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Die Verschworenen

Die Verschworenen

Titel: Die Verschworenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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verzweifelt nach Luft, ihre Augen sind weit aufgerissen, ihr Blick fällt auf mich, hält mich fest.
    Sandor hat die Situation sofort erfasst. »Ich hole Quirin.« Er rennt nach draußen, das Hallen seiner Schritte im Gang wird bald von den erstickten Lauten übertönt, die Tomma von sich gibt.
    »Seit wann geht es ihr so schlecht?«
    »Vor einer halben Stunde hat es angefangen.« Tycho weint beinahe. »Zuerst hat sie noch in dem Buch gelesen, das du ihr mitgebracht hast, dann meinte sie, dass ihr das Atmen schwerfällt …«
    Und seitdem wurde es schlimmer und schlimmer. Ich kann es mir vorstellen. Und ich weiß, was passieren wird, wenn wir nicht schnell eine Möglichkeit finden, ihr zu helfen.
    »Was ist mit dem Pulver? Das hat bisher immer gewirkt, habt ihr es damit versucht?«
    Aureljo nickt. »Natürlich. Aber es wird einfach nicht besser.«
    Ich hebe den Beutel vom Boden auf, er ist immer noch halb voll. Meine Hände zittern und die erste Portion landet auf Tommas Jacke, doch die zweite kann ich ihr zwischen die weit geöffneten Lippen schieben.
    Atme, denke ich, komm schon, Tomma, atme, los!
    Mit einer Hand massiere ich ihre Kehle, damit sie besser schlucken kann. Hilft es? Aus ihrem Mund rinnt ein wenig Speichel, schaumig weiß. Ich wische ihn weg. Was soll ich jetzt tun, was kann ich noch tun? Am liebsten würde ich sie an den Schultern packen und schütteln, bis alles wieder normal ist, bis sie aufhört, dieses erstickte Röcheln von sich zu geben.
    Ich nehme ihre Hand, die eiskalt ist, aber Tomma zieht sie fort, sie beginnt um sich zu schlagen, sich aufzubäumen, in ihrem verzweifelten Ringen um Luft.
    »Das Medikament wirkt gleich, du wirst sehen«, rede ich auf sie ein. »Gleich geht es dir besser.«
    Ich weiß nicht, ob sie mich hört, doch sie sieht mich an. Kann nicht sprechen, aber ihre Hand rudert durch die Luft … Sie will mir etwas sagen, etwas zeigen, will, dass ich etwas verstehe …
    Ihre Gestalt vor meinen Augen verschwimmt und ich brauche meine ganze Kraft, um nicht wimmernd zusammenzusacken, so wie Dantorian. Nicht jetzt, jetzt muss ich begreifen, was Tomma meint, das ist es, was ich am besten kann, Signale anderer Menschen deuten, warum bin ich plötzlich so blind, so dumm, so …
    Sie wiederholt die Bewegung, immer und immer wieder. Deutet nach oben. Endlich verstehe ich sie.
    Als Quirin und Sandor eintreffen, hat Aureljo Tomma schon von ihrem Lager gehoben, trägt sie wie ein kleines Kind in seinen Armen.
    »Hast du noch etwas, womit du ihr helfen kannst?« Es ist eine rhetorische Frage, noch bevor ich sie gestellt habe, sehe ich die Antwort in Quirins Augen.
    Er geht zu ihr, fühlt ihre Stirn, streicht ihr über die Wange. An ihrer Brust muss er nicht horchen, jeder ihrer seltenen Atemzüge ist ein unüberhörbares Pfeifen.
    »Ich fürchte, nein«, sagt er leise.
    Wieder verschwimmt die Welt. Die Konturen von Quirins Gesicht lösen sich vor meinen Augen auf. »Dann bringt uns nach oben. Sie will hinaus. Macht schnell, bitte.«
    Quirin zögert, doch Sandor hat sich schon auf dem Absatz umgedreht. »Kommt mit«, ruft er uns über die Schulter zu. »Ich weiß, wohin wir gehen.«
    Wir folgen ihm; Aureljo mit Tomma als Erster, seine Schritte sind sicher und schnell, er gerät kein einziges Mal ins Stolpern, anders als Dantorian, der zwischen seinen Schluchzern selbst kaum Luft bekommt. Ich greife nach seinem Arm, ziehe ihn mit. Tycho ist hinter uns, ebenso wie Quirin. Eine kleine, hastige Prozession. Kurz darauf, höchstens fünf Minuten und drei Abzweigungen später, bleibt Sandor stehen. »Wir sind da. Lasst mich zuerst hinaufsteigen, ich will sichergehen, dass keine Gefahr droht.«
    Er läuft eine brüchige, schmale Steintreppe hoch. Etwas knirscht, quietscht. Licht fällt nach unten, warm und golden.
    »Alles in Ordnung, ihr könnt kommen. Aureljo, lass mich dir helfen.«
    Wir finden uns zwischen zwei Häusern wieder, einem gut erhaltenen und einem halb eingestürzten, auf einer schwarzen, glatten Fläche mit weißen Pfeilen, die immer darauf schließen lassen, dass hier früher Autos gefahren sind.
    Sandor führt uns ein Stück weiter, durch eine zerbrochene Haustür. Wir passieren eine dunkle Halle, von der aus Treppen nach oben führen, und kommen durch eine zweite Tür wieder ins Freie.
    Ein Hof, der dem ähnelt, in dem ich heute Morgen Bogenschießen geübt habe. Wie lange ist das her, eine Stunde, weniger? Es fühlt sich an wie eine Erinnerung aus einem anderen Leben.
    Jemand

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