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Die Verschworenen

Die Verschworenen

Titel: Die Verschworenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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zugesteckt hat.
    Unsere letzte Lektion war die wichtigste, tippe ich. Ich habe sie nicht vergessen und das werde ich auch nie .
    Abschicken. Jetzt bin ich ruhiger. Es ist, als würde Grauko mir wieder beistehen.
    Ein paar Dinge habe ich in dieser Nacht noch zu erledigen. Ich verstecke einen Beutel mit meiner Habe in dem Materiallager gegenüber von Andris’ Zimmer, auch die vier Flaschen Alkohol deponiere ich dort. Dann gehe ich zurück in Albinas Dienstzimmer und hole den Schlüssel für die Bereitschaftsapotheke, die im gleichen Gang liegt.
    Narcovac ist zu stark und muss außerdem intravenös verabreicht werden – dagegen gibt es Dormodon als Tropfen. Geschmacksneutral, wie das Etikett verspricht. Perfekt. Ich nehme ein Fläschchen an mich.
    Als ich in das Dienstzimmer zurückkehre, meldet das Datenterminal bei einem der Patienten eine beunruhigend hohe Herzfrequenz. Noch nicht lange, hoffe ich.
    Ich wecke Albina, sie verabreicht dem Mann Betablocker und befindet dann, dass es schon zu spät ist, um sich noch einmal hinzulegen.
    Den Rest der Nacht erzählt sie mir Anekdoten aus ihrer Studienzeit und will im Gegenzug dafür Geschichten aus meinem Leben als natürlich Gezeugte hören, doch ich zucke nur die Schultern und erkläre, das sei nicht interessant.
    Ich will sie nicht mehr anlügen als unbedingt nötig.

36
    Schlafen. Das muss sein, wenn ich in der kommenden Nacht alle meine Sinne beisammenhaben will, doch mehr als sechs Stunden schaffe ich leider nicht. Den Rest des Tages verbringe ich damit, mich von der Sphäre zu verabschieden. Es ist kein sehr schmerzlicher Prozess, ich hänge hier nur an Albina, ein wenig vielleicht auch an Osler.
    Und je näher der Abend kommt, desto mehr bedrückt es mich, Aureljo und Dantorian zurücklassen zu müssen. Aber selbst wenn ich ihnen reinen Wein einschenken würde, mit seiner Knöchelverletzung könnte Aureljo nicht fliehen. Es ist schon zu zweit gefährlich; zu viert wäre es Wahnsinn.
    Trotzdem schleiche ich mich zum Zeitpunkt unserer täglichen Treffen nach Kuppel 7, doch ich nähere mich von der anderen Seite. Und sehe ihn auf der Bank sitzen, neben sich zwei einfache Krücken, das bandagierte Bein ausgestreckt.
    Ganz kurz nur ringe ich mit mir. Es wäre eine Erleichterung, meine Schlussfolgerungen mit Aureljo teilen zu können. Seine Meinung zu hören, wenn er den ersten Schock überwunden hat.
    Aber ich entscheide mich dagegen. Das Letzte, was ich jetzt gebrauchen kann, ist jemand, der mich verunsichert und meine Pläne anzweifelt. Was Aureljo tun würde, schon um mich zum Bleiben zu bewegen.
    Langsam und ohne den Blick von ihm zu lassen, kehre ich zum Kuppelausgang zurück. Wieder ein Abschied, wieder unausgesprochen.
    Kurz nach Schichtwechsel ist die beste Zeit, um mein Versteck im Materiallager aufzusuchen. Alle sind beschäftigt und niemandem, der mir auf dem Gang begegnet, fällt auf, dass ich eigentlich gar keinen Dienst habe.
    Ich prüfe, ob noch alles da ist, was ich vergangene Nacht in den hintersten Regalecken deponiert habe, dann setze ich mich auf den kleinen Hocker, der als Trittstufe zum Erreichen der höher gelegenen Regale dient.
    Eine Stunde sollte ich warten, mindestens.
    Jedes Mal wenn ich draußen Schritte höre, stehe ich auf und tue so, als würde ich etwas suchen. Doch zu meiner Erleichterung laufen alle vorbei.
    Dann ist es so weit. Bevor ich den Lagerraum verlasse, setze ich Sindra Holuns freundlich nichts ahnendes Gesicht auf. Ich bin einfach gestrickt, schüchtern und habe ein Anliegen.
    Behrsen hat die Beine auf den Tisch gelegt und sein Terminal auf dem Schoß, das ihm vor Schreck fast zu Boden fällt, als ich das Zimmer betrete.
    »Entschuldigung«, flüstere ich. »Ich hätte geklopft, aber ich wollte nicht, dass mich jemand hereinkommen hört.«
    Er hat sich wieder gefangen und schüttelt beschwichtigend den Kopf. »Schon gut. Ich dachte, du hättest heute keinen Dienst?«
    »Habe ich auch nicht.« Ich knete verlegen meine Hände. »Aber ich dachte, ich helfe Ihnen trotzdem.«
    Seine Augenbrauen wandern überrascht nach oben. »Aha? Ich wusste gar nicht, dass ich dir so sympathisch bin.«
    »Hm, na ja, schon … Aber eigentlich«, ein hilfloser Blick zu ihm, dann zu Boden. »Ich habe mir überlegt … Wenn ich Ihnen bei den Nachtdiensten helfe, dann können Sie mich vielleicht mitnehmen? Ich würde gern in eine andere Sphäre, in eine bessere. Ich möchte nicht bis zum nächsten Arbeiterwechsel hierbleiben müssen. Vienna 2

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