Die Verschwörung
Handflächen feucht waren. Vielleicht enthielt die Box etwas, das die Karriere oder gar das Leben vieler zerstören konnte. Sie hob langsam den Deckel ab. Was sie erblickte, ließ sie unterdrückt fluchen.
Das Geld war mit dicken Gummibändern ordentlich gebündelt. Es waren alte Scheine, keine neuen. Rasch überschlug Brooke die Summe. Es mußten Zehntausende sein. Sie machte den Deckel wieder zu.
Als sie aus dem kleinen Zimmer kam, stand Sobel vor der Tür. Er nahm die Box entgegen und schob sie in die Wand zurück.
»Kann ich das Unterschriftsregister für das Fach sehen?« fragte Brooke.
Sobel zeigte ihr das Unterschriftenbuch. Ken Newmans
Handschrift. Brooke kannte sie sehr gut. Ein ermordeter FBI-Mann und eine Kiste Bargeld unter einem Decknamen. Gute Nacht, Marie.
»Haben Sie irgendwas gefunden, das Ihnen weiterhilft?« fragte Sobel.
»Ich muß den Inhalt des Fachs beschlagnahmen lassen. Falls jemand hier auftaucht und an den Inhalt heran will, rufen Sie mich bitte sofort unter einer dieser Nummern an!« Sie reichte ihm ihre Karte.
»Es ist eine ernste Sache, was?« Sobel wirkte plötzlich sehr unglücklich, in diese Filiale versetzt worden zu sein.
»Ich weiß Ihre Hilfe zu schätzen, Mr. Sobel. Ich melde mich wieder.«
Sie kehrte zu ihrem Wagen zurück, fuhr auf dem schnellsten Weg zu Anne Newman und rief sie von unterwegs an, um dafür zu sorgen, daß Anne auch zu Hause war. Kens Beerdigung fand in drei Tagen statt. Es würde eine große Sache werden, an der die höchsten Chargen des FBI und der anderen Nachrichtendienste des Landes teilnehmen würden. Die Kolonne der Trauerfahrzeuge würde besonders lang sein und zwischen Reihen ernster, respektvoller Bundesagenten und Männer und Frauen in blauen Uniformen hindurchfahren. Das FBI beerdigte seine Agenten, die im Dienst ihr Leben ließen, mit höchsten Ehren und aller Würde, die ihnen zustand. »Was hast du rausgefunden, Brooke?« Anne Newman trug ein schwarzes Kleid. Ihr Haar war hübsch frisiert, und auf ihrem Gesicht lag ein Hauch von Make-up. Brooke hörte ihre Stimme aus der Küche. Als sie angekommen war, hatten zwei Autos vor dem Haus gestanden. Wahrscheinlich Familienangehörige oder Freunde, die Anne kondolierten. Außerdem bemerkte Brooke auf dem Tisch im Speisezimmer Teller mit Essen. Kochen und Kondolieren gehörte ironischerweise irgendwie zusammen. Offenbar trauerte man mit vollem Magen besser.
»Ich muß die Unterlagen eurer Bankkonten sehen. Weißt du,
wo sie sind?«
»Um die Finanzen hat Ken sich immer gekümmert. Ich nehme an, sie sind in seinem Büro.« Sie führte Brooke durch den Flur, und sie betraten Kens Arbeitszimmer.
»Habt ihr mehrere Konten bei verschiedenen Banken?«
»Nein, Das weiß ich genau. Ich kriege ja immer die Post. Es ist nur eine Bank. Wir haben auch nur ein Girokonto, kein Sparbuch. Ken hat immer gesagt, Sparbuchzinsen sind ein Witz. In Geldangelegenheiten kannte er sich wirklich sehr gut aus. Wir haben ein paar Aktien, und die Kinder haben Konten fürs College.«
Während Anne die Unterlagen suchte, schaute Brooke sich müßig im Zimmer um. In einem Bücherregal stapelten sich zahlreiche Mappen aus Hartplastik in unterschiedlichen Farben. Obwohl sie diese Klarsichthüllen schon bei ihrem letzten Besuch gesehen hatte, hatte sie eigentlich nicht darauf geachtet.
»Was ist in diesen Plastikdingern?«
Anne schaute in die Richtung, in die Brooke deutete. »Ach, da ist bloß Kens Sportbildersammlung drin. Und seine Münzen. Damit hat er sich gut ausgekannt. Er hat sogar einen Kurs belegt und ein Zertifikat als Bild- und Münzfachmann bekommen. Er war fast jedes zweite Wochenende auf irgendeiner Messe.« Sie deutete zur Decke hinauf. »Deswegen auch der Brandmelder da oben. Ken hatte Angst vor Bränden, besonders in diesem Zimmer. Wegen dem vielen Papier und Kunststoff. Hier drin wäre ein Brand wirklich verheerend.«
»Es überrascht mich, daß er die Zeit hatte, die man als Sammler braucht.«
»Tja, er hat sie sich genommen. Hat ihm wirklich Spaß gemacht.«
»Bist du je mit ihm zu diesen Messen gefahren? Oder die Kinder?«
»Nein. Er hat uns nie darum gebeten.«
Annes Tonfall bewirkte, daß Brooke das Thema fallenließ.
»Ich frage nicht gern, aber hatte Ken eine Lebensversicherung?«
»Ja. Eine recht hohe.«
»Schön, daß du dir um finanzielle Dinge keine Gedanken machen mußt, Anne. Ich weiß, daß es nur ein kleiner Trost für dich ist, aber viele Menschen sind in solchen Dingen ziemlich
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