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Die verschwundene Frau

Die verschwundene Frau

Titel: Die verschwundene Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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noch einmal, ob ich am Leben sei. Ich kannte die Stimme, konnte mich aber nicht darauf konzentrieren. »Sie sieht nicht gut aus«, sagte eine zweite Männerstimme. »Sie stinkt«, sagte die erste Stimme. »Sie kommt nach hinten, Polsen, da riechst du sie nicht. Wenzel kann nicht fahren; du musst mitkommen. Zieh Handschuhe und 'ne Gesichtsmaske an. Streif ihr ein anderes Hemd über; schließlich wollen wir nicht die gleiche Sauerei haben wie bei der anderen. Ich will nicht wieder ein sauberes Hemd herzaubern müssen, weil auf dem anderen Brandspuren sind.«
    Polsen. Er riss mir das Hemd vom Leib; er würde genau das gleiche machen wie mit der anderen Frau, und ich könnte mich nicht dagegen wehren. Ich würde nicht weinen, nein, die Befriedigung würde ich ihm nicht verschaffen, nein, ich würde nicht weinen, wenn er die wunde Haut an meinen Brüsten berührte. Dann wurde ich hochgerissen, und der Schmerz in meinem Unterleib war so heftig, dass ich das Bewusstsein verlor. Ich war krank, und mein Vater trug mich, aber er ging zu grob mit mir um, er tat mir weh, mir, meinem Kopf und meinem Bauch.
    »Nein, Papa«, bettelte ich. »Lass mich runter.«
    Das brachte ihn zum Lachen, und ich rief nach meiner Mutter, aber die hörte mich nicht. Als er mich schließlich herunterließ, landete ich auf etwas Hartem, nicht auf meinem Bett. »Il mio letto«, schluchzte ich. »Voglio il mio proprio letto.« Er gab mir eine Ohrfeige und schlug die Tür zu. Da fiel mir wieder ein, dass es ihn verletzte, wenn ich Italienisch sprach, weil er das nicht konnte. »Ich will mein eigenes Bett«, wiederholte ich auf englisch, aber das nützte mir nichts; er begann, den Raum hin und her zu schütteln, so dass meine schmerzenden Rippen und mein Bauch immer wieder auf dem harten Boden aufkamen.
    Ich verlor mehrmals das Bewusstsein und wachte wieder auf, wenn ein besonders heftiger Ruck mich auf den Boden warf. Irgendwann hörte das Gepolter auf, und eine Tür wurde geöffnet. Erneut hatte ich einen klaren Moment: Ich befand mich in einem Lieferwagen, auf einem Stapel Packkartons. Ein paar Männer kamen auf mich zu. Ich konnte mich nicht wehren, als sie mich ergriffen. Sie warfen mich auf den Boden und knallten die Tür des Lieferwagens zu. Polsen nannte mich eine dumme Fotze und sagte, das würde mir sicher beibringen, mich um meine eigenen Angelegenheiten zu kümmern. Dann ließen sie mich auf dem Boden liegen und kehrten zum Lieferwagen zurück. Als sie losfuhren, schwang die hintere Tür auf, und ein paar Kartons fielen auf die Straße.
    Jetzt wusste ich, wie Nicola Aguinaldo aus dem Gefängnis herausgekommen und in Chicago gestorben war.

Langsame Fortschritte
    Ich hob den Blick und sah die Maschine, die die Muster aufdruckte, auf mich zukommen. Meine Arme waren ans Bett gefesselt, und ich konnte sie nicht heben, um mein Gesicht zu schützen. Ein Mann beugte sich über mich. Ich wollte nicht, dass Polsen meine Angst bemerkte, konnte aber nicht anders und schrie auf. Der Mann nannte mich »Schätzchen« und schien zu weinen. Ich schloss die Augen und schlief wieder ein.
    Als ich das nächste Mal aufwachte, merkte ich, dass die Maschine über mir die Halterung für den Tropf war. Ich trug keine Fesseln, sondern hatte an beiden Armen Schläuche sowie in der Nase eine Kanüle für den Sauerstoff. Eine Frau fühlte meinen linken Puls. Sie hatte einen gelben Pullover an und lächelte, als sie sah, dass ich sie beobachtete.
    »Es ist alles in Ordnung. Sie sind bei Freunden, machen Sie sich keine Sorgen. Sie sind nicht mehr im Gefängnis, und Sie werden sich wieder erholen.«
    Ich sah auf mein Handgelenk. Es war leer. Ich hatte die Uhr nicht mehr, die Uhr, die mein Vater so viele Jahre lang getragen hatte.
    Ich krächzte etwas, und die Frau sagte: »Ihre Uhr haben uns die Leute vom Krankenhaus nicht mitgegeben. Ich frage Dr. Herschel danach.«
    Das erschien mir so schrecklich, dass ich wieder zu weinen anfing. Die Frau mit dem gelben Pullover setzte sich neben mich und wischte mir die Tränen ab, weil ich selbst Probleme hatte, die Arme zu bewegen. Die Finger meiner rechten Hand waren geschient.
    »Wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, damit Sie Ihre Uhr wiederbekommen. Und jetzt, wo Sie wach sind, würde ich gern sehen, ob Sie etwas trinken können. Sie erholen sich schneller, wenn Sie so bald wie möglich selbst etwas zu sich nehmen. Wenn Sie ein bisschen hiervon getrunken haben, frage ich im Krankenhaus nach Ihrer Uhr.« Sie stellte das

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