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Die Versuchung der Hoffnung

Die Versuchung der Hoffnung

Titel: Die Versuchung der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannah Kaiser
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bin ich ein sehr sozialer Mensch, aber irgendwann ist einfach mal eine Grenze erreicht. Natürlich hat das ihre Hänseleien nicht gerade vermindert … und dann ging das Spiel wieder von vorne los. Kurzum: Vivian Anni und mich verbindet eine uralte, tief verwurzelte Feindschaft, bei der ich stets das Gefühl hatte, den Kürzeren zu ziehen. Irgendwie hat sie mir immer erfolgreich Angst gemacht. Was zugegebenermaßen nicht schwer ist, weil ich einfach ein ziemlicher Angsthase bin und weil ich gegen ihr prall gefülltes Shirt, ihren unglaublich perfekten Teint und ihre blauen Kulleraugen nie so richtig anstinken konnte.
    Natürlich habe ich mittlerweile etwas aus mir gemacht, ich studiere, während sie als Bedienung in einem Diner nahe dem Highway arbeitet. Ich meine damit nicht, dass das ein schlechter oder unehrenhafter Job ist, ganz im Gegenteil. Aber es ist vielleicht nicht unbedingt das, was man sich als Lebensperspektive so erträumt.
    Betrachtet man also heute den momentanen und den hypothetischen zukünftigen Verlauf unserer beider Leben, so hat eigentlich eindeutig sie die Arschkarte gezogen und ich hätte allen Grund, von oben herab gnädig auf sie hinunterzulächeln.
    Leider gelingt mir das nicht. Denn jedes Mal, wenn ich ihr begegne, fühle ich mich wieder wie eine unsichere, hässliche Vierzehnjährige. Ein Blick aus ihren babyblauen Augen und ein verächtliches Verziehen ihres hübschen, rosigen Schmollmundes reichen noch immer aus, damit ich mich minderwertig und uncool fühle.
    Also vermeide ich es nach Kräften, sie irgendwo zu treffen. Der blöde Wintermarkt war mir schon immer egal. Und erwachsen zu werden bedeutet schließlich auch, zu lernen, auf sich selbst aufzupassen und sich nicht in Situationen zu bringen, von denen man weiß, dass sie einem nicht guttun werden. Vor allem dann nicht, wenn es ein Leichtes ist, sie einfach zu vermeiden.
    „Hope? Bist du auch bei uns?“ Johns tiefe, wohlklingende Stimme holt mich zurück ins Hier und Jetzt. Sanft berührt er mich am Ellenbogen, was erstaunlicherweise zur Folge hat, dass mein Puls zu flattern beginnt.
    „Ja …“, murmle ich. Jetzt bin ich wieder bei euch.

 
Kapitel 9
     
    Auf dem Wintermarkt ist es furchtbar voll - gepaart mit furchtbar kalt.
    Dass ich sonst nicht hierher kommen mag, liegt nicht nur an Vivian Anni. Aber Valerie liebt solchen Trubel, und da ich mich sonst immer verweigere, mit ihr hier herzukommen, kann ich ihr nicht einmal verübeln, dass sie heute Morgen die Gunst der Stunde ergriffen hat, um mich auf den Markt zu locken.
    Im Gegensatz zu den drei anderen bin ich nicht sehr gut darin, mich durch das Gewühl zu kämpfen. Zum wiederholten Male bleibt John irgendwo am Rand stehen, um auf mich zu warten.
    „Komm!“ Er zieht mich sanft zur Seite und aus dem Gewühl des Hauptweges heraus und hält mich dann einen kurzen Moment an den Schultern fest. Näher an seinem Körper, als es für die Situation erforderlich wäre. So nah, dass ich seinen Atem auf meiner Wange spüren kann. Ich werde nervös, mein Herz beginnt schneller zu schlagen und ich lecke über meine Lippen und traue mich nicht, in sein Gesicht zu sehen.
    Oh verdammt, das ist gar nicht gut!
    Schließlich greift er nach meiner Hand.
    „Du hast ganz kalte Hände. Diese hier ist so eisig, dass ich es sogar durch den Handschuh hindurch fühlen kann.“ Ohne lang zu zögern, streift er mir den Handschuh von meiner kalten Hand und steckt ihn ein. Dann verschränkt er meine Finger mit den seinen und lässt unsere Hände gemeinsam in seiner Jackentasche verschwinden, bevor er uns zurück in die dichte Menschenmasse manövriert.
    „Ich glaube, wir sollten dir dringend etwas Heißes zu trinken besorgen.“
    Das klingt nach einem guten Plan, denn langsam bin ich wirklich durchgefroren.
    „Wo sind Val und Frank denn hin?“ Seit wir stehen geblieben sind, kann ich sie nirgends mehr entdecken.
    Beinah gleichgültig zuckt John mit den Schultern.
    „Die sind schon weitergegangen, wir sollen anrufen, wenn wir nach Hause wollen.“
    „Ach so?“ irgendwie war mir so, als hätte ich heute Morgen etwas von einem Doppeldate gehört. Aber wenn ich ganz ehrlich sein soll, dann ist es mir so, wie es jetzt ist, auch ganz recht. Johns Nähe erweist sich als angenehmer, als ich mir das vorgestellt hätte. Im Augenblick fühlt es sich wunderbar an. Unsere Hände in seiner Jackentasche … Das ist auf so wunderschöne Art innig, dass ich es mir gerade nicht von Valeries zweideutigem

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