Die Verschwörung
die kleinsten Kleinigkeit aus der Vergangenheit des Bewerbers aus, und mochten sie noch so unwichtig sein. Sie sprachen mit jedem, den der Bewerber kannte. Alle fünf Jahre wurden die Mitarbeiter routinemäßig einer gründlichen Überprüfung unterzogen. Zwischendurch wurde jede verdächtige Handlung und jede Beschwerde von außen, die Fragen über einen Mitarbeiter aufwarf, den Sicherheitsbeamten der einzelnen Abteilungen gemeldet. Gott sei Dank war Brooke noch nie so etwas passiert. Ihre Akte war sauber.
Vermutete man eine undichte Stelle oder ein Sicherheitsvergehen anderer Art, wurde die Sache höchstwahrscheinlich vom OPR untersucht, einer gefürchteten Abteilung des Innenministeriums, die »unkorrektes Verhalten von FBI-Agenten« unter die Lupe nahm; der verdächtige Mitarbeiter wurde sogar einem Lügendetektortest unterzogen. Außerdem war das FBI ständig auf der Suche nach Anzeichen, die dafür sprachen, daß ein Mitarbeiter übermäßige private oder berufliche Probleme hatte, die ihn für Bestechung oder Beeinflussung durch Dritte empfänglich machen konnte.
Brooke wußte, daß es Connie finanziell gutging. Seine Frau war zwar vor Jahren nach einer langen Krankheit gestorben, die Connies Ersparnisse aufgezehrt hatte, aber er wohnte in einem hübschen Haus, das viel mehr wert war, als er einst dafür bezahlt hatte. Seine Kinder hatten das College absolviert, und seine Pension war ihm sicher. Er konnte sich auf ein angenehmes Rentnerdasein freuen.
Brooke selbst und ihre finanzielle Lage hingegen waren in grottenschlechtem Zustand. Studium für die Kinder? Nicht dran zu denken. Sie konnte sich glücklich schätzen, wenn sie ihnen weiterhin den Besuch einer privaten Grundschule zahlen konnte. In Kürze würde sie auch das Haus nicht mehr ihr eigen nennen; es wurde im Zuge der Scheidung verkauft. Die Eigentumswohnung, die Brooke im Auge hatte, besaß ungefähr die Größe der Bude, die sie nach ihrem Abgang vom College gemietet hatte. Für einen Single war es dort gemütlich. Aber eine Erwachsene und zwei lebhafte Kinder konnten die Gemütlichkeit leicht in ein Chaos verwandeln. Und konnte sie sich die Tagesmutter dann noch leisten? Aber was blieb ihr angesichts ihrer Arbeitszeiten anderes übrig? Sie konnte die Kinder abends ja nicht allein lassen.
In jeder anderen Firma hätte sie vermutlich schon auf der Abschußliste gestanden. Aber beim FBI war die Scheidungsrate so hoch, daß Brookes kaputte Ehe das Radar der Organisation nicht mal zum Piepsen brachte. Eine Laufbahn beim FBI war für ein glückliches, normales Leben eben nicht geeignet.
Sie blinzelte; dann bemerkte sie, daß Connie sie noch immer anschaute. Verdächtigte er sie tatsächlich, die undichte Stelle zu sein? Hielt er sie für schuldig an Ken Newmans Tod? Brooke wußte, daß einiges gegen sie sprach. Ken war ausgerechnet an dem Abend ums Leben gekommen, an dem er sie vertreten hatte. Sie wußte, daß Paul Fisher so dachte, und sie war ziemlich sicher, daß Connie nun auch so empfand.
Sie riß sich zusammen. »Im Moment«, sagte sie, »kommen wir, was die undichte Stelle betrifft, nicht weiter. Konzentrieren wir uns also auf das Machbare.«
»Gut. Wie sieht unser nächster Schritt aus?«
»Wir treiben die Ermittlungen so energisch wie möglich voran. Wir stöbern Faith Lockhart auf. Hoffen wir, daß sie ihre Kreditkarten benützt, wenn sie Flug- oder Eisenbahntickets kauft. Tut sie es, haben wir sie. Wir sollten uns wenigstens bemühen, den Mörder zu finden. Buchanan muß beschattet werden. Wir müssen das Videoband rekonstruieren, damit wir wissen, wer im Haus war. Ich möchte, daß du als Verbindungsmann zur VCU arbeitest. Es gibt viele lose Fäden bei der Sache, aber wenn wir nur einen oder zwei zu fassen kriegen, könnten wir uns daran entlanghangeln.«
»Ist das nicht immer so?«
»Momentan sitzen wir wirklich in der Klemme, Connie.«
Connie nickte nachdenklich. »Ich habe gehört, daß Fisher hier war. Dachte mir schon, daß er vorbeikommt.«
Brooke antwortete nicht, also sprach Connie weiter.
»Vor dreizehn Jahren habe ich mal gemeinsam mit der Drogenfahndung eine verdeckte Ermittlung in einer Rauschgiftsache in Texas geleitet. In Brownsville.« Er hielt kurz inne, als überlegte er, ob er weiter erzählen solle. »Unser offizielles Ziel bestand darin, den Strom des Kokains zu unterbrechen, das über die mexikanische Grenze kam. Unser inoffizielles Ziel war, die Sache so durchzuziehen, daß die mexikanische Regierung nicht
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