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Die Vermessung der Frau

Die Vermessung der Frau

Titel: Die Vermessung der Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Regula Stämpfli
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attraktiv, das heißt auch medien- und bildkonform zu erhalten.

    Wehe, wenn der Körper einer in der Öffentlichkeit stehenden Frau sich verändert, und sie ist nicht schwanger! Dann schlägt der Kamerablick mit voller Kraft zu. Doch: Hand aufs Herz? Wie oft haben Sie selbst schon eine andere Frau aufgrund ihres Gewichts bedauert? Oder gar sich selber?

    Size Zero also das Trendmaß für alle Frauen, was eigentlich nichts anderes bedeutet als die Vernichtung aller Formen, die noch an Frau erinnern. Offenbar muss die körperliche Präsenz von Frauen, je stärker sie in der Öffentlichkeit wichtige Jobs übernehmen, als echte Frauen in den Leitmedien, Kultur, Fashion, Pop verschwinden.
    Natürlich ist solch ein Wertewandel nur in einer Mediengesellschaft wie der unseren machbar, in der aus den neurotischen Wunschvorstellungen einiger weniger Meinungsmacher eine Doktrin geworden ist, die kaum mehr hinterfragt wird. In den Redaktionen von Fernsehsendern und Zeitschriften hat sich mittlerweile eine riesige Ansammlung von unpolitischen, schlichten Gemütern eingenistet, deren einzige kritische Reflexion ihr eigenes, offenbar wenig geliebtes Spiegelbild ist.

    Wie aber ist es den Medien gelungen, Bilder zu etablieren, die eine solche Suggestivkraft ausüben, dass sie sich wie ein schleichendes Gift in das Bewusstsein der Menschen einträufeln? Warum haben wir uns so bereitwillig einreden lassen, dass ein quasi unerreichbarer Zustand körperlicher Perfektion das einzige sei, was uns als Menschen glücklich machen könnte?

    Wahrscheinlich weil wir der Idee, Gefühle zu verneinen oder lächerlich zu machen, viel abgewinnen können, vor allem, wenn es uns schlecht geht. Diese Indoktrination konnte nur funktionieren, weil ein Teil von uns schon immer für den Zweifel offen war. Es sind genau diese Unsicherheit und der Zweifel bezüglich der eigenen Person und ihrer Stärken, die uns so empfänglich machen für jedes noch so unsinnige Modediktat. Frauen haben keinen eigenen Ausdruck dafür, was sie in ihrer Kreativität alles möchten und könnten, also verstecken sie sich lieber. Mädchen von heute kopieren mit ihrem Streben, mit ihren perfekten Schulleistungen, mit ihrer Unauffälligkeit die jahrhundertealte Anpassung der Frau an ein von Männern geprägtes System, während die Jungs heutzutage immer noch ausbrechen wollen, dafür aber mit Ritalin ruhiggestellt werden.

    Dass ausgerechnet Frauen Size Zero nachleben, macht nur vor dem Hintergrund einen Sinn, dass Frauen sich offenbar nie in den Mittelpunkt stellen dürfen, wollen und es tun. Eine Frau mit Kleidergröße 32 ist nie bedrohlich – da kann sie schreien, so viel sie will, sie bleibt ein »Strich in der Landschaft«. Wie stark der Druck ist, zeigt das Beispiel der attraktiven Jennifer Lawrence, die perfekt die Hauptfigur »Katniss« im Film »Die Tribute von Panem« verkörpert. Sie musste ihr Gewicht vor der versammelten Presse mit dem Satz »Ich will, dass mich die Leute als Frau sehen« verteidigen. Ein Gewicht von 55 Kilogramm bei einer Größe von 1.75 m liegt gefährlich nah am Untergewicht. Wahnsinn, finden Sie nicht?
    Frauen dürfen mittlerweile Karriere machen, aber man soll sie doch bitte dabei nicht zu sehr sehen oder gar hören.

    Die Psychologin Julia Onken plädiert deshalb seit Jahren für eine »Selbstermächtigung« der Frauen, die auch darin besteht, sich mit seinem eigenen Körper zu versöhnen. Doch leider sieht selbst der tödliche Mix von Designer-Kleiderstangen und Size Zero, welcher alle Frauen auch im eigenen Kopf zu Nullnummern degradiert, immer noch viel zu elegant aus, als dass dem viele Frauen ausweichen könnten.

    Jedes Hochglanzmagazin druckt in sklavischer Ergebenheit die Pariser Modeschauen ab und lässt die Designer unreflektiert ihre Sicht der Dinge ausposaunen.
    Die Modeindustrie schneidert mittlerweile nicht mehr nur Kleider, sondern hat die Deutungshoheit über den weiblichen Körper übernommen. Ausgerechnet! Zumeist homosexuelle Männer definieren den gesellschaftlich relevanten Frauenlook so perfekt, dass auch mein lieber, heterosexueller Freund Markus meint: »Ich liebe und begehre Frauen. Doch dicke Frauen kann ich nicht ausstehen.« Könnte es sein, dass in unserer mehr und mehr sterilen Welt »Dicksein« zu sehr nach Menschlichkeit riecht, die es wegzuräumen gilt? Schauen Sie doch auf die diversen Moderatorinnen und Moderatoren. Fällt Ihnen nicht auch auf, wie wenig individuell die alle aussehen? Wie gelackt, wie

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