Die Versuchung
flüchtiges Lächeln und rutschte ein Stück von ihm weg. Sie blickte auf Lisa. »Ich möchte nicht, daß Lisa mit hinaus muß. Die vielen Scheinwerfer und Menschen würden ihr schreckliche Angst machen.«
»Das geht schon in Ordnung. Sie kann hier bleiben. Jemand wird gut auf sie aufpassen. Wir legen größten Wert auf Sicherheit, wie Sie sich wohl denken können.« Er machte eine Pause und bewunderte LuAnns Figur. »Aber wir werden bekanntgeben, daß Sie eine Tochter haben. Deshalb ist Ihre Geschichte ja so wundervoll. Junge Mutter mit Tochter, im strahlenden Glanz des Reichtums. Sie müssen überglücklich sein.« Er tätschelte ihr Knie und ließ die Hand einen Moment liegen, ehe er sie wegzog.
LuAnn fragte sich erneut, ob dieser Mann mit Jackson unter einer Decke steckte und wußte, daß sie durch Betrug zu diesem unvorstellbaren Vermögen gekommen war. Sie gelangte zu dem Schluß, daß Davis durchaus einer von den Typen sein konnte, die für Geld alles taten. Vielleicht wurde er fürstlich dafür bezahlt, daß er dabei half, so ein Riesending zu drehen.
»Wie lange dauert es noch, bis wir raus müssen?« fragte sie.
»Ungefähr zehn Minuten.« Davis lächelte ihr wieder zu und sagte so beiläufig wie möglich: »Ach ja, Sie haben sich zu Ihrem Familienstand nicht klar geäußert. Kommt Ihr Gatte …«
»Ich bin nicht verheiratet«, unterbrach LuAnn ihn hastig.
»Oh. Wird der Vater des Kindes denn kommen?« fragte Davis. »Wir müssen das wissen, wegen des Programmablaufs.«
LuAnn blickte ihn ausdruckslos an. »Nein, wird er nicht.«
Davis lächelte zufrieden und rückte ein Stück näher. »Verstehe. Hmmm.« Er faltete die Hände vor dem Gesicht und hielt sie an die Lippen. Dann legte er wie zufällig den Arm auf die Lehne hinter LuAnn. »Nun, ich kenne Ihre Pläne zwar nicht, aber falls Sie einen Fremdenführer brauchen, stehe ich Ihnen gern zur Verfügung, LuAnn. Nachdem Sie Ihr ganzes Leben in einer Kleinstadt verbracht haben …«, er hob den freien Arm in einer theatralischen Geste zur Decke, »muß New York einfach überwältigend für Sie sein. Ich kenne diese Stadt wie meine Westentasche. Die besten Restaurants, Theater, Geschäfte. Wir könnten uns prächtig amüsieren.« Er rückte noch näher heran und verschlang sie mit Blicken. Seine Finger glitten zu ihrer Schulter.
»Tja, tut mir leid, Mr. Davis, aber ich glaube, Sie haben da etwas falsch verstanden. Lisas Vater kommt nicht zur Pressekonferenz, aber gleich anschließend. Er mußte erst Urlaub bekommen.«
»Urlaub?«
»Er ist in der Navy. Bei einer Spezialeinheit.« Sie schüttelte den Kopf und blickte in die Ferne, als stiegen gräßliche Erinnerungen vor ihr auf. »Ich kann Ihnen sagen, Mr. Davis, manches, was Frank mir von seinen Einsätzen erzählte, hat mir schreckliche Angst eingejagt. Aber wenn einer auf sich aufpassen kann, dann mein Frank. Einmal hat er in einer Bar sechs Kerle bewußtlos geschlagen, bloß weil sie mich angestarrt haben. Wahrscheinlich hätte er die Männer totgeschlagen, hätte die Polizei ihn nicht weggezerrt. Fünf kräftige Cops waren dazu nötig, stellen Sie sich vor.«
Davis rutschte von LuAnn weg. »Du meine Güte!«
»Aber bitte, sagen Sie bei der Pressekonferenz nichts davon, Mr. Davis. Was Frank und seine Leute tun, ist strengste Geheimsache. Frank wäre furchtbar wütend, wenn Sie irgend etwas sagen. Ehrlich. Und dann ist er unberechenbar.« Amüsiert beobachtete LuAnn, wie sich panische Angst auf dem hübschen Jungengesicht ausbreitete.
Davis stand abrupt auf. »Ich werde selbstverständlich nichts darüber sagen. Kein Wort. Das schwöre ich.« Er leckte sich die Lippen und fuhr mit zittrigen Fingern durch die Locken. »Ich glaube, ich sehe mal nach, wie alles läuft, LuAnn.« Er zwang sich ein mattes Lächeln ab und hob die Daumen.
LuAnn erwiderte die Siegergeste. »Vielen Dank für Ihr Verständnis, Mr. Davis.«
Kaum war er verschwunden, wandte sie sich Lisa zu. »Du wirst so etwas nie tun müssen, mein Schatz. Und schon bald hat deine Mom es auch nicht mehr nötig.« Sie nahm Lisa auf den Arm und drückte sich die Kleine an die Brust. Dabei starrte sie auf die Wanduhr und beobachtete, wie die Zeit verrann.
Charlie ließ den Blick über die Menge im Saal schweifen, während er sich systematisch zur Bühne vorarbeitete. Er blieb an einer Stelle stehen, von der aus er alles gut beobachten konnte, und wartete. Am liebsten wäre er neben LuAnn auf der Bühne gewesen, um ihr zu geben, was
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