Die Verstoßenen (Verlorene Erinnerungen) (German Edition)
Essenszeiten im Speiseabteil, ihr
bekommt eure Portion und mehr dürft ihr nicht essen, es darf auch nur in den Speisesälen gegessen werden. Sollten wir euch erwischen, wenn ihr mehr
esst, als euch zusteht, wird das ebenfalls Konsequenzen haben! Die Zeiten, in
denen der große Speisesaal geöffnet ist, sind morgens von sieben bis acht,
mittags von ein bis zwei und abends von sechs bis sieben Uhr, dann wird gegessen.
Solltet ihr eine Mahlzeit - aus welchen Gründen auch immer - verpassen, dann
ist euch nicht gestattet sie nachzuholen! Es liegt in eurer Verantwortung! Wenn
ihr etwas Essbares zu euch nehmen wollt, dann erscheint pünktlich zu den
angegebenen Zeiten.“
„Das Haus darf auch nur zu angegebenen Zeiten verlassen werden: diese
sind morgens vor dem Frühstück, aber nur, wenn ihr gerade zum Küchendienst eingeteilt
seid und in das Dorf müsst, um Besorgungen zu machen. Zweite Ausnahme, wenn ihr
mit einem eurer Lehrer unterwegs seid, dann ist das Verlassen des Basislagers
natürlich ebenfalls und zu jeder Zeit gestattet. Die reguläre Zeit, wenn ihr euch
ohne Grund die Zeit im Dorf oder sonst wo vertreiben wollt, ist nach dem
Abendessen, allerdings müsst ihr bis zehn Uhr abends wieder da sein.“
„Das waren die Grundregeln, es gibt noch andere, aber die werden euch
die zuständigen Lehrmeister erklären. Es gehört hier zum erwünschten Verhalten,
immer höflich, umgänglich und vor allem ehrlich zu sein, wenn wir euch
irgendeine Frage stellen, müsst ihr ehrlich antworten. Erfahren wir, dass ihr
gelogen habt, könnt ihr mit einer strengen Strafe rechnen!“
„Generell gilt: Wer dieses Verhalten nicht erfüllt, sich also töricht,
falsch, unehrlich verhält und sich den Anweisungen der Lehrmeister widersetzt,
wird bestraft! Genau, das ist auch noch eine Grundregel: den Lehrmeistern
gebührt jegliche Aufmerksamkeit und Gehorsam, es wird penibel darauf geachtet,
dass ihr gehorsam seid, egal was ihr aufgetragen bekommt, ihr müsst es tun!“
Stille. Die vielen, strengen Regeln, wie sollte sie sich die allein der
ganzen Aufregung merken? Grace war erschüttert, wie genau hier das Verhalten
beobachtet wurde. Nachdenklich blickte sie in die Leere. Sie wurde aus ihren
Gedanken gerissen, als sich ein Ropey mit zittriger Stimme zu Wort meldete: „Was
sind eigentlich die Strafen oder Konsequenzen?“
Miranda schien nicht aufgebracht zu sein, sondern antwortete ernst und
streng:
„Verstöße jeder Art gegen die Grundregeln werden sofort bestraft! Das
ist klar, wie genau, kommt darauf an, wie schlimm das Vergehen ist. Danach gibt
es verschiedene Strafen. Ihr werdet schon sehen, irgendeiner von euch wird eine
Dummheit begehen, so viel steht fest! Wir fassen euch hier nicht gerade mit
Samthandschuhen an, wir erziehen euch zu Bewohnern der Reservate, und das so,
wie wir es für richtig halten. Ihr müsst gehorchen oder ihr werdet zum Gehorsam
gezwungen, bestraft oder im härtesten Fall verbannt!“
Schweigen. Wieder einmal.
Miranda blickte finster in jedes einzelne, im Raum anwesende, Gesicht.
Ihre Augen waren zu strengen Schlitzen zusammengekniffen und verrieten, dass
sie nicht im Geringsten übertrieb, mit dem, was sie sagte. Sie sprach von der
puren Wahrheit, der eisernen Grausamkeit der Reservate. Da keiner mehr Fragen
stellte, entließ Miranda die Ropeys und bedeutete ihnen nun schleunigst den
Speisesaal zu besuchen.
Grace führte Ceela die gewundene Treppe nach unten. Dann öffneten sie
die Tür zum Speiseabteil. Ein ungestrichener, kahler Gang führte geradewegs auf
eine weitere Tür zu. Dahinter lag der Speisesaal. An der Seite des Ganges war
noch ein Durchgang zur Küche. Grace ging geradeaus in den Speisesaal, ihr Magen
rumorte und der Hunger quälte sie schon die ganze Nacht, endlich würde sie
etwas essen können. Bei dem Gedanken machte ihr Magen Freudensprünge. Der
ebenso kahle Saal, der hinter dem Gang lag, war gigantisch groß, Menschenmengen
saßen an einfachen dunklen Tischen oder standen Schlange an einer Art Theke,
die über die komplette Breitseite des Raumes ging und direkt mit der Küche
verbunden war. Grace beobachtete das rege Treiben eine Weile und führte Ceela
dann zu der Schlange. Gehorsam reihten die beiden sich ein. Schon nach kurzer
Zeit waren sie dran. Ihnen wurde eine einfache Schüssel mit einer seltsamen
grauen Masse gereicht und sie wurden von der übergewichtigen Frau mit Haarnetz
weggeschickt. Sie standen mit ihren Schüsseln mit der undefinierbaren
dampfenden Masse
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