahmen angefertigt. Aufstrebende junge Künstler hatten dort Ausstellungen – ihre Bilder verkauften sich gut; sie wurden ins Ausland verschickt, und in den Rahmen war Heroin verborgen. Es ging um Kunstschwindel, um raffinierte Fälschungen weniger bekannter alter Meister… Sie hat das alles arrangiert. David Baker war einer der Künstler, die sie damit beschäftigte. Er war ein ausgezeichneter Kopist.«
    »Armer David«, murmelte Norma. »Als ich ihn kennen lernte, war ich so von ihm begeistert.«
    »Das Porträt«, fuhr Poirot nachdenklich fort. »Immer und immer musste ich daran denken. Warum hatte Restarick es ins Büro gehängt? Was bedeutete es ihm? Enfin, ich schäme mich für meine Begriffsstutzigkeit.«
    »Was war denn mit dem Porträt?«
    »Oh, das war eine großartige Idee. Es diente ihm zum Nachweis seiner Identität. Zwei Porträts, Mann und Frau, Bilder eines damals berühmten Malers: Als sie aus dem Möbellager geholt wurden, übermalte David Baker das Porträt Restaricks mit dem um zwanzig Jahre verjüngten Orwell. Wer sollte darauf kommen, dass das Porträt eine Fälschung war? Der Stil, die Pinselführung – es war nicht zu erkennen. Es hing über Restaricks Schreibtisch. Freunde von früher würden höchstens sagen: ›Ich hätte dich nicht wieder erkannt!‹ oder: ›Hast du dich aber verändert!‹ Doch nach einem Blick auf das Porträt würden sie sich denken, dass sie wohl nur vergessen hätten, wie er damals ausgesehen hatte!«
    »Das war aber ein großes Risiko für Restarick – nein, für Orwell«, meinte Mrs Oliver.
    »So groß war es gar nicht. Er war ja kein Außenseiter, der Forderungen stellte, sondern ein Familienangehöriger und Teilhaber, der nach dem Tod seines Bruders zurückgekehrt war, um die Firma weiterzuführen. Er brachte eine junge Frau mit und zog zu einem alten, fast blinden, aber hoch geachteten Onkel, der ihn seit der Schulzeit kaum gesehen hatte, ihn aber ohne jeden Argwohn bei sich aufnahm. Nahe Verwandte gab es nicht, nur die Tochter, und die hatte ihn als fünfjähriges Kind zum letzten Mal gesehen. Als er damals nach Afrika ging, waren im Büro zwei betagte Angestellte beschäftigt gewesen; sie waren längst tot. Der Familienanwalt ist ebenfalls gestorben. Sie können sicher sein, dass Frances das alles genau geprüft hat, nachdem die beiden diesen Plan geschmiedet hatten. So weit wir wissen, hat sie ihn vor etwa zwei Jahren in Kenia kennen gelernt. Gauner waren sie beide. Er hat betrügerische Geschäfte mit Konzessionen gemacht – Restarick und er haben gemeinsam in Zentralafrika nach Mineralvorkommen gesucht. Einem – vermutlich wahren – Gerücht nach, ist Restarick dann gestorben, sodass Orwell ungefährdet seine Rolle übernehmen konnte.«
    »Es stand wohl sehr viel Geld auf dem Spiel?«, fragte Stillingfleet.
    »Ja, ungeheuer viel Geld. Ein hoher Einsatz um einen hohen Gewinn. Und es klappte. Andrew Restarick war selbst schwerreich und außerdem Erbe seines Bruders. Niemand hatte Zweifel. Aber dann ging auf einmal alles schief. Er bekam plötzlich aus heiterem Himmel den Brief einer Frau, die ihn nur zu sehen brauchte, um zu wissen, dass er nicht Restarick war. Und dann fing auch noch David Baker an, ihn zu erpressen.«
    »Damit hätten die beiden aber rechnen müssen«, warf Stillingfleet ein.
    »Nein, sie haben nicht damit gerechnet. David hatte nie zuvor jemand erpresst.

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