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Die Verschworenen

Die Verschworenen

Titel: Die Verschworenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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Brust verschränkt. Er betrachtet Tomma, sein Blick ist nachdenklich.
    »Ich wollte dich nicht erschrecken«, sagt er leise, als ich ihn näher winke. »Quirin meinte gestern, es ginge ihr nicht gut; ich bin hier, um mir selbst ein Bild zu machen.«
    Tomma seufzt im Schlaf, dreht sich zur Seite.
    »Ich habe den Eindruck, es ist besser geworden«, erwidere ich. »Sie hat nicht mehr so hohes Fieber und war auch wieder klar im Kopf. Wahrscheinlich wäre alles halb so schlimm, wenn wir richtige Medikamente zur Verfügung hätten.«
    Sandors gespaltene Augenbraue wandert nach oben. »Deshalb bin ich hier. Wir haben erfahren, dass in den nächsten Stunden ein Transport per Magnetbahn hier in der Nähe vorbeikommt, der Arzneimittel geladen hat. Ich denke, wir werden ihn ausräumen.«
    Ist das ein anderes Wort für überfallen? Ja, vermutlich. Mein Erstaunen verberge ich hinter einer höflich interessierten Miene. »Wegen Tomma? Das finde ich sehr großzügig.«
    »Nicht nur ihretwegen, wir brauchen auch selbst einiges, vor allem Verbandsmaterial und Wunddesinfektionsmittel. Aber ich würde euch zur Verfügung stellen, was ihr für Tomma verwenden könnt.«
    »Danke.« Und dann, nach einer kleinen Pause, kann ich es mir nicht verkneifen. »Warum?«
    Sandor rückt den langen Bogen zurecht, den er quer über dem Rücken trägt. »Ihr seid in der Obhut des Clans. Ich fühle mich für euch verantwortlich, wie Quirin.«
    So wie ich erst vor wenigen Minuten, befühlt er Tommas Stirn. Seine Hand hebt sich fast dunkel von ihrem blassen Gesicht ab.
    »Wie groß ist das Risiko bei einem solchen Überfall?« Sosehr ich mir die Medikamente wünsche, so wenig möchte ich, dass jemand von den Dornen dafür sein Leben lässt.
    »Kommt darauf an. Wir sind wirklich schnell. Wenn der Magnetfluss erst einmal unterbrochen ist, entsperren sich die Ladeklappen von selbst. Immer noch – ich weiß nicht, wieso die Lieblinge das nicht ändern. Dann plündern wir die Laderäume, so rasch wir können, und sobald die Sentinel aus der Bahn springen, machen wir uns davon. Sie sind immer im vordersten Abteil, nie bei den Transportgütern. Aus Angst oder Geiz, weil sie nicht die ganze Bahn heizen wollen.« Er sucht meinen Blick und hält ihn fest, er will, dass ich ihm glaube, was er als Nächstes sagen wird. »Wir sind nicht auf Kampf aus. Nie. Wir vermeiden ihn, wo wir können.«
    Natürlich, weil eure Waffen unterlegen sind. Ich spreche den Gedanken nicht aus, wozu Sandor provozieren? »Haltet Ausschau nach großen weißen Schachteln mit blauen Streifen. Wie viele von euch können lesen?«
    »Einige. Ich zum Beispiel. Hennik. Ramon. Und Lennis natürlich.«
    Natürlich. Als ehemaliger Sphärenbewohner hat er es auf jeden Fall gelernt.
    »Gut. Wenn ihr euch entscheiden müsst, dann nehmt Packungen mit der Aufschrift Tetracyclin oder Erythromycin.« Ich durchforste mein Gedächtnis nach weiteren Namen. »Vancomycin wäre auch fantastisch.«
    Halb rechne ich damit, dass Sandor mir einen Vogel zeigen oder zumindest von mir verlangen wird, dass ich ihm die Worte aufschreibe. Aber er nickt nur und wiederholt die drei Namen dann fehlerfrei.
    »Richtig«, sage ich, ohne meine Anerkennung zu verbergen. »Das sind alles Antibiotika. Helfen gegen Infektionen, die durch Bakterien hervorgerufen werden.«
    »In Ordnung. Wir werden tun, was wir können.« Er geht ein paar Schritte zur Tür, bleibt dort stehen und dreht sich noch einmal um. »Brauchst du auch etwas für dich? Kleidung und Werkzeug nehmen wir immer mit, wenn wir können, aber falls es etwas aus den Sphären gibt, das du besonders vermisst …«
    Das Angebot ist mehr als großzügig und wird so schnell nicht wiederkommen. Ich denke ernsthaft darüber nach und stelle zu meinem eigenen Erstaunen fest, dass mir nichts einfällt. Ein frisch bezogenes Bett in einem geheizten Raum wird Sandor nicht für mich stehlen können, also schüttle ich den Kopf. »Ich habe Essen, Bücher und dank dir seit gestern sogar Licht. Mir fehlt nichts.«
    »Gut.« Er geht durch die Tür und verschwindet in der Dunkelheit, ohne sich zu verabschieden.
    »Die Ernte wird gut dieses Jahr«, sagt Bojan.
    »Die Ernte wird gut dieses Jahr«, wiederholt Aureljo.
    Es ist Abend. Bojan hat uns nicht nur Essen gebracht, sondern er ist geblieben, um mit Aureljo Sprachübungen zu machen. Wenn er unter den Bewohnern von Vienna 2 möglichst wenig auffallen will, kann es nicht schaden, so zu klingen wie einer von ihnen. Das wird die Fragen

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