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Die Verschworenen

Die Verschworenen

Titel: Die Verschworenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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unkontrollierten Welt zu sein.
    Etwa eine halbe Stunde lang bleibe ich bei der Hecke, überlege mir, an welcher Stelle ich sie durchqueren würde, wenn ich es müsste. Kratze Rinde von einem Baum und stecke sie in meine Tasche, um an dem daran klebenden Harztropfen riechen zu können, wann immer ich möchte. Beobachte einen kleinen schwarzen Vogel, der Nahrung vom Boden aufpickt.
    Nur weil die Bücher unter meinem Arm lästig zu werden beginnen und weil ich das Gefühl habe, mein Glück zu sehr zu strapazieren, steige ich schließlich wieder in die Unterwelt hinab, voller Wehmut.
    Ein Ausbruch in die Freiheit. Ganz sicher nicht mein letzter.

9
    Tomma freut sich von Herzen über das Buch. Sie sitzt aufrecht an der Wand und sieht besser aus als heute Morgen, ihre Augen sind nicht mehr so rot und das Fieber scheint weiter gesunken zu sein. Sie lächelt mich sogar an, das hat sie lange nicht getan. Nur ihr Husten klingt immer noch furchtbar, er kommt anfallartig und ist minutenlang nicht zu stoppen.
    Aureljo, der den ganzen Tag bei ihr verbracht hat, kann seine Erleichterung über mein Auftauchen kaum verbergen. Tomma habe den halben Tag geschlafen, berichtet er, und er habe nichts weiter tun können, als zu warten, bis seine Hilfe wieder benötigt wurde.
    Untätigkeit ist etwas, das er schlecht erträgt.
    Bevor er beginnen kann, mir Fragen über meinen Tag zu stellen, hole ich endlich die neue Seite aus der Chronik hervor und zeige sie ihm.
    »Das ist der Beweis.« Aureljo deutet auf das Ende der Seite. »Er nennt uns seinen Namen und die seiner Gefährten – Dhalion, Laveran, Chendar und Porter. Jetzt wissen wir mehr, Ria, sie sind geflohen, vielleicht haben sie das gleiche Schicksal erlitten wie wir …«
    Wer weiß. Einen Zusammenhang muss es geben, sonst hätte der farblose Sentinel das Buch nicht erwähnt, damals, bei seinem Gespräch mit Gorgias und Morus. Sind Sie sich der Bedeutung von Jordans Chronik bewusst?
    Vielleicht steht in der Chronik geschrieben, worin der Verrat besteht, den Jordan und seine Freunde begangen haben. Dann würde ich meine Hand dafür ins Feuer legen, dass uns genau das Gleiche vorgeworfen wird.
    Ich werde meine Anstrengungen, weitere Seiten zu finden, verdoppeln. Wenn ich Erfolg habe und wir endlich durchschauen, weswegen man uns töten will, lässt Aureljo hoffentlich von seinem Vorhaben ab.
    Tycho hat seine Blecharbeiten beendet, es sind zweiunddreißig eigenartige Figuren entstanden, die er an der Wand aufgereiht hat. Nun ist er dabei, mit Kreide ein Gittermuster auf den Boden zu malen. Ein Schachbrett, um genau zu sein. Als er fertig ist, stellt er die Figuren in Position. »Blank ist Weiß, rostig ist Schwarz«, erklärt er.
    Dantorian gewinnt die erste Partie, Tycho die zweite. Danach fordert jeder von ihnen Aureljo heraus und er besiegt sie beide, lächelnd und mühelos.
    Ihm dabei zuzusehen, macht mir Hoffnung. Vielleicht sind seine Chancen besser, als ich zu denken wage.
    »Liebling.«
    Ein Flüstern in meinen Träumen. Eine federleichte Berührung an meiner Schulter. Ich schrecke nicht auf, sondern gleite langsam vom Schlaf in die Wirklichkeit.
    Bis auf den gedämpften, kreisrunden Lichtschein vor mir ist es dunkel. Sandor hat ein Stück Tuch über seine Stablampe gespannt, sie leuchtet in dunklem Orange wie ein glühender Brocken Kohle.
    Ich versuche, lautlos zu sein. Hebe vorsichtig mein Gewand vom Boden auf. Auf dem Weg zur Tür setze ich meine Schritte behutsam. Nur Tycho knurrt im Schlaf und dreht sich auf die andere Seite.
    Erst draußen schlüpfe ich in meine Stiefel und hole meine eigene Lampe aus der Jackentasche. »Wohin gehen wir?«
    »Zu einem Platz, den du noch nicht kennst. Ich habe … etwas vorbereitet.« Er geht voraus, und falls das Vorbereitete eine Überraschung werden sollte, ist sie jetzt geplatzt, denn über seinem Rücken trägt er heute statt einem Bogen zwei.
    Wir verlassen die Stadt unter der Stadt nach einer halben Stunde, in der wir hauptsächlich Schienentunnel entlanggegangen sind, aber auch einige andere, die so schmal waren, dass ich mit ausgebreiteten Armen beide Seitenwände gleichzeitig berühren konnte.
    Eine rostige Wendeltreppe führt uns nach oben, wo eben die Morgendämmerung einsetzt. Sandors Ziel ist ein »Innenhof«, so nennt er es; ein Platz, umgeben von vier ganz gut erhaltenen Häusern.
    »Wenn du nicht mit Aureljo in die Sphären zurückwillst, musst du lernen, dich zu verteidigen und zu ernähren.« Er nimmt die Bogen vom

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