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Die verschollene Karawane

Titel: Die verschollene Karawane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Ackermann
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so dicht auffährt, brems ich ihn aus. Der riskiert unser aller Leben!«
    Der Zwischenfall verbesserte Peters Stimmung. Die vergangene Nacht hatten sie im Windschatten einer Düne verbracht. Jahzara war an das Lenkrad des Jeeps festgebunden worden. Ihn hatte der Araber mit beiden Händen an der Stoßstange festgezurrt. Es war eine grauenhafte, unbequeme Nacht gewesen. Mit Jahzara hatte er nicht reden können und dürfen. Dennoch hatte er gespürt, in welchem Gemütszustand sie sich befunden hatte. Ihm war es ähnlich ergangen. Verzweifelt hatte er sich den Kopf zermartert, wie sie aus dieser lebensgefährlichen Situation heil herauskommen könnten. Doch die Chancen standen schlecht: Handy, GPS-Gerät und ihre persönlichen Aufzeichnungen hatten die beiden ihnen abgenommen. Peter hatte auf dem Display noch eine Nachricht von Yvonne entdeckt, aber er hatte sie nicht lesen dürfen.
    Schnell hatte er jedoch erkannt, dass die beiden nicht mit dem GPS-Gerät umzugehen wussten. Auch die Unterlagen in Deutsch und Portugiesisch konnten sie nicht lesen. Das hatte wieder Hoffnung in ihm geweckt. Solange sie die Karawane nicht gefunden hatten, waren diese Männer auf ihn angewiesen. Das war ihre Lebensversicherung! Und so lange würden sie auch Jahzara in Ruhe lassen. Das war seine größte Sorge. Der Typ, der offensichtlich tatsächlich Habib hieß und aus der Gegend von Timbuktu zu kommen schien, hatte Jahzara am Abend mehrmals lüstern angestarrt. In der Nacht waren ihm schließlich Dinge aufgefallen, die kleine Chancen erahnen ließen. Der Killer war in der Stadt aufgewachsen. Er schätzte die Anonymität und die Unüberschaubarkeit von Städten. Hier in der Wüste nutzte ihm all das nichts. Er kannte nicht mal die einfachsten Überlebensregeln der Wildnis. Offenbar hatte er vor der Wüste sogar panische Angst. Selbst das Kläffen eines Schakals, der bei Sonnenuntergang in der Nähe des Lagerfeuers umhergeschlichen war, hatte ihn beunruhigt.
    Nun, nach dem Zwischenfall mit dem Sandloch, hatte Peter das Gefühl, dass ihre Chance zu überleben stieg. Ganz offensichtlich war dieser Habib Mounzer kein Targi, kein wirklicher Sohn der Wüste. Und er war ein mieser Fahrer!
    Damit waren die beiden auf sein GPS und auf seine Fähigkeiten angewiesen. Außerdem lebten sie im festen Glauben, dass Peter wegen Yvonne alles nur Erdenkliche tun würde, um die verlorene Karawane zu finden. Der Killer war in einer sehr misslichen Situation. Er hatte sich wohl darauf verlassen, in dem Targi einen Kenner der Wüste zu haben. Der aber hatte nun eine ausgerenkte Schulter, ein lädiertes Auto und wenig Ahnung vom Leben in der Wüste. Peter empfand Genugtuung. All das hatte den Nebeneffekt, dass sie langsamer als geplant vorwärtskamen. Je länger sie zum Land der Leere brauchen würden, desto länger würden Jahzara und er am Leben bleiben. Yvonne auch. Die Frage war, wie viel Zeit ihnen noch blieb. Nach seinen Berechnungen würden sie übermorgen die Region erreichen, in der die Karawane verschollen war.
    Sie fuhren weiterhin in einem von Geröll und kleinen Dünen geprägten Trockenfluss nordostwärts. Gegen Mittag ließen zunehmende Sandverwehungen erahnen, dass sie sich größeren Sanddünen näherten. Sie entschieden, unter einem verdorrten Baum Rast zu machen. Die Temperaturen waren unerträglich. Die Sonne stand milchig weiß über dem Tal. Sie spannten eine Plane zwischen den Dächern der beiden Wagen und legten sich im Schatten nieder.
    Der Killer herrschte Jahzara an: »Mach uns Tee!«
    Jahzara schaute vermeintlich unterwürfig auf den Boden. Ohne die beiden Araber anzuschauen, sagte sie: »Ich habe Kopfschmerzen. Kann Peter mir eine Tablette geben?«
    Der Killer starrte sie verächtlich an, überlegte kurz, holte eine ihrer beiden Reisetaschen aus dem Wagen und warf sie ihnen vor die Füße. »Danach machst du Tee!«
    Peter nickte Jahzara zu. Sie kam zu ihm und kniete mit dem Rücken zu den beiden Arabern nieder. Er sah die Angst in ihren Augen, sah, wie schwer es ihr fiel, nicht den Mut zu verlieren. Peter griff nach dem Beutel mit den Medikamenten. Im Laufe der Jahre hatte er sich eine Standardausrüstung an nützlichen Medikamenten für Reisen in Afrika zusammengestellt. In diesem Moment kam ihm die zündende Idee. Vermeintlich in dem Beutel nach den gesuchten Tabletten wühlend, holte er unbemerkt eine kleine Packung mit osmotischen Laxanzien heraus und schob Jahzara die Tabletten zu. Sie schaute ihn fragend an. Peter erklärte ihr

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