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Die Versuchung der Hoffnung

Die Versuchung der Hoffnung

Titel: Die Versuchung der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannah Kaiser
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wird und meine Verwirrung überlagert.
    Statt süßer Gedankenlosigkeit stellt sich allerdings nach ein paar Minuten um ein Haar etwas ganz anderes ein, nämlich ein Herzinfarkt. Plötzlich steht eine völlig vermummte Gestalt in meinem Keller und ich bekomme einen solchen Schreck, dass ich vom Laufband falle und sowohl ziemlich unelegant als auch reichlich schmerzhaft auf meinem Hintern lande.
    Die vermummte Gestalt fängt laut an zu lachen und wickelt sich den Schal vom Gesicht.
    „Valerie, zum Teufel noch mal! Was willst du hier?“
    Meine linke Hand liegt auf meinem rasenden Herzen, meine rechte reibt meinen schmerzenden Po.
    Val schält sich kichernd aus ihren dicken Schichten von Winterkleidung und darunter kommt ihr dürrer Körper zum Vorschein, der durch die hautenge Jeans und den engen Pullover gut zur Geltung kommt. Vielleicht sollte sie einfach mal ein bisschen mehr essen. Dann würde sie auch nicht so schnell frieren und müsste mich nicht zu Tode erschrecken, weil sie in den Schichten von Kleidung wie eine Irre aussieht.
    „Ich habe mehrfach geklingelt, aber du hast nicht aufgemacht. Und weil ich mir nach dem komischen Telefonat gestern Sorgen um dich gemacht habe, habe ich den Notfallschlüssel genommen, den du Mike und mir mal gegeben hast, und habe aufgeschlossen, um nach dir zu sehen.“
    „Der ist für Notfälle, Valerie.“
    Sie zuckt gleichgültig mit den Schultern. „Du hast nicht aufgemacht. Also war es ein Notfall, ganz einfach.“
    Ich muss lachen, lasse Herz und Hintern los und greife nach einer Flasche Wasser.
    „Was treibst du eigentlich hier?“, fragt mich Val und schaut mir interessiert beim Trinken zu.
    Kurz setze ich die Flasche ab. „Laufen!“, sage ich und trinke dann weiter. Was soll ich auch sonst hier machen? Ich hasse solche Fragen.
    „Du bist seit Jahren nicht mehr laufen gegangen. Wie lang ist es jetzt her? Drei Jahre? Oder vier? Wenn du plötzlich wieder damit anfängst, dann muss es einen besonderen Grund dafür geben. Willst du vielleicht für Ron ein bisschen knackiger werden?“
    Dieser Gedanke entsetzt mich so sehr, dass ich mich an meinem Wasser verschlucke, und einen heftigen Hustenanfall bekomme.
    Val grinst. „War es so schlimm mit Ron?“ Helfend klopft sie mir auf den Rücken.
    „Noch viel schlimmer.“ Langsam bekomme ich wieder ein bisschen Luft.
    „Und was war nun gestern so aufwühlend, dass du heute auf diesem Laufband stehst?“
    Ich seufze tief. Dann trinke ich einen weiteren Schluck Wasser. Und seufze wieder.
    Was soll’s. Ich muss sowieso mit jemandem darüber reden.
    „John war hier.“
    „Welcher John?“, fragt sie leicht verwirrt.
    „ Der John!“
    Ihr Gesichtsausdruck ist unbezahlbar. Zunächst kann man ihr ansehen, dass sie immer noch nicht ganz begriffen hat, was ich ihr gerade gesagt habe. Dann kommt der Moment der Erkenntnis. Der wird offensichtlich wieder abgelöst von Unglauben. Und dann hat sie es endlich endgültig gecheckt.
    „Oh“, sagt sie, was zwar sehr schlicht ist, es aber erstaunlich gut auf den Punkt bringt.
    „Ja. Oh.“ Ich lege den Kopf schief und versuche zu lächeln, aber es will mir nicht gelingen. „Er stand gestern plötzlich vor der Tür, er ist mit dem Motorrad liegen geblieben.“
    „Zufälle gibt’s …“ Val schüttelt ungläubig den Kopf.
    „So etwas Ähnliches habe ich gestern Abend auch gedacht.“
    „War Sam da?“
    „Nein. Er war zum Glück bei einem Freund.“ Nervös spielen meine Finger mit dem Deckel der Wasserflasche und ich starre ihn an, als ob er das interessanteste Objekt wäre, das ich je zu Gesicht bekommen habe.
    „Wie war es sonst?“ Valerie klingt besorgt. Und ein bisschen neugierig.
    „Seltsam“, antworte ich wahrheitsgemäß.
    „Und jetzt trainierst du, damit dein alter Hintern ein bisschen knackiger wird, falls er noch mal wieder kommt und dich dann flachlegen will?“
    Ich merke, dass ich rot werde.
    „Hope?“
    „Hm?“
    „Sag mir jetzt nicht, dass er das schon längst getan hat!“
    Meine Wangen beginnen stärker zu glühen und Val gibt ein Geräusch von sich, das halb Lachen und halb verzweifeltes Seufzen ist.
    „Schöne Scheiße, Hope.“
    Langsam schaue ich von meiner Wasserflasche hoch.
    „Ja. Aber wirklich.“
    Dann fangen wir beide wie aus heiterem Himmel an, lauthals zu lachen.

 
Kapitel 11
     
    In meiner warmen, gemütlichen Küche hat meine beste Freundin die Herrschaft über meinen Herd an sich gerissen und Kakao gekocht, während ich mich geduscht und

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