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Die Verschworenen

Die Verschworenen

Titel: Die Verschworenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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bisher niemandem gezeigt. Der richtige Moment hat sich einfach noch nicht ergeben.
    Während ich aus der Matratze und den zusätzlichen Decken, die Bojan heute Morgen gemeinsam mit dem Frühstück hergebracht hat, ein möglichst bequemes Lager für Tomma baue, berichte ich ihr von all den Entdeckungen, die ich bisher im Tiefspeicher gemacht habe, wobei ich die Chronikseiten nicht erwähne. Dafür aber die zahlreichen Werke über Pflanzen, die uns völlig fremd sind – Orchideen zum Beispiel. Ich beschreibe ihr die Farben und Formen der Blüten, bis sie lächelt.
    »Morgen bringe ich dir das Buch mit, dann kannst du sie dir selbst ansehen.«
    Tomma erwägt das kurz, bevor sie den Kopf schüttelt. »Bring mir besser etwas, das nützlich ist. Etwas über Landwirtschaft, über Saatgut oder Frostschutztechniken. Wir sind noch nicht so weit, dass wir uns die Köpfe mit Luxusthemen zukleistern sollten.«
    »In Ordnung.« Der Beutel mit dem Pulver ist so gut wie voll und ich versuche, die gleiche Menge davon in den Becher zu schütten wie Quirin gestern. Dann Wasser drauf und verrühren.
    »Was ist das?« Tomma runzelt die Augenbrauen.
    »Medizin von Quirin. Er war letzte Nacht hier, als es dir schlecht ging, und nachdem du seine Mixtur getrunken hattest, wurde es besser.«
    Sie nimmt den Becher entgegen, aber ihre Hand zittert und ich stütze sie.
    Gestern hat Tomma den Geschmack des Gebräus nicht wahrgenommen; heute verzieht sie angeekelt das Gesicht. »Widerlich. Hat Quirin gesagt, was da drin ist?«
    »Nein.« Ich nehme mir vor, ihn zu fragen, wenn ich ihn das nächste Mal sehe. »Aber es senkt das Fieber, wie es scheint.«
    Sie trinkt aus und schüttelt sich. »War er allein hier? Quirin, meine ich.«
    Sie hofft immer noch, dass Yann sie besucht. Ich streiche mir das Haar zurück, um Zeit zu gewinnen. Hat sie vergessen, dass er denkt, wir wären unzählige Tagesmärsche entfernt? Selbst wenn er Sehnsucht hätte, was ich bezweifle, könnte er im Moment gar nicht herkommen, verletzt, wie er ist. Ich überlege, ob ich Tomma von dem Pfeil in seiner Schulter erzählen soll, beschließe aber, dass es besser ist, so zu tun, als hätte ich den wahren Sinn ihrer Frage nicht verstanden.
    »Ja, erst war Quirin allein, später ist Fiore noch gekommen. Sie haben im Moment ziemlichen Ärger mit den Scharten.«
    Tomma schließt die Augen. »Yann hasst die. Er hat oft zu mir gesagt, dass er gern jedem von ihnen eine Scharte in den Hals schnitzen würde, bis zur Halswirbelsäule …«
    Das klingt ganz nach Yann. Vermutlich haben sich nach dem gestrigen Kampf seine Gefühle für den feindlichen Clan noch vertieft.
    »Ich weiß, du magst ihn nicht.«
    Ich müsste lügen, wenn ich ihr widersprechen wollte. Egal was ich auf ihre Feststellung hin entgegne, es hat das Potenzial, einen Streit auszulösen. Den ich mit großer Sicherheit gewinnen würde, bedenkt man meine Ausbildung und Tommas Zustand. Also nehme ich nur ihre Hand.
    »Ich verstehe das sogar«, fährt sie fort. Ihre Stimme wird leiser – ist das wieder Quirins Pulver, dessen Wirkung einsetzt? »Man muss ihn besser kennen. Dann ist er zwar immer noch ein grober Kerl ohne Manieren«, sie lächelt, »ein richtiger Prim eben. Aber er hat mir gezeigt, wie man das Leben mit beiden Händen packt und sich das nimmt, was man möchte.«
    Tomma hält inne, das Reden strengt sie an.
    »In den Sphären … haben wir immer nur getan, was man uns gesagt hat. Genau so, wie man es uns gesagt hat. Dafür haben wir Punkte bekommen und Essen und …« Sie hustet. Ich helfe ihr in eine sitzende Position und klopfe sanft zwischen ihre Schulterblätter, bis sie wieder Luft bekommt, dann lege ich sie wieder hin.
    »Ich weiß, was du meinst. Es stimmt, wir haben alles getan, was sie wollten, alles geglaubt. Vermutlich ist das der Preis für Wärme und Sicherheit.«
    Tomma reagiert nicht, sie hat ihren Kopf zur Seite gedreht und ihr Atem gleitet in den langsamen, tiefen Rhythmus des Schlafs. Ich richte ihr die Decke, mehr kann ich im Moment nicht tun. Außer vielleicht ein wenig aufräumen.
    Ich bin dabei, die Wasserkanister in Reih und Glied an der Wand aufzureihen, als ich spüre, dass jemand das Gewölbe betreten hat. Gehört habe ich nichts, aber ich fühle ganz deutlich eine weitere Person im Raum. Alarmiert drehe ich mich um, frage mich, was ich tun soll, wenn doch ein Schlitzer den Weg unter die Stadt gefunden hat.
    Aber es ist Sandor, der unbeweglich im Eingang steht, die Arme vor der

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