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Die Verratenen

Die Verratenen

Titel: Die Verratenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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auf. »Oder bist du gar nicht auf unserer Seite? Willst du, dass sie uns schnappen?« Er dreht sich um und geht, seine Schritte hallen über den Gang, verklingen.
    »Ich sollte ihm nachgehen.« Mit zusammengepresstem Mund humpelt Dantorian zur Tür, er kann sein Bein immer noch nicht richtig belasten. Dort bleibt er stehen, zuckt hilflos mit den Schultern. »Ich möchte ihn jetzt ungern allein lassen. Er hat mir so sehr geholfen in den letzten Tagen.«
    Tycho nickt verständnisvoll. »Er hat höllische Angst. Fleming, meine ich. Mir geht’s ähnlich.« Ein böser Blick zu Aureljo. »Vor allem, seit ich weiß, dass die Nummer 1 unsere Entscheidungen nun allein trifft.« Er ergreift Dantorians Arm und stützt ihn beim Hinausgehen. Zurück bleiben Quirin, Aureljo und ich.
    »Wieso?« Meine Frage geht an Quirin, der nachdenklich zur Tür blickt. »Wieso wollen Sie uns gehen lassen? Erst beanspruchen Sie uns für sich, schön, das war zu unserem Schutz und weil wir Ihnen eventuell bei Ihren Studien helfen können. Und auf einmal helfen Sie Aureljo dabei, den schlimmsten Fehler zu begehen, der möglich ist?«
    Er sieht mich an. Manchmal liegt in einem Blick so viel, dass es fast unmöglich ist, alles zu erfassen. Ich sehe Verständnis, Traurigkeit, Hoffnung und noch etwas anderes, das so schnell wieder verschwindet, dass ich es nicht deuten kann.
    »Ihr seid wertvoll für mich, hier«, antwortet Quirin. »Besonders du, Ria, mit all deinem Wissen um Verständigung und Sprache. Aber in den Sphären seid ihr für uns ein ungeahnter Hoffnungsschimmer, vorausgesetzt, man lässt euch am Leben. Ihr habt selbst erlebt, was der Sphärenbund tut, und ihr könnt von dieser Erfahrung berichten. Ich glaube gern, dass die Menschen in den Sphären nicht wissen, was hier draußen passiert. Ihr könnt das ändern und die gutwilligen Sphärenbewohner aufrütteln, durch euer Wissen und eure Worte. Das wäre eine Revolution.« Er lächelt mich an. »Natürlich ist es gefährlich, aber du wirst verstehen, dass ich vor allem an meine eigenen Leute denken muss. Wenn Aureljo Erfolg hat, wird alles anders.«

30
    Wir sprechen nicht viel miteinander, die nächsten Tage. Ebenso wie ich versucht Fleming noch ein paarmal, Aureljo von seinem Vorhaben abzubringen, doch der steckt schon mitten in der Planungsphase und sprüht regelrecht vor Energie. Gemeinsam mit Quirin fertigt er Zeichnungen an – auf altem Papier aus der Bibliothek. Meins halte ich weiterhin versteckt. Ich denke nicht daran, es für einen Plan zu opfern, dessen Ausführung ich um jeden Preis verhindern will.
    Obwohl ich auf seiner Seite bin, redet Fleming nicht mehr mit mir. Meine Armwunde versorgt er noch, und sie heilt besser, als ich es zu hoffen gewagt hätte. Doch auch dabei schweigt er mich an.
    Schon die Tatsache, dass ich immer noch Aureljos Hand halte und wir nachts einen Schlafplatz teilen, scheint ihn zu verbittern und als Grund für Misstrauen zu genügen.
     
    »Ein Haufen Lieblinge letzte Nacht«, sagt Andris an einem der nächsten Tage zu mir. Er hat mich wieder für die Sucher rekrutiert und uns auf zwei Häuser aufgeteilt, eins davon dürfte früher ein Markt gewesen sein. Eine uralte Blechtafel an der Wand zeigt verblasste Bilder von schokoladenüberzogenem Eis.
    »Halte die Augen auf, du. Vielleicht siehst du einen von denen – du weißt ja angeblich, was sie denken. Und dann erklär mir, warum die sich so drollig verhalten. Bleiben immer in sicherer Entfernung, aber glotzen rüber. Der Than meint, sie warten auf eine gute Gelegenheit zum Angriff.« Andris’ schnaubendes Lachen klingt, als würde Luft aus einem sehr großen Blasebalg gepumpt. »Aber Lennis sagt, in dem Fall würden sie sich anders benehmen.« Er stupst gegen meine Schulter und ich vermute, es ist freundschaftlich gemeint, trotzdem stolpere ich drei Schritte zurück.
    »Wenn man vom Teufel spricht!« Er nimmt seinen Bogen vom Rücken und deutet mit der anderen Hand die breite Straße entlang, dorthin, wo sie sich zwischen den Ruinen verliert. Ein grauer Schatten huscht von einer Seite zur anderen, gefolgt von drei weiteren.
    So schnell ich kann, verberge ich mich im Hauseingang. »Ja, das sind Sentinel.« Die mich hoffentlich nicht gesehen haben. Ich hole tief Luft. Mein Herz pumpt, mein Salvator schweigt.
    Nein, es ist ausgeschlossen, dass sie mich erkannt haben. Ich sehe aus wie ein Prim, und wenn ich auch nicht mehr so dick bekleidet bin wie noch vor zwei Wochen, wäre es doch ein Kunststück,

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