Die verschollene Karawane
klären können, wer dem Killer damals im Kloster Interna verraten hat. Von irgendjemandem musste der Auftragsmörder damals gewusst haben, dass sich Charles Bahri im Kloster aufhielt und dass er diese Karte bei sich hatte. Der Tipp kann eigentlich nur aus dem Orden gekommen sein. Irgendetwas soll vertuscht werden. So eine Art franziskanische Verschwörung!«
»Nicht zu vergessen das Sion -Dossier, basierend auf Unterlagen des Franziskaners Francisco Álvares«, ergänzte Toscanelli. »Ist nur schade, dass die portugiesischen Kollegen ansonsten arg zugeknöpft sind, was die Hintergründe dieses Dossiers betrifft. Es war schon verwunderlich, dass sie uns mitteilten, dass Charles Bahri vor einigen Jahren vermutlich Dokumente dieses Dossiers gestohlen hat. Womit wir jetzt auch noch einen Ex-Mönch als Dieb haben.«
Gert Fröbig ließ seinen Blick über die Lagune schweifen. Er war das erste Mal in Venedig, doch die Stadt machte ihn neugierig. Mit diesem netten Commissario als Ansprechpartner würde er sicherlich noch mal diese faszinierende Lagunenstadt besuchen.
»Die ganze Sache hat offensichtlich einen historisch brisanten Hintergrund«, erwiderte er. »Wer weiß, was damals geschehen ist. Wer weiß, was die beiden verschwundenen Mönche für eine Rolle spielten. Wir werden es wohl nie erfahren. Wer als Bulle an den Pforten des Vatikans anklopft, dem wird erfahrungsgemäß nicht aufgetan. Ist nun mal ein eigener, souveräner Staat, der Vatikan. Der Papst als Präsident, Innen- und Außenminister! Und Stellvertreter Gottes auf Erden ist er auch! Da werden wir nicht weit kommen.« Pietro nahm mit Freude zur Kenntnis, dass sich das anfangs verkrampfte Verhältnis des Deutschen zu seinem Chef so entspannt hatte. Er sah die Gelegenheit gekommen, Fragen zu stellen. »Was ich nicht verstehe, Kollege Fröbig, ist, wie Sie an die Informationen über Peter Föllmer rangekommen sind. Der Mann ist ein unbescholtenes Blatt. Wir haben ihn über Interpol abgeklärt. Offizielle kriminalpolizeiliche Akten gibt es nicht über ihn. Der ist harmlos. Und trotzdem wissen Sie so viel über ihn.«
Der Hauptkommissar zögerte einen Moment. Seine offene Antwort überraschte auch Commissario Toscanelli.
»Liebe Kollegen, das, was ich nun erzähle, muss absolut vertraulich behandelt werden, versprochen?«
Commissario Toscanelli und Pietro nickten zustimmend.
»Dieser Föllmer ist vor vielen Jahren ins Visier unserer Geheimdienste geraten. Aber das sind alles Verschlusssachen. Aus den abgehörten Telefongesprächen und den vertraulichen Vermerken diverser Nachrichtendienste ist zu schließen, dass Föllmer wahrscheinlich nur durch Zufall in einen Strudel krimineller Geschehnisse geraten ist. Ihm ist bislang nichts anzulasten. Seiner Freundin Yvonne Steimer übrigens auch nicht. Und dieser Äthiopierin, mit der er unterwegs ist, schon gar nicht. Der Mann scheint eine Vorliebe für Abenteuer zu haben. Er tappt dauernd in Fettnäpfchen, die ihm beinahe Kopf und Kragen kosten. Er sucht die Gefahr, weiß aber offensichtlich nicht, dass er darin umkommen kann. Egal, ob er die Wüste durchquert oder nun in dieser Sache verstrickt ist. Tatsache jedenfalls ist, dass er sich vor vielen Jahren für die Linken in Deutschland engagiert hat, deshalb weiß ich so viel über ihn.«
Pietro runzelte zwar die Stirn, aber es war immerhin eine Art von Antwort auf seine Frage.
Hauptkommissar Fröbig seufzte und fuhr dann fort: »Glück hat dieser Föllmer bislang gehabt, sonst nichts! Und diese Jan-Zela, seine Bekannte, auch. Sein Pech ist, dass diese Leute von Al Sakina hinter ihm her sind, was allerdings wiederum unser Glück ist. Das sind extrem skrupellose, ungewöhnlich konspirative Leute. Die hätten wir so schnell nicht unter Kontrolle gebracht. Aber jetzt eröffnen sich für uns fantastische Möglichkeiten. Mit Yvonne Steimer haben wir einen idealen Lockvogel; Jahzara Jan-Zela und ihr Vater halten Föllmer unter Kontrolle und graben zusammen mit ihm Dinge aus, von denen wir noch keine Ahnung haben. Für seine Freundin würde er alles machen. Und für diese Äthiopierin auch. Das ist wichtig zu wissen. Denn in Mali werden wir operativ kaum tätig werden können. Was dort geschehen wird, entzieht sich unserer Kontrolle. Diese Wüstensöhne sind nämlich nicht sonderlich kooperativ. Und sie sind extrem korrupt. Wir haben uns erst gar nicht mit der Bitte um Unterstützung an Bamako gewandt. Ich denke, wir können uns auf Föllmer verlassen. Er ist ein
Weitere Kostenlose Bücher