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Die Versuchung der Hoffnung

Die Versuchung der Hoffnung

Titel: Die Versuchung der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannah Kaiser
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oder einfach den Motor wieder starten und zurückfahren soll.
    Schließlich fährt er sich mit beiden Händen durchs Gesicht, zieht dann den Schlüssel aus dem Schloss und steigt aus.
    Was willst du ihr eigentlich sagen, wenn sie dir die Tür aufmacht und fragt, was du hier willst, du Held?
    „Halt die Schnauze, Arschloch!“, sagt er laut zu sich selbst, bevor er all seinen Mut zusammennimmt und auf den Klingelknopf drückt.
    Aber es ist nicht Hope, die ihm öffnet, sondern ein kleiner, dunkelhaariger Junge mit braunen Augen, die ihm komischerweise an irgendwen erinnern.
    Der Junge mustert ihn kurz, dann dreht er sich um.
    „ Mommy … Das ist nicht Tante Val. Das ist irgendein Mann!“
    Ein paar Sekunden später steht Hope an der Tür. Er kann sehen, wie sie deutlich nach Luft schnappt, als sie John sieht, dann blass und anschließend rot wird.
    Sie beugt sich zu dem Jungen hinunter und gibt ihm einen Kuss.
    „Sei so gut und lauf rüber zu Tante Val, okay, Sam? Bleib ein bisschen bei ihr. Ich komme dich nachher abholen.“
    Einen Moment schaut der Junge verwundert von John zu Hope und wieder zurück, dann zuckt er mit den Schultern, nimmt seine Jacke vom Haken und schlendert gemütlich über die Einfahrt davon.

 
Kapitel 13
     
    „John …“ Ich beiße mir nervös auf die Unterlippe, weil ich gerade völlig überfordert bin. „Willst du vielleicht reinkommen?“
    Johns tiefbraune Augen, die denen von Sam so sehr ähneln, mustern mich durchdringend, bevor er nickt. Ebenfalls nickend drehe ich mich um, gehe in die Küche, und bedeute ihm, mir zu folgen.
    Ich hatte gehofft, ihn wiederzusehen, um mit ihm über Samuel zu sprechen. Aber jetzt, wo er hier ist … da habe ich auf einmal Angst und weiß nicht, wie ich es am besten angehen soll. Am liebsten würde ich feige sein und das Thema einfach umgehen. Selbst wenn es das eigentliche Problem natürlich nicht beseitigen, sondern höchstens aufschieben würde. Und noch verschlimmern vermutlich, weil ich eine gute Gelegenheit vertan hätte.
    John zieht seine dicke Jacke aus, als er in der warmen Küche ankommt, zögert kurz und geht dann zurück in den Flur, um sie an die Garderobe zu hängen. Kurz muss ich gegen meinen Willen lächeln, anscheinend ist ihm mein Hang zur Ordnung nicht entgangen. Als er zurückkommt, trägt er ausgewaschene Jeans und einen dunkelgrauen Troyer mit Knöpfen statt Reißverschluss. So lässig seine Sachen auch aussehen mögen, ich möchte beinah wetten, dass sie den Wert meines halben Monatsgehaltes haben. Und dabei verdiene ich wirklich nicht gerade schlecht.
    Scheinbar ganz gelassen schiebt er einen Stuhl zurück, bevor er sich hinsetzt, die langen Beine ausgestreckt und an den Fußknöcheln überkreuzt. Trotzdem erkenne ich, dass er nervös ist, weil sein rechtes Augenlid ein klein wenig zuckt, so wie es das immer tut, wenn er aufgeregt ist.
    „Möchtest du einen Tee, John?“, frage ich ihn, um die unangenehme Stille, die entsteht, zu unterbrechen, um etwas zu tun zu haben und um Zeit zu schinden.
    „Gern.“ Er schenkt mir ein nervöses Lächeln, bevor ich mich umdrehe, um den Wasserkessel aus dem Schrank zu nehmen.
    Frag ihn, warum er hier ist. Bevor er unangenehme Fragen stellen kann!
    Während ich den Wasserkessel mit Wasser befülle, höre ich, wie John sich hinter mir räuspert. Zweimal. Er ist, aus welchen Gründen auch immer, anscheinend wirklich genauso nervös wie ich.
    „War das eben wirklich dein Sohn, Hope?“
    Zu spät.
    Adrenalin schwappt als heiße Welle in mir hoch und um ein Haar hätte ich den Wasserkessel fallen lassen.
    „Ja“, antworte ich, viel ruhiger, als ich es tatsächlich bin. Ich stelle den Teekessel auf den Herd, höre dem vertrauten Klickgeräusch des Gasherdes zu, bis die Flamme unter dem Kessel brennt. Anschließend hole ich die Teekanne aus dem Schrank und messe den Tee ab. Dann setze ich mich zu John an den Tisch.
    Jetzt oder nie.
    „Ja“, wiederhole ich, während ich sein Gesicht mustere. „Sam ist mein Sohn. Und er ist auch dein Sohn.“
    Einen Moment lang kann ich Unglauben und Erstaunen in Johns Gesicht erkennen, dann versteinert es, er schottet sich vor mir ab und bleibt schweigend am Tisch sitzen. Wie erstarrt. Was ich ihm beim besten Willen nicht übel nehmen kann. Ich bleibe auch sitzen. Was soll ich auch sonst tun?
    Irgendwann unterbricht das Pfeifen des Teekessels die Stille. Langsam stehe ich auf und gieße das kochende Wasser in die vorbereitete Teekanne, nehme zwei Tassen aus

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