Die Vermessung des Körpers
außerdem über mehrere verschiedene Gedächtnisarten. Die niedrigste Stufe ist das sogenannte prozedurale oder Verhaltensgedächtnis, das einem sagt, wie man etwas zu tun hat. Dies findet im primitivsten Teil des Gehirns statt, jenen Arealen, die wir mit den meisten Tieren gemein haben, insbesondere sind das das Kleinhirn und der Hirnbalken, das Nervenbündel, das die beiden Hirnhälften miteinander verbindet.
Auf das Verhaltensgedächtnis kann bedeutend schneller zugegriffen werden als auf höhere Gedächtnisstufen – und ohne bewusste Mühe. Wenn Sie einen Schreibmaschinenkurs absolviert haben, lässt sich leicht demonstrieren, wie sich das Verhaltensgedächtnis vom bewussten Gedächtnis unterscheidet. Wenn Sie tippen, blicken Sie nicht auf die Tastatur und denken nicht darüber nach, wo sich jede einzelne Taste befindet. Sie denken einfach die Wörter, und Ihre Finger tippen sie. Das Verhaltensgedächtnis steuert, auf welche Tasten Sie Ihre Finger legen, und wann Sie eine Taste drücken.
Wenn ich versuche, mich daran zu erinnern, wo sich eine bestimmte Taste – sagen wir: ein N – auf der Tastatur befindet, dann kann ich das nicht. Ich könnte es Ihnen nicht sagen. Ich kann aber ein N tippen, ohne darüber nachzudenken – mein Verhaltensgedächtnis kennt die Tastatur, aber meine höheren Gedächtnisstufen nicht. Etwas Ähnliches gilt für erfahrene Autofahrer. Wenn man fahren lernt, muss man sich bewusst sein, was man gerade tut; wie und wann man den Gang wechselt und so weiter. Mit der Erfahrung werden die erlernten Fähigkeiten später im Verhaltensgedächtnis abgespeichert, sodass man die entsprechenden Tätigkeiten ausführen kann, ohne darüber nachzudenken.
Wir erinnern uns
Die höhere Gedächtnisstufe, die Bewusstseinsstufe, ist auf mehrere Bereiche des Gehirns verlagert. Sie unterteilt sich, vereinfacht dargestellt, in Kurzzeit- oder Arbeitsgedächtnis und Langzeitgedächtnis. Der präfrontale Cortex hinter der Stirn verwaltet das Kurzzeitgedächtnis, während der Hippocampus, ein zentraler Bereich des Gehirns, der angeblich wie ein Seepferdchen aussieht (tut er aber nicht), für das Langzeitgedächtnis zuständig ist. Die Erinnerungen selbst sind indes über das gesamte Gehirn verteilt.
Einer der größten Unterschiede zwischen Kurzzeit- und Langzeitgedächtnis ist, dass wir den Inhalt unseres Kurzzeitgedächtnisses kontrollieren können – man kann bewusst etwas in diesen Kurzzeitspeichern ablegen. Über das Langzeitgedächtnis hingegen haben wir keine direkte Kontrolle. Man kann nicht einfach etwas als Erinnerung kennzeichnen, und es bleibt automatisch erhalten – man muss daran arbeiten. Das ist nervtötend, wenn man es genau bedenkt. Da hält man sich für ein rationales Wesen, und dann hat man keine direkte Kontrolle über eine der wichtigsten Funktionen des eigenen Gehirns, über wahrscheinlich gerade jenen Aspekt, der einen am meisten als Individuum definiert.
Das Gehirn ist ein System, das seine eigenen Muster schafft – ein verbreitetes natürliches Phänomen. Je mehr man einen bestimmtenneuronalen Pfad beansprucht, desto einfacher wird es, ihn zu benutzen. Wenn man sich die Neuronenverbindungen als elektrische Drähte vorstellt, dann wird der Draht mit der Benutzung immer dicker, was seinen künftigen Gebrauch erleichtert. Der konstante Zugriff auf eine bestimmte Erinnerung vereinfacht also deren Abrufen – das ist der Mechanismus, der die Wiederholung beim Lernen so wichtig macht.
Unter Druck verlässt sich das Gehirn mehr als sonst auf diese ausgetretenen Pfade. Wenn man kreativ sein will, ist es daher besser, zu entspannen, anstatt unter Druck zu versuchen, sofort eine Idee zu produzieren. Das bietet dem Gehirn die Möglichkeit, dünnere, weniger frequentierte Verbindungen zu nutzen, aus denen sich neue Ideen ergeben können.
Ich kenne doch das Gesicht . . .
Da unser Gedächtnis nicht wie ein Computer funktioniert, ist es hilfreich, Informationen zu manipulieren, damit unser Gehirn sie leichter akzeptiert und wir später einen besseren Zugriff darauf haben. Wenn man sich beispielsweise den Namen einer Person merken will, gibt es eine sehr einfache Technik, diesen im Gedächtnis festzuzurren: Nehmen Sie den Namen und machen Sie ein visuelles Bild daraus. Machen Sie es so bunt, visuell und grafisch (und sogar lustig), wie Sie nur können. Dann kombinieren Sie dieses Bild mit dem Bild der Person, das Sie im Kopf haben.
Lassen Sie mich Ihnen ein Beispiel geben: Vor 25 Jahren, als
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