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Die Verschollenen

Die Verschollenen

Titel: Die Verschollenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Keene
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durchlebt - wie der Schaft in das weiche, nachgiebige Fleisch gedrungen war, die Wärme, die von der Wunde ausging, der Geruch von Jesses Blut, Urin und Fäkalien, als er starb. Matthew hatte es genossen. Der Mord hatte sich absolut richtig angefühlt. Hatte sich … gut angefühlt. Und dann mit dem Mord an Mark weiterzumachen, hatte sich sogar noch besser angefühlt. Keiner der Männer war unschuldig. Sie waren beide Teil der alles verschlingenden Maschinerie. Sie beteiligten sich willentlich an der Verdummung Amerikas, und das für nichts weiter als einen Gehaltsscheck - deshalb waren sie akzeptable Ziele. Sie waren der Anfang von etwas Großem. Etwas Gigantischem. Etwas, das die Welt für immer verändern würde.
    Das war etwas anderes als Politiker zu ermorden oder - die bisher größte Leistung der Organisation - die Kommunikationszentrale des FBI in Quantico in die Luft zu sprengen. Diese Mission zielte auf das Herz des Problems - auf diejenigen, die die amerikanische Öffentlichkeit belogen. Die sie im Tiefschlaf
hielten. Unterbinde die Propaganda, erwecke das Volk, dann wird sich alles ändern. An diesem Punkt hatten es Leute wie Timothy McVeigh immer wieder vermasselt. McVeigh wäre als Held gefeiert worden, wenn er seinen Truck mit der Bombe vor einem Finanzamt geparkt hätte. Stattdessen hatte er einen Kindergarten in die Luft gesprengt.
    Man musste sich seine Ziele sorgfältig aussuchen. Die meisten Amerikaner hassten Reality-TV, auch wenn sie jede Woche einschalteten, um zu sehen, wie es weiterging. Wie es in diesem alten Lied hieß: Befreie ihren Geist, dann kommt der Rest von allein.
    Er zitterte, allerdings mehr vor Aufregung als wegen der sinkenden Temperaturen.
    Ein weiterer Donner riss ihn aus seinen Gedanken, und für einen kurzen Moment spürte Matthew, wie die Angst und die Zweifel zurückkehrten. Vielleicht lagen Barnes und die anderen falsch. Vielleicht mussten nicht alle Kandidaten und die ganze Crew sterben. Sie konnten doch nicht alle Kollaborateure sein, oder? Vielleicht wussten es einige von ihnen einfach nicht besser. Immerhin war er früher auch so gewesen wie sie. Er hatte geglaubt, was er abends in den Nachrichten gehört hatte, hatte seiner Regierung und dem Rechtssystem vertraut, seine Steuern gezahlt und war jeden Abend mit dem Gefühl ins Bett gegangen, dass alles gut werden würde. Er war in dem Bewusstsein aufgewachsen, dass er seinen
Eltern, den Lehrern und den Priestern alles glauben konnte. Und wenn seine Eltern nicht bei diesem Autounfall ums Leben gekommen wären, wäre er heute vielleicht noch immer so - völlig ahnungslos, wie die Welt wirklich war. Er war losgezogen, um sich selbst zu finden, und hatte stattdessen die Wahrheit gefunden. Vielleicht hatten einige von den anderen Kandidaten bislang einfach keine Gelegenheit gehabt, das zu lernen. Zum Beispiel Becka. Er hatte sie die ganze Zeit beobachtet. Sie faszinierte ihn, und er fühlte sich zu ihr hingezogen wie zu keinem anderen Mädchen, das er kannte. Sie hatte so was Gesundes an sich, war aber trotzdem kein braves Lieschen. Sie wirkte unschuldig, aber vorsichtig. Sie war die Art von Mädchen, von der er immer fantasiert hatte. Vielleicht konnte sie ja verschont bleiben oder bekehrt werden.
    Nein. Es musste ein Zeichen gesetzt werden, und er war derjenige, der es setzen musste. Selbst wenn er gewollt hätte, es gab jetzt kein Zurück mehr. Hinter ihm lagen zwei Leichen, und wenn er fertig war, würden es einige mehr sein.
    Matthew streckte sich ein weiteres Mal, bis seine Gelenke knackten, dann bückte er sich und hob Marks Kamera auf. Während der Zeit auf der Insel hatte er die Kameramänner aufmerksam beobachtet und aufgepasst, wie sie ihre Geräte bedienten. Nachdem er Mark getötet hatte, hatte er eine Weile mit der Kamera herumexperimentiert, bis er sicher war,
dass er wusste, wie man damit umging. Immerhin hing bei diesem Plan alles davon ab, das Material an die Öffentlichkeit zu bringen, damit bekannt wurde, wozu die Söhne der Verfassung in der Lage waren und welche Botschaft sie zu vermitteln hatten. Matthew wusste, dass es auf dem Schiff des Senders eine Kommunikationszentrale mit Internetzugang gab. Wenn er hier auf der Insel fertig war, sollte er die Daten auf einen Server der Organisation hochladen. Sobald es geschnitten war und den letzten Schliff bekommen hatte, würde das Material dann ins Netz gestellt werden, damit alle es sehen konnten. Das würde hoffentlich zeitgleich mit dem Medienzirkus

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