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Die Verschworenen

Die Verschworenen

Titel: Die Verschworenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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zwischen den Bücherstapeln, direkt vor mir ist die leere Stelle, an der das Buch für Tomma gestanden hat. Getreide- und andere Körnerfruchtarten .
    Ich setze mich, ziehe die Knie an und schlinge die Arme um meinen Oberkörper. Jetzt wäre eine gute Gelegenheit, mich gehen zu lassen, aber meine Tränen haben sich zurückgezogen wie das Meer bei Ebbe. Am liebsten würde ich schlafen, einen oder zwei Tage lang, tief und traumlos. Ich lege mich hin und schließe die Augen, aber sofort sehe ich Tomma vor mir, wie sie ihre Hand ausstreckt und nach Yann ruft.
    Ausgerechnet. Nach diesem Widerling, der wahrscheinlich schuld ist an ihrem Tod. Seinetwegen musste sie im Schnee stehen, nur mit Socken an den Füßen, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt bereits erkältet war.
    Wenn wir die Infektion damals schon ernst genommen, Tomma dazu gebracht hätten, sich zu schonen und auszukurieren …
    Es ist auch unsere Schuld. Wir haben nicht eng genug zusammengehalten. Ich selbst war immer wieder ärgerlich auf sie, weil ich dachte, sie übertreibt und benutzt eine lächerliche Erkältung, um sich vor der Arbeit zu drücken.
    Ich versetze dem Bücherstapel, der meinem rechten Fuß am nächsten ist, einen Tritt. Mit einem dumpfen Krachen stürzt er ein, reißt einen zweiten mit. Im ersten Augenblick verspüre ich Erleichterung, doch sofort danach Scham. Es ist ein dummes und lächerliches Verhalten; nicht einmal die letztgereihten Studenten der Akademie würden sich je so unbeherrscht benehmen.
    Verschämt und voller Reue staple ich die Bücher wieder aufeinander, und da ich nun schon dabei bin, mache ich gleich weiter mit meiner Sortierarbeit. Sie beschäftigt meine Hände, lähmt meine Gedanken. Tut mir gut.
    Den Haufen mit fleckigen Büchern lasse ich unberührt, ich habe keine Lust, klebrige Seiten auseinanderzureißen. Ich suche etwas, das mich ablenkt. Schön wären Gedichtbände, Philosophie … Ich möchte ein Buch aufschlagen und darin einen Satz finden, der einen Lichtstrahl in diesen schwarzen Tag wirft.
    Das Beste, was mir unterkommt, sind einige schwere Bildbände, in denen alte Gemälde abgedruckt und erklärt sind. Sie ähneln in Format und Gewicht dem Buch, in dem ich die Abbildung des heiligen Hieronymus gefunden habe. Und einen Chronik-Teil.
    Vincent van Gogh , steht in Golddruck auf dem Leineneinband des ersten Bandes, den ich vom Boden aufhebe. Der Name ist mir ein Begriff, natürlich, ich habe mehrere Einheiten Kunstgeschichte belegt.
    Ich blättere es durch, es ist gut erhalten, manche der Seiten glänzen sogar noch. Bei der Sternennacht halte ich inne; dieses Gemälde bewegt etwas in mir. So habe ich mir als Kind die Lange Nacht vorgestellt: dunkel und geheimnisvoll, der Himmel voller Zeichen, die alles verheißen können, Glück oder Unheil, darunter die Häuser der Menschen und ihre Bewohner, die nichts tun können, außer nach oben zu blicken und das zu erwarten, was auf sie niederstürzen wird.
    Ich widerstehe der Versuchung, das Bild herauszureißen und einzustecken, aber ich stelle das Buch so ins Regal, dass ich es leicht wiederfinden kann.
    Das nächste. Die Malerei der Renaissance . Der Einband ist zerrissen, doch der Rest scheint intakt. Ich öffne es vorsichtig und es klappt wie von selbst auf, was kein Wunder ist, denn jemand hat etwas hineingelegt, wie ein Lesezeichen. Es ist eine weitere Chronikseite. Wieder in einem Buch, das sich mit Kunst befasst.
    Die Schrift ist am oberen Rand ziemlich verschmiert und ich muss mit meiner Lampe direkt daraufleuchten, um sie entziffern zu können.
    … und was mir fehlt, ist die Schönheit des Überflüssigen. Dass etwas geschaffen wird, damit man es bewundern kann, nicht weil es überlebensnotwendig ist. Ich wollte ein Gedicht schreiben, aber kaum hatte ich den Stift aufs Papier gesetzt, wurde mir klar, dass es Verschwendung wäre – Papier, noch dazu unbedrucktes, ist nicht unbegrenzt vorhanden, niemand kann es nachproduzieren und wer weiß, wofür wir es noch brauchen. Ganz bewusst schreibe ich kleiner als bisher, enge Zeilen, die viel Information auf wenig Platz unterbringen. Es gibt so vieles, das ich festhalten muss. Unglaubliches, Unaussprechliches. Ich werde bald damit beginnen. Meine Aufzeichnungen sind wichtig, sie weiterzuführen verursacht mir kein schlechtes Gewissen, aber ein Gedicht? Wahrscheinlich würde es nicht einmal gut werden.
    Sich hier weiter darüber auszulassen ist ebenfalls Verschwendung und keinesfalls der Sinn dieser Chronik, also

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