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Die Verratenen

Die Verratenen

Titel: Die Verratenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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sich, über Schneehaufen und vereisten Stein, hilft mir hoch, wenn ich falle.
    Wir verlassen den Rand der Ruinenstadt und dringen ins Innere vor, zu beiden Seiten ragen nun Wände auf, doch dazwischen ist viel mehr Platz als zwischen den Gebäuden in den Sphären. Straßen. Das hier müssen früher Straßen gewesen sein.
    Wieder falle ich hin, etwas in meinem Kopf explodiert. Ich muss aufgeheult haben, denn Tycho ist blitzschnell neben mir und drückt mir seine Hand auf den Mund.
    »Leise. Sie können jeden Moment hier sein.«
    Sie. Die Sentinel. Oder Schlimmeres. Ich frage nicht nach, ich brauche meine ganze Kraft, um wieder hochzukommen. Ein weiteres Mal werde ich es nicht schaffen, das weiß ich.
    »Hast du Aureljo gesehen?«
    »Er hat mich geschickt. Eigentlich wollte er mitkommen, aber Fleming musste ihn versorgen, weil er ihn verletzt hat.«
    »Was?«
    »Aus Versehen natürlich. Er hat ihn für einen unserer Verfolger gehalten, als er die Treppe hinunterkam.«
    Treppe. Das heißt, sie haben einen Unterschlupf gefunden. Vielleicht ist es dort warm. Aber besser, ich mache mir keine Hoffnungen.
    »Es ist nicht mehr weit«, ermuntert mich Tycho. Seine Stimme hört sich an, als käme sie aus großer Entfernung, obwohl er direkt neben mir steht. In meinem Kopf summt es.
    Wieder ein Schritt. Noch einer. Noch einer. Bei jedem versuche ich mir einzureden, es sei der letzte, sonst könnte ich die Überwindung nicht aufbringen.
    Dann zieht Tycho mich aus der Dunkelheit ins noch Dunklere. Ein Loch in der Finsternis.
    »Vorsicht, hier sind Treppenstufen. Sehr brüchig, pass auf, wohin du deine Füße setzt.«
    Ich tue mein Bestes. Die Treppe führt steil abwärts und ich muss gegen den Impuls ankämpfen, mich fallen und die Schwerkraft den Rest des Weges für mich erledigen zu lassen.
    Meine tauben Füße fühlen nicht mehr, worauf sie treten. Drei Stufen steige ich ungeschickt hinunter, dann setze ich mich und rutsche den Rest des Weges langsam abwärts. Unten fängt Aureljo mich auf. Ich kann ihn nicht sehen, erkenne ihn nur am Geruch. Und an der Stimme.
    »Ria«, flüstert er. »Es tut mir leid, ich wollte so schnell wie möglich wieder zurück sein, aber … es gab einen Zwischenfall.«
    »Ist in Ordnung.« Mein Salvator zählt die Minuten bis zum Notruf, vier sind es noch. Wie soll mir so schnell warm werden?
    »Unser Versteck wird uns nicht lange schützen«, erkläre ich. »Es werden in Kürze Daten über meine Unterkühlung an den nächsten Medpoint geschickt, dann wissen sie, wo ich bin.« Gleich wird mir wieder übel werden. Ich schließe die Augen.
    »Hast du es bei ihr noch nicht herausgeholt?«, fragt Aureljo.
    »Nein. War zu dunkel.« Tychos Stimme.
    Jemand greift nach meiner linken Hand, macht sich an meinem Salvator zu schaffen. Wenn ich die Lider leicht hebe, kann ich etwas glimmen sehen. Grünliches Licht. Es knirscht und knackt, als würden metallene Zähne ausgerissen.
    »Sie ist verletzt. Wenn du ihn zerstörst, kann ich ihren Zustand nicht mehr exakt einstufen«, sagt jemand anderes. Fleming, glaube ich.
    Ein verächtliches Schnauben, dann reibt Metall auf Metall. »Geschafft. Jetzt ist keiner von uns mehr zu orten.«
    Ich öffne die Augen, als Tycho mir etwas in die Hand legt. Es ist klein, quadratisch und verbogen. Ich befühle es mit Daumen und Zeigefinger.
    »Wieso bist du stehen geblieben?«, will Tycho wissen. »Das war Wahnsinn. Wir dachten, sie schlachten euch beide auf der Stelle ab.«
    »Das war kein Wahnsinn«, flüstere ich, »sondern unsere einzige Chance. Umstimmung des Gegenübers. Das kann ich. So wie du das hier.« Ich gebe ihm das Metallquadrat zurück. Die Schmerzen kommen und gehen jetzt in Wellen, die Übelkeit auch. Ich will nur noch schlafen, aber es ist noch nicht alles besprochen. »Sie werden unsere Spuren finden, sollten die Suchgeräte versagen. Wir sind hier nicht sicher.«
    »Dazu bräuchten sie Scheinwerfer«, erklärt Tycho.
    »Nein, nur Tageslicht. Oder simple Leuchten, so wie unsere.«
    »Spuren lassen sich verwischen«, höre ich Aureljo sagen. »Tycho, kannst du mir helfen? Dantorian? Fleming, du bleibst bitte hier und schaust nach Ria. Aber geh nicht wieder auf uns los, wenn wir zurückkommen. Es wird nicht lange dauern. Und kümmere dich um Tomma, ich glaube, sie steht immer noch unter Schock.«
    Ich darf liegen bleiben. Ich darf die Augen schließen. In weiter Ferne schluchzt Tomma auf und Fleming spricht beruhigend auf sie ein. Eine Zeit lang höre ich zu, dann

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