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Die Verschworenen

Die Verschworenen

Titel: Die Verschworenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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Rücken und drückt mir den leichteren, schlankeren in die Hand. »Siehst du die Holzwand dort?« Allerdings. Ich sehe außerdem, dass jemand mit weißer Kreide die Umrisse von Tieren daraufgezeichnet hat. Ein Hirsch, ein Wildschwein, ein Wolf, ein Hase. Alle gut erkennbar.
    Wir beginnen mit dem Hirsch, er ist am größten. Sandor zeigt mir, auf welche Stellen ich zielen soll, räumt aber gleichzeitig ein, dass ich ein solches Tier kaum allein würde erlegen können. »Ebenso wenig wie ein Wildschwein. Du müsstest unverschämtes Glück haben und es sofort tödlich treffen. Niemand von uns jagt so starke Tiere alleine.«
    Zu Beginn ziele ich auf den Hirsch und treffe den Wolf. Beim dritten Schuss steckt mein Pfeil immerhin schon drei Handbreit über dem Rücken des Hirsches, beim vierten in seinem Hals.
    »Gut. Jetzt das Schwein.«
    Ich mache spaßeshalber das Handzeichen für Wildschwein, das Sandor mir beigebracht hat. Er lächelt und antwortet mit einer blitzschnellen Abfolge von Fingerbewegungen. Ich erkenne kein einziges Zeichen.
    »Ich sagte: Üben, keine Ablenkungen. Ohne Konzentration ist Erfolg bloß Zufall.«
    Der Satz hätte von Grauko stammen können. Ich stelle mich wieder in Position, ziele auf die Schulter des Wildschweins. Verfehle sie. Ziele wieder.
    Sandor ist hinter mich getreten. Er korrigiert meine Fingerstellung, hebt meinen rechten Ellenbogen leicht an. »Atme ein, dann atme ruhig aus. Visiere dein Ziel an und schieße.«
    Ich tue, was er sagt, und der Pfeil bohrt sich in die imaginäre Schulter des Wildschweins.
    »Na also. Gar nicht so ungeschickt.«
    Ich drehe mich halb zu ihm um und ziehe eine Grimasse. »Danke, Than.«
    »Gerne, Liebling.« Er hat meinen Ellenbogen noch nicht wieder losgelassen. »Es gibt noch etwas, das du wissen solltest.«
    »Und zwar?«
    »Du hattest recht mit deiner Vermutung. Von den sieben Säcken mit Mehl waren zwei vergiftet. Einer der Zuckersäcke ebenfalls.«
    Ich beiße mir auf die Unterlippe. Obwohl ich selbst es war, die diesen Verdacht in den Raum gestellt hat, habe ich bis zu diesem Moment nicht daran geglaubt, dass die Sphären so widerliche Methoden anwenden würden, um die Clans loszuwerden. Sie müssen wissen, dass sie damit nicht nur Krieger und Jäger töten, sondern auch alte Frauen und kleine Kinder. Babys.
    Ein Teil von mir fühlt sich offenbar immer noch den Sphären zugehörig, denn ich könnte in den Boden versinken vor Scham. Es macht ganz den Eindruck, als würde Sandor das merken.
    »Ich danke dir«, sagt er. »Es hätten nicht viele von uns überlebt. Wir haben Boten ausgeschickt, um die anderen Clans zu warnen.«
    »Wie …« Ich räuspere mich, damit meine Stimme nicht kippt. »Wie habt ihr es herausgefunden?«
    »Mithilfe von Ratten. Wir haben ihnen Mehl- und Zuckerproben zu fressen gegeben. Drei Tiere waren innerhalb einer Stunde tot; die anderen sind immer noch bei bester Gesundheit.« Sandor nimmt mir den Bogen aus der Hand und dreht mich zu sich herum. »Du gehörst nicht mehr zu den Sphärenmenschen und du trägst keine Verantwortung für ihre Absichten. Im Gegenteil. Du hast verhindert, dass sie Erfolg hatten.«
    Dass er das noch einmal betont, hilft mir, obwohl ich das Gefühl nicht loswerde, es hätte ohne uns gar keinen Giftanschlag gegeben. Dank Fleming wissen die Exekutoren, dass wir Kontakt zum Clan Schwarzdorn hatten.
    »So.« Sandor drückt mir den Bogen wieder in die Hand. »Es geht weiter. Rücken gerade, Ellenbogen hoch.«
    Wir üben mindestens eine Stunde, am Ende bin ich schweißgebadet und die Sonne ist bereits unverantwortlich weit über den Himmel gewandert. Aber ich habe viermal den Hasen getroffen. Zum ersten Mal seit Langem fühle ich mich mit mir und der Welt im Reinen.
    »Es wird heute ein schöner Tag«, sage ich, bestens gelaunt, als wir den Weg nach unten antreten und ich einen letzten Blick in den blauen Himmel werfe, auf dem weiße Wolkenflocken treiben.
    Noch nie zuvor habe ich mich so furchtbar geirrt.

10
    Es sind bereits alle wach, als wir ins Gewölbe zurückkehren, und knien um Tommas Lager, halten sie, versuchen, ihr beim Atmen zu helfen.
    »Wo warst du?« Tycho ist aufgesprungen und zerrt an meinem Ärmel, schubst mich förmlich auf Tomma zu.
    Sie sieht schrecklich aus. Wachsweißes Gesicht, bläuliche Lippen.
    Aureljo hält ihren Oberkörper halb aufrecht und klopft ihr leicht zwischen die Schulterblätter, versucht, ihre Atemwege frei zu bekommen, aber das scheint nicht zu helfen. Sie ringt

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