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Die Verratenen

Die Verratenen

Titel: Die Verratenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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führen.«
    Einverstanden.
    Obwohl meine Kleidung nicht trocken ist, beginnt die Decke ihre Wirkung zu entfalten. Ich wusste irgendwann einmal, wie dieses Material genannt wird, aber ich habe es vergessen – im Moment gibt mein Kopf ohnehin nichts Sinnvolles her. Besser nicht denken. Nur ausruhen.
    Es ist jetzt dunkel. Die Schwärze um mich herum ist mir fremd, in den Sphären findet sich immer irgendwo ein Licht, das den Augen Halt gibt, und sei es nur die Orientierungslampe, die über jeder Tür angebracht ist. Das Nichts um mich herum nimmt mir die Orientierung. Kann Aureljo die Spuren überhaupt noch sehen?
    Ein Geräusch.
    Im ersten Moment denke ich, er ist zurückgekommen, doch ich begreife schnell, dass sich mir etwas anderes genähert hat.
    Flinkes, leises Trappeln. Schnüffeln.
    Ein Tier. Instinktiv stehe ich auf und das kratzende Geräusch der Tierpfoten auf dem Schnee entfernt sich rasch.
    Es war nichts Großes, vermute ich, aber was weiß ich schon. Ich habe keine Ahnung von Tieren, erst recht nicht von frei lebenden.
    Wenn ich könnte, würde ich weglaufen, Aureljo hinterher. Aber mein Kopf spielt nicht mit. Wenn ich mich zu heftig bewege, bohren sich glühende Drähte in mein Gehirn.
    Die Nacht schweigt mich an. Ich höre nichts und niemanden, krümme meine Zehen in den Thermoschuhen, ohne sie zu spüren. Wir haben viel über Erfrierungen gelernt, während unserer Lektionen im Medcenter, aber ich kann mich wieder mal an nichts erinnern. Was, wenn der Schlag mein Gedächtnis zerstört hat?
    Der Gedanke macht mir Angst und ich beeile mich, ihn zu widerlegen. Mein Name ist Eleria. Ich bin achtzehn Jahre alt, Vitro Klasse 1, gereiht auf die Nummer 7. Mein Schwerpunkt liegt auf Kommunikation und Rhetorik. Ich bin Opfer einer Intrige.
    Der Bildschirm meines Salvators zeigt eine neue Meldung an, sie leuchtet in der Dunkelheit: Drohende Unterkühlung. Bitte begeben Sie sich ins Innere der Sphäre.
    Ich lache auf, nur leise, trotzdem erzeuge ich so das einzige Geräusch weit und breit. Wenn man von dem des Windes absieht, der allmählich auffrischt.
    Wo bleibt Aureljo?
    Blinken am Salvator. Begeben Sie sich in einen geheizten Raum. Hat sich Ihre Körpertemperatur in fünfzehn Minuten nicht normalisiert, geht ein Notruf an den nächsten Medpoint.
    Das war zu befürchten. Ich darf nicht sitzen bleiben, muss mich aufwärmen. Was, wenn es einen Medpoint im Zug gibt? Da reicht ein kleines Terminal, das meine Position anzeigt, und die Farblosen müssen nur noch ihre Suchgeräte darauf einstellen.
    Mein Kopf protestiert, aber das nützt ihm nichts. Ich richte mich auf, versuche mich zu orientieren. Aureljo ist nach links gegangen, ich folge ihm unendlich langsam.
    Ein Schritt. Noch einer. Stehen bleiben, lauschen. Da ist etwas in der Nähe. Das Tier von eben? Folgt es mir?
    Ich verenge meine Augen zu Schlitzen, ignoriere das heftiger werdende Hämmern in meinem Kopf und kann tatsächlich eine Bewegung auf dem hellen Schnee erkennen, einen Schatten.
    Mit menschlichen Konturen, die zu klein und zu schmal sind, um Aureljo zu gehören.
    Ich würde wegrennen, wenn ich könnte, aber mehr als ein Stolpern bekomme ich nicht zustande. Wenn der Schatten angreift, habe ich ihm nichts entgegenzusetzen.
    Ist es ein Sentinel? Warum hat er dann nicht geschossen? Oder ein Prim?
    Ich versuche, das Klappern meiner Zähne zu unterdrücken, und halte die Luft an, damit mir kein Geräusch entgeht.
    Knirschen. Ruhe. Knirschen. Ruhe. Da setzt jemand einen Fuß vor den anderen in den Schnee, langsam und vorsichtig. Kommt mit jedem Schritt näher.
    Ich packe meine Harke fester, oder versuche es jedenfalls, meine Finger sind eisige, gefühllose Klauen.
    Eine Berührung an meinen Waden.
    Es kostet mich meine ganze Beherrschung, nicht aufzuschreien. Etwas streicht an meinen Beinen entlang, es ist weich und beinahe lautlos. Bevor ich es wegtreten oder darauf einschlagen kann, ist es wieder verschwunden.
    Ria.
    Wo kam das her? War es der Wind, der von Minute zu Minute stärker wird? Ein Schauer durchläuft meinen Körper, schüttelt ihn. Ich kann nicht länger stehen bleiben, ich muss mich bewegen, sonst werde ich erfrieren.
    »Wer ist da?«, flüstere ich.
    Eine Gestalt löst sich aus dem Schatten eines Trümmerhaufens. »Tycho.«
    Beinahe hätte ich aufgelacht. Ich stolpere auf ihn zu, er ergreift meinen Arm.
    »Bist du verletzt?«
    »Mein Kopf. Wurde niedergeschlagen. Sind die anderen …?«
    »Am Leben. Ja. Komm schnell.« Er zieht mich mit

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