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Die Verschollenen

Die Verschollenen

Titel: Die Verschollenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Keene
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vor ihr. Seine triefenden Augen mit den wulstigen Lidern standen offen, starrten jedoch blicklos an die Decke. Die graue Zunge hing schlaff aus dem Maul. An der Seite des Kopfes, direkt über der linken Schläfe, war der Schädel leicht eingedrückt. Wegen der schlechten Beleuchtung konnte Becka nicht erkennen, wie tief die Wunde war, aber das Fell und der Boden unter ihm waren voller Blut.
    Ohne den Stein loszulassen, stupste Becka das Monster mit dem Fuß an. Es bewegte sich nicht. Vorsichtig ließ sie sich auf die Knie nieder und starrte konzentriert auf seine Brust. Dann hielt sie ihm die Finger unter die Nase. Keine Atmung.
    »Heilige Scheiße.«
    Becka setzte sich hin und begann zu zittern. Ihr gesamter Körper bebte, und der Stein rutschte aus ihren Fingern. Vor ihren Augen verschwamm alles, und die Höhle schien noch dunkler zu werden.

    Schock, dachte sie. Ich stehe unter Schock. Eine verspätete Reaktion auf … auf das, was passiert ist.
    Anscheinend ahnte der Rest des Stammes nicht, was passiert war. Aus der Haupthöhle drangen nach wie vor die Geräusche des Gelages herüber. Doch sie wusste nicht, wie lange ihr Vergehen unbemerkt bleiben würde. Zähneknirschend zog sie die Knie an die Brust und stützte den Kopf dagegen. Dann atmete sie tief ein und aus, bis die Übelkeit, das Schwindelgefühl und das Zittern nachließen.
    Als sie sich besser fühlte, kroch Becka zu Shonette hinüber und schüttelte sie sanft. Ihre Augen waren geschlossen, doch ihre Brust hob und senkte sich leicht.
    »Wach auf, Shonette. Wir verschwinden jetzt von hier.«
    »Ich komme bald nach Hause, Süße. Ihr müsst nur noch ein bisschen durchhalten, du und dein Bruder.«
    »Komm schon, Shonette«, flüsterte Becka etwas lauter. »Ich bin’s, Becka. Wach auf.«
    »Becka?« Shonette öffnete die Augen. »Ich habe dir doch gesagt, dass du sie nicht reizen sollst. Jetzt wird alles nur noch schlimmer. Warum konntest du mich nicht einfach da lassen, zu Hause bei meinen Kindern?«
    »Hör mir zu.« Becka schüttelte sie heftiger und drückte ihren Arm. »Komm wieder zu dir. Ich habe
den Anführer erschlagen, Shonette. Er ist tot. Die anderen sind weg.«
    Ruckartig setzte Shonette sich auf und sah sich um. Als sie die Leiche des Häuptlings entdeckte, stöhnte sie gequält.
    »Oh nein, was hast du getan?« Ihre Stimme brach. »Was zur Hölle hast du dir nur dabei gedacht? Warum hast du das getan, Becka? Warum konntest du nicht einfach mitspielen? Weißt du, was die mit uns machen werden, wenn sie es rausfinden?«
    »Sie werden es aber nicht rausfinden, weil wir jetzt verdammt noch mal von hier verschwinden.«
    »Das können wir nicht. Sie werden alles nur noch schlimmer machen.«
    »Noch schlimmer? Wie kann es denn noch schlimmer werden? Sie haben uns vergewaltigt, Shonette. Sie haben Pauline vergewaltigt. Schlimmer geht’s nicht mehr.«
    »Sie werden uns umbringen.«
    »Na und?«
    Ein ersticktes Schluchzen drang aus Shonettes Kehle.
    »Hör mal.« Becka streichelte der verängstigten Frau den Arm. »Das ist unsere Chance. Wir müssen sie ergreifen. Ich werde nicht einfach hier rumsitzen und darauf warten, dass ich wieder zum Opfer werde. Ich verschwinde, und wenn Pauline noch lebt, werde ich sie mitnehmen. Und du musst auch mitkommen.«

    »Ich kann nicht.« Shonettes Oberlippe zitterte. »Lass mich einfach in Ruhe. Ich kann da nicht rausgehen.«
    »Warum nicht?«
    »Weil ich Angst habe.«
    Becka seufzte. »Ich doch auch. Aber wenn du dieser Angst jetzt nachgibst, haben die gewonnen. Und ich will verdammt sein, wenn ich zulasse, dass das passiert. Also, lass uns gehen. Kannst du aufstehen?«
    Shonette wischte sich über die Augen und nickte. »G-glaube schon.«
    »Gut, das ist doch schon mal ein Anfang.«
    »Mein Kopf tut schrecklich weh, Becka. Dadurch kann ich so schlecht denken. Und ich bin so durstig.«
    »Du könntest eine Gehirnerschütterung haben. Halt noch ein bisschen durch. Wir hauen hier ab, und dann suchen wir Hilfe für dich.«
    In Shonettes Augen stiegen erneut Tränen. »Ich will nicht sterben. Bitte, sag mir, dass wir nicht sterben werden!«
    »Wir werden nicht sterben.«
    »Blödsinn.«
    »Na ja, wenn wir hierbleiben, werden wir bestimmt sterben, Shonette. Und jetzt steh auf!«
    Taumelnd kam Shonette auf die Füße. Sie berührte mit einer Hand die Wunde an ihrem Schädel, zuckte zusammen und zischte schmerzerfüllt.

    »Verdammt. Die haben mich ziemlich zugerichtet.«
    »Das wird schon wieder. Ziehen wir uns

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