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Die verlorene Koenigin

Die verlorene Koenigin

Titel: Die verlorene Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frewin Jones
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rechten Fleck, aber du verabscheust Kritik und wirst oft von deinen Gefühlen beherrscht.«
    Tania, die an der Seite eines Tisches mit schwarzer Tischdecke saß, hörte nur mit halbem Ohr zu, während die Wahrsagerin Jade ihre Geschichte auftischte.
    Tania saß jetzt nur deshalb in diesem winzig kleinen Raum hinten im Esoterik-Laden, damit Jade sie nicht den ganzen Tag mit dem Astrologiekram nervte. Also brachte sie es gleich hinter sich. In Gedanken aber war sie ganz woanders, während ihre Freundin sich aus der Hand lesen ließ.
    Ihr Vater hatte am Morgen kein Wort über die Geschehnisse in der Nacht verloren. Er hatte sich beim Frühstück völlig normal verhalten, fast so, als hätten sie bei ihrem kurzen nächtlichen Wortwechsel bereits alles gesagt. Doch Tania wusste, dass die Sache nicht vergessen wa r – und auch, dass sie ihn schwer enttäuscht hatte und er ihr den nächsten Regelverstoß nicht so einfach nachsehen würde. Schon beim bloßen Gedanken an ihren Vater, wie er da in der Tür gestanden hatte, wurde ihr übel.
    Sie brachte es nicht über sich, Edric anzurufen, auch wenn sie es ihm versprochen hatte. Sie wusste, dass sie jetzt unmöglich mit ihm nach Richmond fahren konnte. Sie wäre schier erstickt, wenn sie noch einmal hätte lügen müssen, und im Moment wollte sie nicht über die Ereignisse der letzten Nacht reden. Also schickte sie ihm eine SMS, auch wenn sie sich dabei wie der absolute Feigling vorkam.
    Kann heute nicht kommen. Sorry. Am Montag erkläre ich dir alles.
    Dann schaltete sie ihr Handy aus, denn er würde bestimmt versuchen, sie zurückzurufen.
    Ungefähr eine Stunde später rief Jade sie auf dem Festnetz an. »Warum hast du denn dein Handy ausgeschaltet? Ich versuche schon den ganzen Vormittag, dich zu erreichen.«
    »Tut mir leid. Was gibt’s denn?«
    »Ich würde gern auf den Markt gehen, um für den Urlaub einzukaufen, und ich gehe doch so ungern allein shoppen, also kommst du mit.«
    »Ich kann nicht.«
    »Doch, natürlich kannst du. Ich hole dich gegen elf ab. Du wirst sehen, das wird lustig. Bis dann.«
    »Jade? Hör ma l …«
    Doch sie hatte schon aufgelegt.
    Und damit war die Sache geregelt. Jade war wie immer eine halbe Stunde zu spät gekommen und dann waren sie zu dem belebten Straßenmarkt gelaufen. Ihr Vater hatte nichts zu dem Ausflug mit Jade gesag t – und ihre Mum war geradezu begeistert gewesen, so als hielte sie diese harmlose Aktivität für ein Zeichen, dass Tania endlich wieder normal wurde.
    Der Markt war eine ziemliche Touristenfalle und an einem heißen Sommertag wie diesem wimmelte es hier nur so von Menschen. Tania war froh, ins Gedränge eintauchen zu können. Der Rummel lenkte sie wenigstens eine Weile von ihren Problemen ab. Sie freute sich darauf, die bunten Stände und Läden mit handgearbeitetem Schmuck, Modeaccessoires, Designerkleidung, Kunsthandwerk und Antiquitäten zu erkunden.
    Doch Jade hatte als Erstes zur Wahrsagerin gehen wollen, die ihre Kunden im hinteren Teil eines Esoterikladens empfing. Jade meinte, ein Besuch dort würde auf jeden Fall lustig werden.
    Die Wahrsagerin war eine kleine, furchtbar dürre Frau mittleren Alters mit einer schwarz gefärbten krausen Haarmähne; ihre Lippen waren knallrot geschminkt. Sie hatte eine hohe, näselnde Stimme, die Tania schon nach kurzer Zeit ziemlich auf die Nerven ging. Aber Jade amüsierte sich offenbar prächtig und saß mit großen, staunenden Augen und nach vorn gebeugt am Tisch.
    »Du bist eine hoffnungslose Romantikerin und du ziehst viel Kraft aus der Harmonie«, verkündete die Frau, während sie Jades Handfläche eingehend betrachtete. »Du kannst eifersüchtig sein, defensiv, verletzlich und unausgeglichen. Deine Jahreszeit ist der Sommer, deine Orientierung Süd-Südwest, und Feuer hat wenig Einfluss auf dich.«
    Tania unterdrückte ein Niesen. Die Luft in der Nische war schwer vom Duft der Räucherstäbchen. Hinter dem etwas schmuddligen braunen Vorhang konnte sie zwei Leute im Laden über die Vorzüge von Tarotkarten gegenüber Runensteinen diskutieren hören. Sie waren miteinander uneins, welches der beiden Systeme die beste Entscheidungshilfe im Leben sei.
    Na, das wäre großartig , dachte Tania, wenn man alle Probleme mit einer Handvoll Steine lösen könnte. Das würde einiges erleichtern.
    »Was meinen Sie genau mit ›unausgeglichen‹?«, fragte Jade die Frau.
    »Du hast die Neigung, dich von deinen Gefühlen leiten zu lassen«, entgegnete die Wahrsagerin mit ernster

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