Die Versuchung der Hoffnung
hinter John her und in Sams Zimmer, wo die beiden bereits darüber fachsimpeln, wo sie das Gerät am besten hinstellen. Am liebsten würde ich sie laut anschreien, allerdings weiß ich, dass das nicht viel bringen wird.
„John, kann ich dich bitte mal kurz sprechen? Allein?“
Sofort dreht sich Samuel wie von der Tarantel gestochen zu mir herum, er kennt diesen Tonfall wohl schon. „Mom! Das kannst du nicht machen, das ist ein Geschenk!“
Um nicht völlig durchzudrehen, schließe ich kurz die Augen.
„John?“
„Ich komme schon.“
Wenigstens hört er aufs Wort …
„Du kannst doch Sam nicht solche Geschenke machen, ohne vorher mit mir zu sprechen!“, schimpfe ich ein paar Sekunden später in meiner Küche.
„Warum denn nicht? Es ist ein Geschenk. Und alle Jungs haben eine Gamebox. Und einen Fernseher.“
„Aber Sam ist erst acht!“
„Und?“ Jonathan verschränkt die Arme vor der Brust. Mein Blick fällt auf seine muskulösen, tätowierten Unterarme; für einen kurzen Moment komme ich völlig aus dem Konzept.
„Er ist zu klein, um schon einen Fernseher im Zimmer zu haben! In dem Alter sollten die Eltern kontrollieren, was und wie lang ihre Kinder fernsehen. Und auch, wie lang sie Computerspiele spielen!“
„Bitte verzeih mir, dass ich die letzten Jahre wenig Gelegenheit dazu hatte, die Bedürfnisse meines Sohnes kennenzulernen.“
Okay . Das sitzt.
„John …“
„Ich habe ihm ein Geschenk gemacht, Hope, und er freut sich darüber. Ich werde es auf gar keinen Fall wieder mitnehmen. Ihr werdet schon eine Regelung finden. Sam erscheint mir doch ziemlich vernünftig für sein Alter.“
Mit diesen Worten verlässt John die Küche wieder und kurze Zeit später höre ich ihn mit Sam gut gelaunt weiter die dämliche Gamebox aufbauen.
Kopfschüttelnd lasse ich mich auf einen Stuhl sinken und sitze dort noch lange, nachdem John schon wieder abgefahren ist. Ich lausche fassungslos den Geräuschen irgendeines blöden Computerspiels, die aus Sams Kinderzimmer zu mir dringen.
Es mag sein, dass mein Sohn für sein Alter wirklich schon sehr vernünftig ist. Aber er ist eben auch ein Achtjähriger, der in seinem Zimmer einen Fernseher und eine Gamebox stehen hat. Also macht er, was vermutlich die meisten Jungs in dieser Situation machen würden: die halbe Nacht heimlich spielen. Vielleicht wäre daraus auch die ganze Nacht geworden, wenn ich ihn nicht dabei erwischt und den Controller einkassiert hätte.
Am nächsten Morgen kommt er kaum aus dem Bett und mittags bekomme ich einen besorgten Anruf der Schule, weil Sam im Unterricht mehrfach eingeschlafen ist. Kein Wunder, nach der Nacht - und ich denke mal, allzu viel Schlaf wird er auch am Wochenende schon nicht bekommen haben.
Es ist vermutlich überflüssig zu erwähnen, dass ich ziemlich sauer bin.
Ich muss das mit John irgendwie regeln, sonst endet das alles in einer Katastrophe.
Kapitel 19
John war erstaunlich einsichtig, als ich ihn ein paar Tage später anrief, und wir haben einen Termin in einem kleinen Restaurant hier in der Nähe vereinbart. Neutraler Boden und so.
Leider kann ich noch so oft vom Termin reden: Als der Tag unserer Verabredung gekommen ist, stehe ich so nervös vor meinem Kleiderschrank, als hätte ich ein Date.
Ich nehme sogar meine schönste Unterwäsche aus dem Schrank, natürlich nur, weil sie am besten zu meinem grauen Kleid passt. Anschließend lege ich dezentes Make-up auf und die Perlenkette meiner Großmutter um, die ich immer trage, wenn es irgendwie einen Anlass dazu gibt. Es beruhigt mich, wenn ich sie trage, sie ist ein bisschen so etwas wie ein Talisman für mich.
Im Restaurant wartet John schon auf mich und er steht auf, als ich an unseren Tisch komme. Ich muss darüber schmunzeln, der Rockstar mit den Gentlemanmanieren! Wahrscheinlich ist seine gute Erziehung so sehr Teil seiner selbst, dass er gar nicht bemerkt, wie widersprüchlich das manchmal wirkt. Nicht, dass das nicht auch einen gewissen Reiz hätte …
Da das Restaurant zu den etwas besseren gehört, hat sich auch John schick gemacht. Er trägt eine dunkle Stoffhose mit passendem Jackett und ein graues Hemd, das locker aus der Hose hängt und oben nicht ganz zugeknöpft ist. Alles wirkt wie maßgeschneidert, vermutlich ist es das auch. Er sieht seriös und verwegen zugleich aus und seine geliebten Boots runden das Outfit merkwürdig perfekt ab.
Es soll ja die Kategorie von Männern geben, bei denen man sich Jahre später
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