Die verschollene Karawane
Mann mit Prinzipien, charakterstark, eigenwillig und scharfsinnig und ein Afrikakenner. Das, liebe Kollegen, ist die heißeste Operation, die ich seit Beginn meiner Dienstzeit mitmache!«
Commissario Toscanelli freute sich, dass sein deutscher Kollege endlich Vertrauen gefasst hatte. Die Euphorie des Deutschen schien ihm jedoch übertrieben.
»Wenn ich das vorhin im Büro richtig verstanden habe, planen die Derwische von Al Sakina, Yvonne Steimer als Geisel zu nehmen, weil sie nur so noch in den Besitz der Dinge kommen können, die der Racheengel bislang nicht in der Lage war, zu besorgen. Richtig?«
»Genau«, antwortete der BKA-Mann. »Dieser Sahib al Saif, oder wie immer er auch wirklich heißt, hat mit einem gestohlenen Handy von Äthiopien aus den Sufi Abdul Qadir Dschila in Kairo angerufen. Die Kollegen vom ägyptischen Geheimdienst, denen diese Al-Sakina-Leute ein Dorn im Auge sind, hören schon seit Langem die Telefone der Derwische ab. Der Racheengel hatte anscheinend in Äthiopien Pech gehabt. So, wie hier in Venedig auch. Die Sufis waren stinksauer, dass er aufs Neue versagt hat. Sie haben ihm aber zugesagt, ihn aus Äthiopien rauszuholen, damit er diesem Föllmer und der Äthiopierin in Mali das abluchsen kann, was sie haben wollen. Damit das diesmal auch wirklich klappt, wollen die Sufis Yvonne Steimer als Geisel nehmen und Föllmer zwingen, sie dahin zu führen, wo sie alle hin wollen: zu einer verschollenen Karawane, die irgendwo im Wüstensand begraben liegt. Das ist der Plan der Sufis. Doch wir sind bei diesem Spiel mit dabei! Was das mit der Karawane genau auf sich hat, wissen wir noch nicht. Irgendetwas Mystisches. Alle, die mehr wissen, Äthiopier wie auch Portugiesen, schweigen sich diesbezüglich aus.«
Der deutsche Hauptkommissar hatte sich ein wenig in Rage geredet. Erst in diesem Moment schien ihm bewusst zu werden, dass er seinen italienischen Kollegen mehr als eigentlich nötig erzählt hatte.
Pietro nutzte die günstige Gelegenheit. »Hört sich nach einer perfekten Ausgangslage an. Aber es kann auch schiefgehen! Was ist, wenn sie diesen Föllmer eliminieren? Der ist ja wohl noch in Äthiopien, wenn ich das richtig verstanden habe. Das Risiko für Jahzara Jan-Zela erscheint mir ebenfalls noch sehr groß. Und was ist mit Yvonne Steimer? Ihr könnt doch nicht zulassen, dass sie wirklich entführt wird, oder?«
Hauptkommissar Fröbig nickte zustimmend. »Föllmer wird nichts passieren. Der macht längst keinen Schritt mehr ohne die Bewachung äthiopischer Spezialeinheiten. Er wird observiert, rund um die Uhr. Das hat der Bundesnachrichtendienst eingefädelt. Wieso die Äthiopier so toll mitspielen, weiß ich nicht. Es geht um irgendein nationales Heiligtum, das in die äthiopische Heimat zurückgebracht werden soll. Wie auch immer: Föllmer, Jan-Zela und ihr Vater sind derzeit vermutlich die am besten behüteten Menschen Afrikas. An die kommt auch der Racheengel nicht mehr ran. Den lassen die Äthiopier übrigens auf Wunsch des BND entkommen. Die Sufis haben schon eine Aktion gestartet, um ihn aus Äthiopien zu schleusen. Die haben exzellente Kontakte! Den Killer brauchen wir ja für unseren Plan. Denn er ist die Maus, die uns zum Speck führen wird – während Yvonne Steimer uns in Deutschland als Lockvogel für die Topleute von Al Sakina dient. Sie ist unser Schatz. Und den hüten wir bestens. Den anderen Schatz, der irgendwo in der Wüste liegt, kriegen wir auch. Bin mal gespannt, was da unter den Dünen so Spektakuläres und Wertvolles begraben liegt. Und diese Kakerlake schnappen wir uns dann ebenfalls. Alles, Kollegen, ist unter Kontrolle. Alles! Nur mein Magen nicht.«
Während des Landeanflugs genoss Peter den Anblick der bayerischen Metropole. München erstrahlte im letzten Abendlicht. Die Seen in der Umgebung schimmerten zwischen den Hügeln und Bergen wie Perlen in einem grünen Paradies. Die Gipfel der Alpen erinnerten ihn an Äthiopien. So kurz er sich dort auch aufgehalten hatte, so maßlos beeindruckt war er von den phänomenalen Landschaften. Seine Begeisterung für Äthiopien wuchs mehr und mehr.
Nichtsdestotrotz beunruhigte ihn diese Sache mit den Pickeln auf seinem Körper. Es hatte in Aksum mit Schüttelfrost, einhergehend mit Kopfschmerzen und Übelkeit, begonnen, was er zunächst den extremen Höhenunterschieden auf der Reise und der Kälte in seinem Hotelzimmer zugeschrieben hatte. Die Übelkeit hatte sich allerdings dramatisch schnell verschlimmert. Sogar
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