Die Versuchung der Zeit: Hourglass 2 - Roman (German Edition)
was du siehst, und ich versuche langsam zu machen. Das wird nicht leicht für dich sein, Lily. Ich glaube, du wirst es fühlen wie … beim ersten Mal. Als wäre es gerade erst geschehen.«
»Ich bin bereit.«
Ich konzentrierte mich auf die Emotionen und die Erinnerungen. Als ich sie durch meinen mentalen Raum in ihren Geist schob, schienen sie rückwärtszulaufen, wie wenn ein Film zurückgespult wird. Sie zurückzugeben, fühlte sich an, als würde jemand das Innere meiner Seele herauskratzen und eine offene Wunde hinterlassen.
Nachdem ich fertig war, weinte Lily, als würde sie nie wieder aufhören können.
Ich drückte sie so fest an mich, wie ich konnte, und konzentrierte mich darauf, bei Bewusstsein zu bleiben. Sie brauchte mich, und ich wollte für sie da sein. »Sag mir, was ich machen soll.«
»Das, was du jetzt gerade tust.« Sie zitterte. »Diesmal ist es nicht rückwärtsgegangen. Es war, als hätte ich danebengestanden und alles beobachtet, als wäre ich an Ort und Stelle gewesen. Ich habe meine Eltern seit … neun Jahren nicht gesehen. Ich sehe aus wie meine Mom.«
»Ihr seid beide wunderschön.« Ich zog ihren Kopf unter mein Kinn.
»Und mein Dad …« Ihre Stimme versagte. Sie presste das Gesicht an meine Brust. Ihr Körper wurde von Schluchzern geschüttelt, aber sie gab keinen Laut von sich. Ihre Tränen durchweichten mein T-Shirt.
Nach ein paar Minuten hörte sie auf zu weinen. »Die Gefühle sind so viel klarer geworden, die Dinge, die ich gesehen habe … Ich kann mich jetzt an viel mehr Einzelheiten erinnern.«
»Woran zum Beispiel?«
Sie hob den Kopf. »Füße. Schwarze Schuhe. Drei Männer und ihre Gesichter. Und meine Mom. Sie hat versucht, mich zu beschützen.«
Ich nickte und wartete darauf, dass ihr die nächste Erinnerung in den Sinn kam – die, die ich nicht verstand.
»Sie kamen, weil sie mich holen wollten, Kaleb.«
Ich blieb stumm.
Verwirrung, Scham, Traurigkeit.
»Deshalb sind wir so schnell weg aus Kuba. Weil die Männer schon gekommen waren, um mich abzuholen.«
44. KAPITEL
I ch hielt sie im Arm, bis uns völlige Dunkelheit umschloss.
»Was wirst du deiner Großmutter sagen?«, fragte ich und streichelte ihren Kopf.
»Nichts.« Lily starrte an die Decke. »Wie soll ich ihr erklären, was du mir gezeigt hast?«
»Sag ihr die Wahrheit.«
»Ich glaube, das kann ich nicht. Ich weiß nicht, wie sie reagieren würde, ob sie wütend wäre.« Sie drehte sich zu mir um, und ich strich ihr das Haar aus der Stirn. »Ich will nicht, dass sie schlecht über dich denkt.«
»Ich dachte, sie hätte eine feste Meinung über Jungs wie mich. Ich bin ein schlechter Einfluss. Eine Versuchung«, neckte ich sie. »Der Apfel sozusagen.«
»Weißt du, ich hab noch keinen Bissen davon bekommen.« Sie legte die Hände an meine Wangen und knabberte sanft an meiner Unterlippe.
Ich küsste sie, ohne nachzudenken oder zu zögern, schmeckte sie ohne Vorsicht. Als ich meine Hand unter ihren Pulli schob und ihren nackten Bauch streifte, schnappte sie nach Luft.
»Zu viel?«, fragte ich.
»Nicht genug.«
Ich suchte wieder ihre Lippen, ließ die Hände um ihre Taille und die Rundung ihrer Hüften gleiten.
Ich sehnte mich so sehr danach, ihre Haut auf meiner zu spüren – wie bei keinem anderen Mädchen vor ihr.
Ich wollte sie ganz und gar.
Lily klammerte sich an mir fest, als hätte sie Angst, einer von uns könnte verschwinden. Ihre Hände glitten unter mein T-Shirt, und sie zog es mir über den Kopf. Ihre Lippen waren überall – an meinem Hals, meiner Brust, an dem verblassenden Bluterguss, den ich mir beim Kostümfest zugezogen hatte. An dem Abend, als ich ihr zum ersten Mal begegnet war.
»Du bist wunderschön.« Ich strich ihr das Haar aus dem Gesicht und sah zu, wie sie ihre Lippen zurück zu meinem Mund wandern ließ. »Jeder Quadratzentimeter von dir.«
Ich hielt den Atem an, als sie den Pulli abstreifte, unter dem ein elfenbeinfarbiges Spitzenmieder zum Vorschein kam. »Du hast noch gar nicht jeden Quadratzentimeter von mir gesehen.«
Ich war ihr verdammt viel näher als fünf Sekunden zuvor.
Mit dem Zeigefinger zog ich eine Linie von ihrer Unterlippe bis zum Knopf ihrer Jeans. »Dir die Erinnerungen zu nehmen war so intim. Etwas so Wichtiges fortzunehmen und wieder zurückzugeben war ein viel intensiveres Gefühl, als ich es erwartet hatte. Es war so ähnlich wie …«
»Kaleb.« Verlangen .
»Weißt du, den Ausdruck mit jemandem schlafen fand ich immer ziemlich
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