Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die verschollene Karawane

Titel: Die verschollene Karawane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Ackermann
Vom Netzwerk:
daraufhin noch viel schneller. Seine kleinen Augen konnten dem, was da so irrsinnig schnell um ihn herum geschah, nicht folgen. Dann traf ihn ein Gewehrkolben am Hinterkopf. Es war ein harter Schlag. Zu hart für einen alten Mann. Blut spritzte aus seinem rechten Ohr.
    Der maskierte ägyptische Polizist, der wenige Minuten später dem auf dem Boden liegenden Derwisch die Halsschlagader abtastete, nickte mitleidslos und sagte auf Arabisch: »Ein Problem weniger in unserem Land. Ruft die Kollegen in Deutschland an und drückt unser Bedauern aus, dass beide Derwische des Al-Sakina-Ordens bei Fluchtversuchen ums Leben gekommen sind.«
     
    Yvonne hockte mit auf dem Rücken zusammengebundenen Händen in der Ecke des Zimmers. Ihre Bluse war blutüberströmt. Sie wollte schreien, aber der Knebel in ihrem Mund machte es ihr unmöglich, ließ ihre Angst zu einem entsetzten Gurgeln werden. Ihre weit aufgerissenen Augen starrten auf den jungen Mann mit dem schwarzen Haar, der reglos zwischen ihren Beinen lag. Eben noch hatte er vor ihr gestanden, hatte seine Sturmmütze ausgezogen, hatte sie triumphierend angegrinst und wollte gerade den Gürtel seiner Hose öffnen, als er plötzlich in ihre Richtung geschleudert worden war. Es war ein Araber und er hatte ein hübsches Gesicht gehabt, das nun grässlich entstellt war. Die Hälfte seines Hinterschädels fehlte. Blut rann aus seinem Kopf über ihre Beine.
    Yvonne konnte sich nicht erklären, was geschehen war. Im Zimmer war es still. Da war niemand. Nichts war geschehen: kein Knall, keine Explosion. Alles war wie vorher. Nur in der Scheibe des Kellerfensters war ein kleines Loch. Der Araber war einfach tot auf sie gestürzt. Auf einmal hörte sie im Haus Getrampel und Stimmen. Sie erstarrte, ihr Herz schlug rasend schnell. Die beiden anderen Entführer! Was würde nun mir ihr geschehen?
    Mit einem ohrenbetäubenden Knall flog ihr das Türblatt entgegen. Überall qualmte es. Das Erste, was sie sah, war ein Kopf mit einer schwarzen Sturmmaske. Zwei Augen trafen ihren Blick. Dann stürmten andere Männer in Overalls in das Zimmer, mit Schnürstiefeln und Waffen. Alle trugen Sturmmasken – aber alle blieben vor ihr stehen. Ihre Körpersprache signalisierte Yvonne, dass sie ihr nichts tun wollten. Sie fühlte sich leer, konnte nicht mehr denken. Das Einzige, was sie fühlte, war das warme Blut des Toten auf ihren Beinen. Bevor sie ohnmächtig wurde, nahm sie noch eine Frau mit langen, blonden Haaren und einem besorgten Gesichtsausdruck wahr. Sie trug eine bayerische Polizeiuniform. Neben ihr stand ein Mann, den sie aus Venedig kannte: Commissario Toscanelli.

17.
     
    E s geschah am Morgen des zweiten Tages in der Wüste. Völlig unerwartet stieß Peter mit dem Geländewagen auf ein tiefes Sandloch. Es war eines jener Mehllöcher, wie er diese tückischen Sandfallen nannte, die sich auf Schotterebenen bildeten, wenn Stürme feinste Sandpartikel in kaum sichtbaren Mulden abgelagerten. Winzige Sandverwehungen hinter zwei Steinen hatten ihm im allerletzten Moment signalisiert, dass vor ihm eine der Fallen lag, die schon vielen zum Verhängnis geworden war. Wer mit hoher Geschwindigkeit in ein solches Mehlloch fuhr, krachte wie gegen eine unsichtbare Wand und wurde nicht selten durch die Windschutzscheibe katapultiert.
    Peter reagierte blitzschnell. Mit voller Wucht trat er aufs Gaspedal. Der Wagen stockte einen kurzen Moment und schlingerte dann mit aufheulendem Motor durch die Sandfalle. Jahzara wurde umhergeschleudert. Der Killer auf der Rückbank prallte mit dem Kopf gegen die Seitenscheibe und schrie schmerzerfüllt auf. Peter starrte gespannt in den Rückspiegel, ahnend, was passieren würde. Und wirklich: Der Fahrer am Steuer des zweiten Wagens reagierte zu spät. Der Geländewagen schoss in die Sandfalle, blieb wie von Geisterhand gestoppt stehen. Der Fahrer prallte gegen das Lenkrad und wurde sofort wieder zurückgeschleudert. Eine riesige Staubwolke hüllte das Fahrzeug ein. Peter bremste seinen Wagen ab.
    Der Araber richtete seine Pistole auf ihn und blickte schreiend nach hinten: »Zurück! Los, fahr zurück!«
    Habib Mounzer, wie der Targi angeblich hieß, hatte eine Prellung am Kopf und eine ausgerenkte Schulter. Er fluchte und verzog vor Schmerzen das Gesicht. Beim Aufprall auf einen Stein war die rechte vordere Radaufhängung arg in Mitleidenschaft gezogen worden.
    Peter schaute Jahzara an, zwinkerte ihr mit einem Auge zu und zischte wütend: »Wenn der Idiot mir noch mal

Weitere Kostenlose Bücher