Die Verstoßenen (Verlorene Erinnerungen) (German Edition)
geblieben
und wartete, bis alle oben angekommen waren.
„Wir sind jetzt im ersten Obergeschoss, von insgesamt drei, das wird
euer Stockwerk sein. Hier werdet ihr über die Probephase wohnen, wenn ihr sie
abgeschlossen habt, zieht ihr aus. Diese Zeit dauert drei Monate, wenn ein
Monat zu Ende ist, zieht ihr in das nächste Stockwerk. Deswegen, da das euer
erster Monat ist, seid ihr im ersten Obergeschoss. Verstanden?“
Alle nickten stumm.
„Gut. Nun, zieht eigenständig in die Zimmer ein, lasst euch nicht so
viel Zeit, beeilt euch!“ Ihre Stimme wurde laut, mahnend, dann schlagartig
beruhigte sie sich und fuhr so freundlich wie zu Beginn fort: „Schaut euch die
Zimmer an, stellt euer Gepäck, falls ihr welches habt, ab und dann meldet ihr
euch bitte wieder bei mir und sagt mir Zimmernummer und wer nun darin wohnt,
verstanden? Gut. Dann sammeln wir uns hinten im Aufenthaltsraum und besprechen alles
Weitere. Dankeschön und bis gleich.“
Mit einem breiten Lächeln im Gesicht drehte sie sich von der Gruppe weg
und ging geradewegs auf eine der Türen am Ende des Ganges zu. Der
Aufenthaltsraum, vermutete Grace. Das wäre zumindest logisch, da die gute Frau
bei ihrer herzzerreißenden Ansprache vergessen hatte, zu erwähnen, wo zum
Teufel der Aufenthaltsraum war. Grace mochte sie nicht. Sie wusste nicht warum,
aber es stand fest. Sie mochte diese Frau nicht, nicht im Geringsten.
„Wollen wir uns die Zimmer ansehen?“, fragte Grace und versuchte sich trotz
der Schmerzen, ein Lächeln abzuringen.
Ceela nickte und konnte kein Grinsen, bei dem Wort ansehen
verbergen. Grace verstand, sie lächelte auch. Das tat gut, überdeckte den
höllischen Schmerz ihrer Arme.
„Sorry. Vergessen.“
„Ich halt mich mal an die Jungs hier“, sagte Jay und drehte sich zu ein
paar anderen männlichen Ropeys um und kam schnell mit ihnen ins Gespräch.
Da wurde Ceela bewusst, dass Jay keinen von ihnen kannte, er hatte
keine anderen Kontakte geknüpft, weil er sich die ganze Zeit um sie gekümmert
hatte, und da hatte sie wieder ein schlechtes Gewissen bekommen. Leise klopfte
es an und machte ihr bewusst, dass er niemanden in diesen Zimmern hatte,
während sie sehr wohl jemanden hatte, Grace.
Grace bekam von alldem nichts mit. Sie war nur neugierig auf die Zimmer
und zerrte Ceela auch schon durch die erste Tür. Ein großer geräumiger Raum,
weiß gestrichen, auf dem Boden dieselben uralten Dielen. An der Vorderseite
befand sich ein riesiges Bogenfenster, durch das, bei Tag, wahrscheinlich Unmengen
von Licht dringen konnten und das Zimmer erhellen würden. Die Rahmen waren
traditionell weiß lackiert. Das Zimmer, so wie das ganze Gebäude, war wie ein
Sprung um viele Jahrhunderte auf der Zeitachse zurück. Der alte, nostalgische
Charme des Raumes faszinierte Grace und sie fühlte sich sofort wohl. Über den
Boden verteilt standen sechs Betten. Das waren viele, wirklich viele, dennoch
erschien der Raum großzügig, mit Platz. Neben jedem Bett waren kleine
Nachttische platziert, auf denen süße kleine Lämpchen mit weißen Schirmen ein
wenig Licht spendeten.
Erschöpft ließ sich Grace in eines der Betten nahe dem Fenster fallen.
Sie fühlte die harte unnachgiebige Matratze unter sich und setzte sich wieder
auf, es wird schon gehen, die paar Nächte. Man gewöhnt sich bestimmt daran. Sie
erhob sich und eilte rasch zu Ceela, als ihr aufgefallen war, dass sie sie
hatte alleine mitten im Raum stehen lassen.
„Ist schon gut.“ sagte Ceela sanft. „Ich kann das“, versicherte sie ihr
entschlossen.
Ceela setzte langsam einen Fuß vor den anderen. Sie spürte die harten
Dielen unter ihren Füßen, sie lief nach vorne. Das Fenster. Sie tastete ihre
Hände nach vorne und traf auf Widerstand. Die Fensterbank war breit und lang,
erstreckte sich über die ganze Breite des Fensters. Ceela vergrub ihre Finger
in den weichen Polstern, die auf dem kühlen Holz lagen. Sie bewegte ihre Hand
weiter vor und spürte das Fensterglas, kalt und feucht. Die Dunkelheit lag
außerhalb. Sie hievte sich hoch und ließ sich sanft auf das Polster sinken. Sie
lehnte sich gegen den äußeren Rahmen und ihre Füße baumelten von der
Fensterbank herunter. Sie drehte ihren Kopf, als würde sie hinaus in die
Dunkelheit blicken, von außen stießen dünne Äste und Blätter gegen das robuste
Glas. Ein leichter Wind ließ die Pflanzen in seinem Rhythmus tanzen. Sie hörte
dem Rauschen der Bäume zu und konnte, wenn sie sich stark konzentrierte, auch
noch das
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