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Die Verratenen

Die Verratenen

Titel: Die Verratenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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traue ihr die Verräterrolle kaum zu. Dass sie uns spontan im Stich lässt, das schon, aber ein falsches Spiel über Tage oder Wochen hinweg, dafür fehlen ihr die Nerven.
    Ich arbeite also mit dem, was ich vor mir habe. Einer von uns spielt nicht mit, sondern gegen uns, und was auch immer er dabei zu gewinnen hofft, ist ihm mehr wert als die Leben von uns fünf anderen. Einer von uns steckt mit dem Sphärenbund unter einer Decke.
    Ich muss nicht lange nachdenken, welche Frage ich in die Runde werfe, wichtig ist nur, dass ich den richtigen Ton treffe. Nicht lauernd, sondern mutlos und müde.
    »Was sollen wir tun?« Ich schließe kurz die Augen und reibe mit der Hand über meine Stirn. »Wie machen wir weiter? Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich würde diesen Albtraum gerne überleben.« Kurz die Lippen zusammenpressen, leichtes Kopfschütteln. »Es muss doch einen Ausweg geben. Wir sind die Elite der Akademie, wenn uns nichts einfällt …«
    Überraschenderweise ist Dantorian der Erste, der sich meldet. »Ihr könnt ja davonlaufen«, schlägt er kläglich vor, »ich leider nicht. Ich verstehe natürlich, wenn ihr abhaut, aber …« Er bringt seinen Satz nicht zu Ende.
    Aber es wäre nicht fair, ergänze ich in Gedanken.
    »Aureljo?« Mein Herz schlägt mir bis zum Hals, als ich seinen Namen nenne. Wenn er der Falschspieler ist, weiß ich nicht, was ich tue. »Morus sagt, du bist auch deshalb die Nummer 1, weil du in beschissenen Situationen wie dieser die richtigen Entscheidungen triffst.«
    Er legt mir einen Arm um die Schultern. Seufzt. Ich würde mich gern aus seinem Griff befreien, denn so kann ich ihm nicht in die Augen sehen.
    »Wenn wir das Verhalten in Notfällen trainiert haben«, sagt er, »waren wir viel besser über die Situation informiert, in der wir steckten. Glaub mir, Ria, ich grüble Tag und Nacht über einen Ausweg nach, aber ich begreife einfach nicht, was passiert. Mir kommt das alles so falsch vor. Es muss sich um ein Missverständnis handeln, jemand hat aufgrund eines technischen Defekts fehlerhafte Daten auf seinem Terminal gehabt – ein großer, schrecklicher Irrtum, das ist alles, was ich mir zusammenreimen kann.« Der Druck seines Arms um meine Schultern wird stärker. »Deshalb wäre mein Vorschlag, dass wir eine Sphäre aufsuchen und uns Klarheit verschaffen. Durch Quirin haben wir eine Atempause erhalten, wir können uns vorbereiten und versuchen, uns heimlich in eine Sphäre zu schleichen. Aber wenn ihr wollt, tue ich das auch alleine und ihr versteckt euch irgendwo.«
    Das ist so typisch Aureljo, dass ich ihn am liebsten gleichzeitig küssen und ohrfeigen will. Edel und voller Rücksicht auf die anderen.
    Außer natürlich, sein Alleingang dient dazu, die Exekutoren zu unserem Unterschlupf zu führen. Der Gedanke fühlt sich an wie ein Messer im Bauch.
    »Was auch immer wir tun, wir sollten zusammenbleiben«, wirft Tycho ein. »Wenn wir uns da draußen einmal verloren haben, finden wir uns nie wieder. Habt ihr übrigens gemerkt, dass sie uns bei jeder Gelegenheit trennen? Außer nachts. Genau deshalb, meint ihr nicht? Sie wollen uns keine Chance geben, gemeinsam abzuhauen.«
    »Okay.« Ich hole tief Luft. »Was würdest du vorschlagen?«
    Anders als ich dachte, lässt Tycho sich Zeit mit seiner Antwort. »Erst mal hierbleiben. Wir können viel lernen von den Pri … ich meine, von dem Clan. Und wer soll uns hier finden?« Er lacht, wird aber sofort wieder ernst. »Mitten in einer Horde fellbekleideter Wilder muss man sich nur ein Fell umlegen, um unsichtbar zu werden. Ein besseres Versteck gibt es nicht.«
    »Also willst du nicht versuchen, eine Sphäre anzulaufen?«, vergewissere ich mich und er schüttelt entschieden den Kopf.
    »Dort hätten wir nichts mehr unter Kontrolle. Wenn man uns hier findet, könnten wir immerhin mit Steinen, Schnee und Schlamm werfen.« Wieder lacht er, auch wenn das Ganze ein wenig schief gerät.
    Reißen Verräter Witze? Viele Menschen flüchten sich in Humor, wenn sie ihre Angst nicht in den Griff bekommen. Fürchtet Tycho sich vor unseren Verfolgern oder davor aufzufliegen?
    »Fleming, was ist dein Vorschlag?« Ich drehe mich ein Stück nach links; er sitzt mit hochgezogenen Knien und verschränkten Armen in der Ecke neben Dantorian. Unsere flackernde Lampe beleuchtet die linke Seite seines Gesichts immerhin so weit, dass ich meine Schlüsse werde ziehen können.
    »Ich weiß es nicht«, antwortet er leise. »Für mich ist es hier

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