Die Verstoßenen (Verlorene Erinnerungen) (German Edition)
einer
perfekten Welt war, in Graces Augen, primitiv, einseitig und krank, das traf es
ungefähr. Okay, Olivia, das dunkelpigmentierte Mädchen, das so eigentlich
wirklich hübsch aussah, sie passte nicht zu den Ropeys, den Hässlichen, den
Kranken, ihr Platz war definitiv nicht hier. Die arme Olivia. Sie schob ihren
Kleidersack in die Kiste und Grace konnte ihre trainierten Arme erkennen. Sie
hatte eine schlanke sportliche Figur und wunderschöne weiße Zähne, die immer
aufblitzten, wenn sie ein charmantes Lächeln abgab. Ihre Haare waren so lang,
dass sie ihr bis über die Schulterblätter hingen, aber extrem gelockt, sie
umgab eine Mähne schwarzer Seide, so sah es aus. Blieben nur noch zwei Namen,
die sie sich merken musste. Sie ließ ihren Blick durch den Raum wandern,
erkannte ihre schwerste Aufgabe. Die anderen beiden Mädchen glichen sich bis aufs
kleinste Detail, super, Zwillinge, na toll. Ihre Namen waren, verdammt, wie
hießen die beiden noch gleich? Zum Teufel, sie wusste es nicht mehr. Egal, sie
würde nachher Ceela fragen, und bis dahin, einfach jedes Gespräch mit den
beiden vermeiden und sollte es einmal doch zu einem Wortwechsel kommen, würde
sie einfach immer du oder so etwas sagen, das würde schon klappen.
Kapitel 17
Ceela hatte es ihr rechtzeitig noch einmal gesagt: die Zwillinge hießen
Isabella und Abigail. Das war wirklich Glück, denn sonst hätte sie jetzt
ziemlich dumm da gestanden. Miranda hatte sie nämlich gerade gefragt, welche
Zimmernummer sie hätten und wer mit ihr im Zimmer sei.
„103. Ceela, Abigail, Isabella, Madison, Olivia und ich, Grace“ sagte
sie streng und schnell, da sie jedem Gespräch mit dieser Frau aus dem Weg ging.
„Gut. Die nächsten“, fuhr Miranda mit der Kontrolle fort, wobei sie
ständig wild auf einem Blatt Papier herumkritzelte.
Wieder so etwas. Papier. Ein längst nicht mehr genutzter Stoff. Man
hatte die Nou-pads, die kleinen Computer, um sich Notizen zu machen oder
sonstiges. Sie vertrödelten die restlichen paar Minuten auf diesen alten
Holzbänken, die hier im Aufenthaltsraum standen. Grace durchsuchte konzentriert
die Menge. Bei einer Gruppe größerer Jungen konnte sie Jay endlich entdecken.
Ihre schokoladenbraunen Augen funkelten, als sie ihn sah. Sein gebräunter
Oberkörper war muskulös und durch ein paar Risse in seinem verwaschenen Shirt
zu entdecken. Sein Gesicht hatte diese weichen freundlichen Züge, die sich aber
manchmal erschreckend verzogen und er dann diesen sorgenvollen Blick hatte.
Seine meergrünen Augen schienen endlos und ein paar Strähnen seines kurzen
dunklen Haares fielen ihm manchmal ins Gesicht, das von einem leichten
Dreitagebart geziert war. Als auch er sie sah, fuhr ein Lächeln über seine
Lippen und Grace erwiderte ihr charmantestes Lächeln.
Miranda war mit der Kontrolle fertig.
„Gut, das wäre also geklärt“, sagte sie und setzte sofort wieder dieses
Grinsen auf, das Grace gewaltig auf die Nerven ging.
„Ich denke, ihr seid alle müde, es ist drei Uhr nachts. Legt euch in
eure Betten. Morgen, nein wartet, heute treffen wir uns um sieben Uhr in der
Früh wieder in diesem Raum hier, okay? Gut. Ihr seid entlassen.“
Dann deutete sie auf die Tür zum Flur. Die Ropeys bewegten sich und
taumelten müde in ihre Schlafsäle. Einen kurzen Blick konnte Grace noch von Jay
erhaschen, dann verschwand auch er hinter seiner Zimmertür.
Kapitel 18
Sieben Uhr morgens. Ansprache im Aufenthaltsraum. Alle Ropeys waren
anwesend. Miranda betrat den gemütlichen, dennoch spartanisch eingerichteten
Raum und stellte sich vor die Gruppe. Erwartungsvolle Blicke. Sie öffnete den
Mund, zwischen ihren Lippen blitzten die weißen Zähne hervor, und sie begann zu
sprechen. Ihre laute, aber feminine, Stimme durchfuhr den Raum:
„Guten Morgen, Ropeys. Ich werde euch nun die Regeln und das gewünschte
Verhalten hier im Basislager erklären. Es gibt die Grundregeln, die ich euch
empfehle einzuhalten. Ihr dürft euch hier im Haus nicht die Köpfe einschlagen,
okay? Wenn ihr unbedingt meint, ihr müsst einen Kampf austragen, dann macht das
gefälligst außerhalb der Mauern dieses Hauses!“
„Ihr dürft hier nur die folgenden Räume betreten, die anderen sind
strikt verboten und falls ihr sie dennoch betretet, müsste ihr mit den schwerwiegenden
Konsequenzen rechnen: Also ihr dürft nur euer Schlafstockwerk, das Speiseabteil
und den Verwaltungsraum besuchen. Der Rest ist tabu!“
„Gegessen wird nur zu den regulären
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