Die Versuchung der Zeit: Hourglass 2 - Roman (German Edition)
schüttelte heftig den Kopf und starrte zur Tür. So nah, doch unerreichbar.
Em ignorierte meinen Protest. »Lily, das ist unser Freund Kaleb. Kaleb Ballard. Und das ist meine beste Freundin Lily Garcia.«
Ihre beste Freundin. Na toll.
Ich drehte mich zu ihr um, und alle meine Hirnfunktionen versagten ihre Dienste. Langes, dunkles, hochgestecktes Haar, Haut wie Samt und Kurven, von denen meine Hände magisch angezogen wurden – all das reichte aus, um die Erinnerung an ihre schallende Ohrfeige aus meinem Gedächtnis zu streichen.
Zum ersten Mal in meinem Leben wurden meine nächtlichen Phantasien von der morgendlichen Realität um Längen übertroffen.
Als ich meine Stimme wiederfand, stammelte ich: »Ich bin Kaleb. Und mir tut es ebenfalls leid.«
Lily lehnte sich mit der Hüfte an Ems Stuhllehne, verschränkte die Arme vor der Brust und starrte mich mit ihren haselnussbraunen Augen an. »Ich bin nicht sonderlich erfreut, dich kennen zu lernen, muss ich leider sagen.«
»Woher kennt ihr beiden euch?«, wollte Em wissen.
Lily musterte mich weiterhin mit durchdringendem Blick. »Ich hab dir doch von dem Typen erzählt, der mich begrapscht hat, kurz bevor dieser Irre mit seiner Knarre auf die Bühne gesprungen ist.«
»Nein«, zischte Em. »Du hast doch wohl nicht …«
»Doch, habe ich.«
»Hast du einen Kater?«, fragte Lily keineswegs besorgt. Ihr locker hochgestecktes Haar löste sich aus der Spange und fiel ihr auf die Schultern.
Ich schüttelte den Kopf und versuchte, es nicht zu beachten.
»Wie schade.« In ihrem Blick spiegelte sich eine perfekte Mischung aus Desinteresse und Verachtung. »Wie kommt’s, dass ausgerechnet du meine beste Freundin kennst?«
Das Gezische der Kaffeemaschine verstummte hinter ihr, und das Café hielt den Atem an.
»Sein Dad ist Liam Ballard«, antwortete Em für mich, um die Situation zu entschärfen. »Der Mann, für den Michael und ich in die Vergangenheit gereist sind, um ihn zu retten.«
»Der Leiter von Hourglass? Blödsinn!«
Lily ließ sich in einen Sessel fallen, und das Café atmete aus.
»Sie weiß es?« , fragte ich Em.
Zuerst blickten nur Lilys Augen grimmig, bevor sich ihre gesamte Miene verfinsterte.
Vorsichtig formulierte Em ihre Antwort. »Sie weiß von der Zeitreise-Sache und was mit deinem Dad passiert ist und von Hourglass und unseren Zielen. Dein Dad hat mir erlaubt, sie so weit einzuweihen.«
Also hatte sie Lily keine Details über die Fähigkeiten einzelner Mitglieder verraten. Hoffentlich.
»Was weiß er über mich?«, fragte Lily.
»Nichts«, erwiderte Em.
»Nichts«, wiederholte ich. »Gar nichts.«
Lily warf mir einen unheilvollen Blick zu. »Nur, wie mein Hintern sich anfühlt.«
Ein Grüppchen älterer Damen kam schwatzend ins Café spaziert. Garantiert Touristinnen, die sich die Antiquitätenläden anschauen und die Kleinstadtatmosphäre genießen wollten.
»Ich habe zu tun.« Lily erhob sich wieder. »Das Kürbisfest fängt bald an, und ich muss die Gebäckvitrine auffüllen, damit ich Süßigkeiten verteilen kann.«
»Soll ich hierbleiben und dir helfen?«
»Nein, ich schaff das schon allein.«
»Rufst du mich an?«, fragte Em.
»Nach meiner Schicht.« Sie zupfte ihre Schürzenbänder zurecht, nahm ihr Haar zusammen und steckte es erneut hoch. Als sie merkte, dass ich sie beobachtete, bedachte sie mich mit einem strafenden Blick.
»Was ist denn?«, fragte ich, doch mein Versuch, eine Unschuldsmiene aufzusetzen, schlug fehl.
»Soll ich vielleicht ein paar Pirouetten für dich drehen, oder was?«, spottete Lily und ließ den Zeigefinger kreisen.
Vorsichtshalber schüttelte ich nur den Kopf, murmelte ein paar unverständliche Worte, starrte verlegen zu Boden und fixierte die Spitzen meiner Schuhe.
8. KAPITEL
E mersons Gesicht sprach Bände, als wir das Café verließen und auf den Gehsteig traten. »Ich fass es nicht, dass du Lilys Hintern betatscht hast. Vielleicht solltest du lieber Biomilch trinken, die hat weniger Hormone.«
Der Marktplatz der Stadt war voller Leute. Mit der Kostümparty hatte das Herbstfest begonnen, das den ganzen Oktober gefeiert wurde. Heute war Süßes oder Saures angesagt, und überall rannten Kinder herum und hielten den Laden- und Restaurantbetreibern ihre Plastiktüten unter die Nase und sammelten pfundweise Süßigkeiten ein. Ein ganzer Kübel voller Schokoriegel stand unbeaufsichtigt vor dem Murphy’s Law.
»Wie viel weiß sie über Hourglass?«, fragte ich Emerson.
Eine kleine
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