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Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)

Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Campion
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stets meine Wachsamkeit erregten, bereitete mir diese plötzliche Gleichgültigkeit Kopfzerbrechen. Wenige Tage vor unserer Abreise suchte mich ein Bote von Henry Percy auf, der das Verhalten meiner Schwiegertochter rasch zu erklären wusste. Sie würde meinen Hausstand gar nicht nach Gaynes begleiten.
    Überbracht wurde die Nachricht von einem langjährigen Bedienten Percys, der Mary zu einem Gut seines Herrn eskortieren sollte und seiner Bewaffnung nach zu urteilen mit einem alles andere als herzlichen Empfang gerechnet hatte. Während er in meiner Halle saß und Wein trank, gab der Mann mir bekannt, dass Mary sich an den Papst in Avignon gewandt hatte mit der Bitte, ihre Heirat mit meinem Sohn zu annullieren. Lord Percy hielt es für angemessen, dass sie sich während der päpstlichen Prüfung ihrer Anschuldigungen aus meinem Haus zurückzog.
    Mein Innerstes verkrampfte sich. »Um welche Anschuldigungen handelt es sich?«
    »Ich bitte Euch um Nachsicht, Dame Alice, aber Einzelheiten wurden mir nicht mitgeteilt.« Der Bote rutschte auf der Bank hin und her, während er sprach. »Zu gebührender Zeit werdet Ihr gewiss Nachricht von dem Geistlichen erhalten, den der Papst mit der Untersuchung des Falls beauftragt hat.«
    Angesichts seiner verlegenen Unruhe war ich mir recht sicher, dass er sehr wohl Bescheid wusste, es jedoch verzog, zu schweigen, um nicht meinen Zorn zu erregen. Er war gut beraten damit, mich nicht noch stärker zu reizen, denn diese Beleidigung versetzte mich schon so in erhebliche Rage. Mary war erst zwölf, daher zweifelte ich keinen Moment daran, dass sie beim Einreichen dieses Antrags Unterstützung
erfahren hatte. Vermutlich wollte Henry Percy sie an einen Höhergestellten verheiraten, jemanden, der ihm selbst mehr Einfluss einbrachte.
    Mary hatte seit ihrer Heirat drei lange Jahre bei mir gewohnt und in all dieser Zeit kein einziges Mal von einer Annullierung gesprochen.
    »Und meine ursprüngliche Bitte um einen Besuch meines Sohnes?«
    »Sir John Southery ist zu Studien in die Obhut des Bischofs von Exeter geschickt worden. Mein Herr hat Eure Bitte an den Bischof weitergereicht.«
    Ich sagte so wenig wie möglich, da ich Percy über meine Reaktion auf dieses offenkundig höchst sorgfältig abgestimmte Vorgehen im Unklaren lassen wollte. Tatsächlich erschütterte mich seine taktische Raffinesse. Die lange Vorbereitungsphase auf den Bretagne-Feldzug hatte es Percy erlaubt, seinen Wortbruch so geschickt abzupassen, dass William mir nicht zur Seite stehen konnte. Mir zuliebe wäre William dem zwar nicht entgegengetreten, aber er hätte es als eine Schmähung unserer Stellung betrachtet und diese hätte ihn gewiss erbost.
    Als sie gerufen wurde, betrat Mary in einem eleganten Gewand den Raum. Ihr selbstgefälliges Grinsen verursachte mir Übelkeit.
    »Gepriesen sei der liebe Gott, dass meine Familie von dieser Krebsfäule befreit ist«, sagte ich so leise, dass nur sie mich hören konnte. Für die anderen setzte ich ein liebliches Lächeln auf.
    »Und ich vom Sohne einer Dirne befreit bin«, zischte sie zurück.
    »Dem Sohn eines Königs, törichtes Kind.«
    Sie verbeugte den Kopf in Richtung der anderen und verabschiedete sich mit kühlen Worten.
    Ich bemerkte nicht eine Träne bei den Bedienten oder jemandem in meiner kleinen Familie, als Mary und ihr Kammermädchen abreisten. Jane, die meine Hand gehalten hatte, während wir verfolgten, wie eine lange Reihe von Dienern Marys Sachen zu dem wartenden Karren schleppten, stieß einen lauten Seufzer aus, als der Wagen sich endlich in Bewegung setzte.
    Ich sah überrascht zu ihr hinunter. »Was ist denn, mein Schatz?«
    Sie begegnete meinem besorgten Blick mit glücklich leuchtenden Augen. »Jetzt können Joan und ich so laut miteinander sprechen, wie es uns gefällt.«
    »Wollte Mary nicht, dass ihr euch laut unterhaltet?«
    »Oh doch, das mochte sie gerne, Mutter, aber wir mochten es nicht, dass sie unsere Geheimnisse dem Gesinde weitererzählt hat, vor allem nicht den Knechten.«
    Joan stimmte ihr zu. »Sie hat sich mit ihrem Klatsch besondere Gefälligkeiten erkauft.«
    Einstweilen freute ich mich über die entspannte Stimmung, die sich nun im Haus ausbreiten konnte. Es bedeutete eine große Erleichterung, mein Heim und meine Familie von diesem boshaften Mädchen erlöst zu wissen.
    Doch lange hielt der Friede nicht. Ich wusste, was auch immer John insgeheim über Mary denken mochte, ihren Treuebruch musste er einfach als Kränkung empfinden.

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