Die Verschworenen
Beutezug bedenklich gefunden.« Er beginnt zu lachen. »Dass uns das passiert! Giftköder, ausgerechnet! Und wir hatten nicht den geringsten Verdacht. Eine Schande, findest du nicht, Vilem?«
Der Fürst teilt Quirins Heiterkeit nicht, im Gegenteil. Über seiner Nasenwurzel bildet sich eine Falte, tief wie ein Krater. »Bisher war nie Gift in erbeuteter Ware.«
Nur mit Mühe kann Quirin seine Belustigung zügeln. »Natürlich nicht. So etwas geschieht nur ein Mal, denn wenn gründlich gearbeitet wurde, sind hinterher alle tot und ein zweiter Schlag ist nicht mehr nötig. Möglicherweise hat Ria gerade eben die Ausrottung unseres Clans verhindert.«
Vilems Gesichtsausdruck verfinstert sich weiter. »Umso mehr denke ich, dass ich recht hatte, vorhin. Und du unrecht.«
»Mein Freund.« Quirin tritt auf den Clanfürsten zu und umarmt ihn. Einen Moment lang stehen sie da wie zwei Menschen, die sich seit Jahren zum ersten Mal wieder begegnen. Oder die für lange Zeit Abschied voneinander nehmen.
Vilem löst sich als Erster aus der Umarmung und geht einen Schritt zurück. Zittert sein Kinn tatsächlich? »Ich weiß nicht, ob ich dir in dieser Sache beistehen kann. Ich dachte, ich könnte es, aber –«
Nun lacht Quirin nicht mehr. »Es ist keine Frage des Könnens. Du hast es geschworen.«
Ich würde viel darum geben, zu erfahren, worum es in dem Gespräch eigentlich geht, aber keiner der beiden würde es mir verraten, egal wie trickreich ich vorgehe.
Vilem öffnet den Mund und schließt ihn wieder, ganz offensichtlich sucht er nach etwas, das er Quirins Argument entgegensetzen könnte. »Wenn du wüsstest, wie zuwider mir das alles ist«, murmelt er. Sein Protest prallt an Quirins ungerührter Miene ab.
Du hast es geschworen .
Er sieht mich an, als könnte ich ihm helfen, bis ihm offenbar klar wird, wie sinnlos das ist. Schließlich dreht er sich um und geht zur Tür. »Erinnerst du dich noch an Soran?«
Ein wehmütiges Lächeln erscheint auf Quirins Lippen und verschwindet sofort wieder. »Natürlich. Wir sind Freunde. Das waren wir immer.«
Unter Vilems Druck öffnet sich die große Tür mit einem Knarzen. »Ich fürchte, das wirst du bald nicht mehr sagen können.«
Nachdem ich meine Warnung losgeworden bin, kehre ich zurück in den Tiefspeicher, doch ich kann mich nicht auf meine Arbeit konzentrieren. Ich wüsste unglaublich gern, was Fürst Vilem geschworen hat und wieso er seinen Schwur gegenüber Quirin plötzlich nicht mehr halten will.
Ich befürchte, es geht wieder einmal um uns. Um unseren Unterschlupf, den Vilem uns nicht mehr guten Gewissens gewähren kann, ohne seinen Clan zu gefährden – aber dieser ominöse Eid zwingt ihn dazu.
Selbst als Quirin ihm vor Augen geführt hat, dass meine Warnung die Dornen vor dem Gifttod bewahrt haben könnte, war das kein Grund, den er gelten lassen wollte.
Gedankenverloren suche ich nach Büchern über Ackerbau oder Ähnliches, ich will mein Versprechen Tomma gegenüber halten. Keine Orchideen. Etwas, das nützlich ist.
Stattdessen finde ich etwas anderes. Ein Buch mit dem Titel Falknerei – ein Nachschlagewerk für Prüfung und Praxis . Beim Durchblättern stoße ich auf das Bild eines Sakerfalken, der Kelvin zum Verwechseln ähnlich sieht. Die weißen Federn mit den schwarzen Sprenkeln, der gelbe Schnabel.
Sandor kann lesen, das hat er letztens selbst bestätigt, und ich werde das Buch für ihn mitnehmen. Es ist nur ein kleines Geschenk im Vergleich zu der Lampe, die ich von ihm bekommen habe, aber ich hoffe, es wird ihn freuen.
Dafür dauert es Stunden, bis ich endlich ein Buch finde, das Tomma interessieren könnte. Getreide- und andere Körnerfruchtarten. Bedeutung, Nutzung und Anbau . Das klingt vielversprechend.
Ich klemme es mir zusammen mit dem Falkenbuch unter den Arm und beschließe, es damit für den Moment gut sein zu lassen. Ich glaube nicht, dass ich heute noch einen Teil von Jordans Chronik finden werde, dafür bin ich zu sehr abgelenkt von den Ereignissen der letzten Stunden, und mir graut ein wenig vor den fleckigen, verklebten Büchern, die ich mir als Nächstes vornehmen sollte.
Also tue ich, was ich gestern schon tun wollte: die Gänge erkunden und die Stadt unter der Stadt besser kennenlernen.
Das ist wichtig, sage ich mir, während ich den Lichtstrahl meiner Lampe über die Wände gleiten lasse. Alter Ziegel, braunrot wie getrocknetes Blut. Ich will mich orientieren können, denn was, wenn wir plötzlich fliehen müssen?
Es
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