Die Verschwörung
Rückflug von einer Südamerikareise auf der Flugzeugtoilette. Ihm war speiübel gewesen, und er hatte vor dem Bottich gekniet und das Gefühl gehabt, jedes tote Kind, das er gesehen hatte, mit eigenen Händen ermordet zu haben.
Nach seiner Wandlung war Buchanan gezielt an Orte gereist, an denen Hunger, Krankheit und Tod herrschten, um herauszufinden, wie er am besten helfen konnte. In eines dieser Länder hatte er persönlich eine Schiffsladung Nahrungsmittel und Medikamente überführt, mußte aber erkennen, daß es keine Möglichkeit gab, die Fracht ins Landesinnere zu bringen. Plünderer hatten sich die Lieferungen unter den Nagel gerissen, und Buchanan hatte es hilflos mit ansehen müssen. Daraufhin hatte er als ehrenamtlicher Spendensammler für humanitäre Organisationen wie CARE oder MISEREOR gearbeitet. Er hatte seine Sache gut gemacht, aber die Dollars hatten sich als Tropfen auf den heißen Stein erwiesen. Die Zahlen sprachen gegen sie; die Probleme wurden ständig größer.
Buchanan war nach Washington zurückgekehrt, hatte die von ihm gegründete Firma verlassen und nur einen Menschen mitgenommen: Faith Lockhart. Seit nunmehr einem Jahrzehnt waren seine Klienten, seine Mündel, die ärmsten Länder der Welt. Um die Wahrheit zu sagen, fiel es ihm schwer, sie als geopolitische Einheiten zu betrachten. In seinen Augen waren sie keine Staatsgebilde, sondern Heerscharen hungernder, kranker Menschen, die unter verschiedenen Flaggen dahinvegetierten und keine Stimme besaßen, weder im eigenen Land noch sonstwo auf der Welt. Buchanan hatte den Rest seines Lebens der Lösung des unlösbaren Problems der Habenichtse dieser Welt gewidmet.
In Washington hatte er seine immensen Fähigkeiten als Lobbyist und seine Verbindungen zu nützen versucht - um erkennen zu müssen, daß seine neuen Projekte in der Beliebtheit neben denen verblaßten, für die er sich früher stark gemacht hatte. Als er noch Advokat der Reichen und Mächtigen auf dem Capitol Hill gewesen war, hatten die Politiker ihn lächelnd begrüßt - zweifellos in Erwartung von Wahlkampfspenden und anderen Zuwendungen. Nun zeigte man ihm die kalte Schulter.
Einige Kongreßabgeordnete brüsteten sich sogar damit, nicht mal einen Reisepaß zu besitzen und erklärten, die Vereinigten Staaten würden schon jetzt viel zuviel Entwicklungshilfe zahlen. Wir haben schon genug Arme bei uns zu Hause, erklärten sie, und wir sollten uns erst mal um sie kümmern.
Doch am häufigsten bekam Buchanan zu hören: »Was soll mir das einbringen, Danny? Warum sollten meine Wähler in Illinois mir wieder ihre Stimme geben, wenn ich etwas gegen den Hunger in Äthiopien unternehme?« Buchanan war von einem Büro zum anderen geschickt worden und hatte meist nur mitleidige Blicke geerntet: Danny Buchanan, der vielleicht größte Lobbyist, den es je gegeben hatte, war senil geworden, wirr im Kopf. Eine traurige Geschichte. Sicher, es ist eine gute Sache, sich für die Armen einzusetzen und so weiter, wer würde das bestreiten? Aber jetzt komm wieder auf den Teppich, Danny. Afrika? Sterbende Säuglinge in Südamerika? Mann, ich hab’ hier meinen eigenen Scheiß am Hals.
»Hör mal, Danny, wenn es nicht um Handel, Militär oder Erdöl geht - warum, zum Teufel, verschwendest du meine Zeit?« hatte ein hoch angesehener Senator geantwortet und damit wahrscheinlich den Grundsatz der amerikanischen Außenpolitik auf einen Nenner gebracht.
Sind sie wirklich alle so blind, fragte Buchanan sich unaufhörlich. Oder bin ich so ein Narr?
Schließlich war er zu dem Schluß gelangt, daß ihm nur eine Möglichkeit blieb. Sie war zwar ungesetzlich, aber wer an den Abgrund gedrängt wurde, durfte in der Wahl seiner Mittel nicht zimperlich sein: Buchanan setzte sein gesamtes Vermögen aufs Spiel, das er im Lauf der Jahre angehäuft hatte, und ging dazu über, gewisse Politiker in Schlüsselpositionen zu bestechen, um sich ihrer Unterstützung zu versichern. Es hatte hervorragend geklappt. Die Hilfe für seine Schützlinge nahm auf unterschiedlichste Weise zu. Selbst als Buchanans Vermögen aufgebraucht war, sahen die Dinge positiv aus, waren zumindest nicht schlechter geworden - sofern man es nicht schon als Erfolg wertete, wertvolles, hart erkämpftes Terrain zu halten. Alles hatte bestens funktioniert, bis vor etwa einem Jahr ...
Wie aufs Stichwort riß ihn ein Klopfen an der Bürotür aus seinen Gedanken. Das Gebäude war geschlossen, das Reinigungspersonal längst gegangen. Buchanan blieb
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