Die Verschwörer von Kalare
auszuweichen, der sich daraufhin bis zum Schaft in ein zweigeschossiges Holzgebäude hinter ihm bohrte.
»Wurfhaken!«, warnte ein anderer Legionare , als die ersten riesigen Eisenhaken in der Größe von Bootsankern an langen Stahlketten auf die Mauer zuflogen. Sie landeten mit lautem Klirren, und die Ketten wurden von unten stramm gezogen. Legionares warfen die meisten sofort wieder nach unten, ehe sie sich verhaken konnten, doch einige Haken griffen im Stein, und an den rasselnden Ketten kletterten Canim nach oben.
Plötzlich hörte und fühlte Tavi ein gigantisches Krachen, das die Mauern unter seinen Füßen beben ließ. Der Knall übertönte sogar den Schlachtlärm für einen Augenblick. Der Sturmbock hatte das Tor erreicht, und es schien unvorstellbar, dass Letzteres der Wucht der Ramme lange widerstehen könnte.
»Bereitmachen!«, rief der Erste Speer und lehnte sich trotz der Wurfspieße über die Mauer. Er wich gekonnt einem Pfeil aus und brüllte dann: »Jetzt!«
Die Bogenschützen über dem Tor hatten die Waffen bereits fallen gelassen. Jetzt hoben sie unter Mühen große Holzeimer mit heißem Pech hoch und gossen es über die Mauerkante hinunter in den Bereich vor dem Tor, wo sofort die überraschten Schmerzensschreie der Canim laut wurden. Außerdem wurde auch der hölzerne Rammbock mit dem Pech besudelt.
Marcus zog sich wieder in Deckung zurück und rief Tavi zu: »Alles bereit!«
Tavi nickte, hob die Faust und schaute über die Schulter zurück auf den Hof.
Auf das Signal hin schossen Crassus und ein Dutzend Ritter Pisces, wie die jungen Ritter von der Legion unterwegs auf dem Marsch getauft worden waren, auf Windsäulen in die Höhe. Sie jagten hinaus über den Fluss und flogen in einem Zickzackkurs, der es erschwerte, einen Einzelnen von ihnen anzuvisieren. Dann vollführten sie einen weiten Bogen und scheuchten, kaum sechzig Fuß über Bodenhöhe, Hunderte von Krähen auf.
Wieder nahm man das Geschwader der Ritter unter Beschuss, doch niemand wurde getroffen, und als Crassus das Tor passierte, sah Tavi, wie er auf die Canim zeigte und einen Befehl rief. Eine flackernde Kugel aus weißen Flammen erschien vor ihm und sauste heulend in Richtung Erde, wo sie den in Pech getränkten Rammbock traf und grell aufloderte.
Die Flammen breiteten sich rasch aus, und die Canim schrien vor Entsetzen. Das Pech begann ebenfalls zu brennen, und alle, die damit begossen worden waren, starben einen raschen, wenn auch entsetzlichen Tod.
Von oben beobachtete Tavi, wie einer der Canim an einer Kette die Mauer erreichte, doch wurde er schon von Legionares mit grimmigen Mienen erwartet. Schwerter und Speere begrüßten ihn, und der Cane fiel im nächsten Moment nach
unten. Andere Legionares benutzten erbeutete Spieße und hebelten damit die schweren Haken los, was für weitere Canim den Absturz bedeutete.
Tavi konnte zwar nicht genau sagen, woran er es festmachte, dass der Ansturm der Canim ins Stocken geriet, doch er spürte plötzlich ein Zögern beim Gegner. Er wandte sich Crassus zu und beschrieb mit der Hand einen Kreis über dem Kopf.
Der Ritter-Tribun hatte zwei blaue Augen, seit Tavi ihm die Nase gebrochen hatte, doch trotzdem konnte er scharf sehen, und das Rittergeschwader drehte bei und zog an der Mauer entlang auf ihrem elementargewirkten Orkan, der Staub und Sand aufwirbelte und dem Feind in Augen und Nase trieb. Und Crassus warf ein Dutzend weiterer Feuerkugeln auf die Canim, winzige Lichtperlen, die beim Aufprall zu riesigen Flammen aufloderten.
Ehe Crassus und seine Ritter wenden konnten, erklangen die tiefen Hörner der Canim mit einer schnellen Tonfolge, ein Signal an die Angreifer, und die gepanzerten Krieger unten traten den geordneten Rückzug an. Innerhalb von zwei Minuten waren sie außer Reichweite der Bögen, doch bis dahin schickten ihnen die Aleraner auf der Mauer noch viele Pfeile hinterher.
Crassus wollte sie mit seinen Rittern hetzen, doch Tavi bemerkte seine Absicht und hob eine Hand mit gespreizten Fingern über den Kopf, ballte sie zur Faust und zog sie bis in Schulterhöhe nach unten. Crassus sah das Signal, bestätigte mit erhobener Faust den Befehl und führte die anderen Ritter zurück hinter die Befestigungsanlagen.
Die Legionares auf der Mauer brachen in Jubel aus oder schrien den abziehenden Canim die übelsten Beleidigungen hinterher. Zwar wussten alle, dass die Schlacht noch längst nicht geschlagen war, aber für den Augenblick waren sie am Leben, und deshalb
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