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Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)

Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Campion
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– Menschen wurden enthauptet oder erhängt, Kirchen und Abteien geschändet.
    Alle Hausbewohner lauschten gebannt einem Bericht vom Mut des jungen King Richard. Er war den Rebellen entgegengeritten und hatte sich ruhig nach ihren Forderungen erkundigt. Sie verlangten die Köpfe von Lancaster und einigen anderen, denen sie in erster Linie die Schuld anlasteten. Richard gab nicht nach, woraufhin die Aufständischen in London
einfielen, die Insassen des Gefängnisses von Marshalsea befreiten und diesmal auch nicht vor der Verwüstung von Lancasters Savoy Palace Halt machten. Sie zerstörten den Palast und vieles andere, was ihnen in den Weg geriet. Schließlich erreichten sie den Tower und pöbelten gegen die darin Schutzsuchenden. Am Ende zerrten sie den Kanzler und ein Ratsmitglied nach draußen und enthaupteten beide. Dergleichen hatte es während Edwards Regentschaft nicht gegeben. Allerdings konnte ich mich noch an den Hass in den Gesichtern jener Londoner erinnern, die mich als Sonnenkönigin verkleidet gesehen hatten. Schon damals hatte ich keinen Zweifel, dass ein solch gärender Hass sich bei einer aufgestachelten Menge leicht in tollsüchtiger Gewalt entladen konnte. Und jetzt war es so weit.
    Eines Morgens kam Wykeham in den Hof geritten, wo Robert und ich gerade zu den Ställen hinübergehen wollten. Er wirkte abgespannt und unrasiert, und seine Haut war unter den Rötungen durch den Ritt so kreidebleich, dass ich schon eine Krankheit befürchtete.
    »Mylady, ich bringe schreckliche Nachrichten. Unser Freund Richard Lyons …« Die Stimme versagte ihm.
    Robert legte einen Arm um mich, während ich Wykehams Hand packte. »Tot?«, flüsterte ich.
    »Hingerichtet. Drei Dutzend Flamen wurden brutal ermordet. Richard – ihn schleiften sie aus seinem Haus, schlugen und köpften ihn.«
    »Köpften ihn?«, rief ich aus. »Warum? Warum Richard?«
    »Möge Gott seiner Seele Frieden schenken.« Robert senkte den Kopf und bekreuzigte sich mit seiner freien Hand, während er mich mit der anderen an sich drückte.
    Ich aber riss mich los, kniete mich vor Wykeham, presste meine Stirn an seinen Ring und betete weinend um Richards Seelenheil. Mein guter und stets treuer Freund …
    Später, als wir zu dritt bei einer Flasche Branntwein zusammensaßen, war ich es, die das schwermütige Schweigen brach. »Warum ist er nicht geflohen?«, fragte ich niemanden im Besonderen.
    »Seine flämischen Landsleute in der Stadt haben in ihm stets ihren Fürsprecher gesehen«, erklärte Robert. »Er fühlte sich für sie verantwortlich.«
    »Wir alle haben unser Bündel Schuld zu tragen«, sagte Wykeham. »Wir haben vom Krieg in Frankreich profitiert, sind ein Glücksspiel eingegangen. Dass es schon immer so gewesen ist, ändert nichts daran. Wir haben um das Risiko gewusst.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich kann ganz und gar nichts Gerechtes an dieser Sache finden.«
    Wykeham tätschelte halbherzig meine Hand. »Bittet den lieben Gott, dass wir davon lernen. Es liegt auch an uns, wie wir leben.«
    Kraftlos im Sattel hängend und gelähmt von einer Entmutigung, die auch mich erfüllte, ritt er wenig später davon. Robert brachte mich in meine Schlafkammer und blieb an meiner Seite, während ich meinen liebevollen, zuverlässigen Freund beweinte und mich um die anderen in London ängstigte. Robert beruhigte mich, dass Geoffrey und meiner Familie sicherlich nichts geschehen würde.
    »Es gibt nichts, womit sie die Aufmerksamkeit der Menge auf sich ziehen würden. Aber ich werde dennoch nach London gehen, um mich zu erkundigen.«
    Ich klammerte mich an ihn und verbot ihm, mich zu verlassen und sich in Gefahr zu begeben. Ich hätte es nicht ertragen, auch noch Robert zu verlieren.
    Nachdem königstreue Soldaten die Revolte niedergeschlagen hatten und Ruhe in London herrschte, ließen Robert und ich die Kinder in Winchester und ritten in die Stadt, um
nach unseren Angehörigen und Freunden zu sehen. Meine Geschwister und deren Familien waren Gott sei Dank unversehrt, allerdings hatte das Haus von Marys Schwiegereltern Schaden genommen. Wortkarg führte uns Geoffrey durch die Stadt, um uns die Zerstörungen zu zeigen. Es sah aus, als wäre eine gewaltige Faust auf den Savoy Palace niedergesaust und hätte seine Trümmer dann in die Themse gefegt. Selbst eine Woche später schwammen noch Überreste im Fluss. In den Straßen, in denen bevorzugt Flamen und andere Ausländer, etwa Lombarden, gewohnt hatten, waren blutbefleckte Pfähle und

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