Die Versuchung der Zeit: Hourglass 2 - Roman (German Edition)
zu. Ich folgte ihr zum Haus.
Die Möbelrückerei war recht schnell erledigt. Zwischendurch suchte Thomas immer wieder Drus Nähe, gab ihr einen verstohlenen Kuss und streichelte ihren Bauch. Dad beobachtete die beiden heimlich.
Er konnte sie einfach nicht aus den Augen lassen. Seine heftige Sehnsucht nach meiner Mutter würde nie vergehen. Als ich es nicht länger ertragen konnte, trat ich auf die Terrasse, um mich abzukühlen und mich von Dads Qualen zu distanzieren. Ich lehnte mich an die Wand und lauschte auf die frische Brise, die durch die Zweige fuhr. Ich roch verbranntes Laub, für mich einer der größten Vorteile, wenn man im Herbst auf dem Land wohnte. Abgesehen von Lagerfeuern und Heuwagenfahrten.
Heuwagenfahrten boten die perfekte Gelegenheit, sich an Mädchen ranzumachen und mit Gegrapsche davonzukommen. Man konnte es immer auf die holperigen Feldwege schieben.
Ich wollte gerade zurück ins Haus, als ich neben dem Haus zwei Leute streiten hörte. Ich konnte nicht die Treppenstufen hinaufgehen, ohne mit meinen schweren Stiefeln zu lärmen, also verhielt ich mich still und lauschte.
»Du musst es mich tun lassen.« Lilys Stimme klang eindringlich. »Warum soll ich denn nicht?«
»Deine Großmutter flippt aus«, antwortete Em. »Sie flippt aus, fügt mir Schmerzen zu und macht mir nie wieder ein Cuban-Sandwich. Sie hat klar und deutlich gesagt, dass es dir nicht erlaubt ist, nach Personen zu suchen.«
»Du bist meine beste Freundin . Deshalb ist es was anderes.« Zum ersten Mal bemerkte ich Lilys leichten spanischen Akzent, der sich wahrscheinlich verstärkte, wenn sie ärgerlich oder aufgeregt war, so wie jetzt.
Ich spähte um die Hausecke und sah, dass sich ihre aufgewühlten Gefühle in ihrem Gesicht widerspiegelten.
»Ich hab Nein gesagt.« Emersons Ablehnung war noch heftiger als Lilys Beharrlichkeit. »Du bist loyal, und du solltest dich Abi gegenüber stärker verpflichtet fühlen als mir. Sie ist deine Familie.«
Lily ergriff Ems Hände. »Genau wie du. Dieses eine Mal gilt die Devise, was Abi nicht weiß, macht sie nicht heiß. Ich werde ihre Regel nicht brechen. Nicht direkt.«
»Und wie willst du das hinkriegen?« Ems grüne Augen hatten einen flehentlichen Ausdruck. »Einen Größenwahnsinnigen zu finden, der auf Zeitreise gehen kann, ist etwas anderes, als zu wissen, dass sich eine Geldtasche wieder im Gebäude befindet. Ab und an kannst du Dinge aufspüren, aber keine Menschen, stimmt’s?«
»Normalerweise schon.« Lily ließ Ems Hände los. »Abi hat mir nie erklärt, warum ich meine Gabe nicht nutzen soll – nur, dass ich es nicht darf.«
»Sie hätte nicht all die Jahre darauf bestanden, wenn sie keine guten Gründe für ihr Verbot hätte.«
»Es ist zum Verzweifeln.« Lily ließ die Arme hängen. »Was nutzt es, ein menschlicher Radardetektor zu sein, wenn ich niemanden aufspüren darf?«
Ein menschlicher Radardetektor?
Ich dachte an Ems und Michaels Gespräch im Café, das ich zufällig mit angehört hatte.
Fassungslos stürmte ich die Hintertreppe hinunter und stampfte durch den Laubhaufen, den jemand auf dem schmalen Grasstreifen zusammengeharkt hatte, woraufhin beide Mädchen erschraken.
Ich rückte Em so dicht auf die Pelle, dass sie den Kopf in den Nacken legen musste, um meinen Blick zu erwidern. »Lily kann Leute finden. Deshalb wolltest du, dass wir uns im Murphy’s Law treffen. Weil du gedacht hast, Lily könnte uns helfen, Jack zu finden.«
»Das könnte ich auch«, knurrte Lily und trat zwischen Em und mich. »Vielleicht solltest du endlich lernen, dich um deine eigenen Angelegenheiten zu kümmern.«
»Aber«, ich schaute verwirrt von Em zu Lily, »du hast gesagt, du könntest nicht nach Menschen suchen. Nur nach Gegenständen.«
»Ich krieg das schon hin. Es wird schon klappen«, erklärte Lily. »Ich werde euch helfen. Aber zu meinen Bedingungen.«
»Zu deinen Bedingungen? Wir haben keine Zeit für irgendwelche Bedingungen, Schätzchen.«
»Hör zu, du Blödesel. Bis vor Kurzem war mir nicht klar, dass aus Ivy Springs ein, ein …«, Lily fuchtelte frustriert mit den Händen in der Luft herum und suchte das richtige Wort. »Was weiß ich … ein Magnet für Freaks geworden ist.«
» Freak ist mein Wort, nicht ihres«, warf Em ein und schaute von einem zum anderen.
»Und wessen Wort ist Blödesel ?«, fragte ich.
Lily ließ sich nicht beirren. »Du gehst vielleicht ganz locker mit deiner wie auch immer gearteten Abnormität um, aber ich rede
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