Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)
schüttelte den Kopf. »Du weißt jetzt ebenso viel wie ich. Ehrlich gesagt, bin ich sogar enttäuscht, dass du dies nicht bereits gewusst hast, und mehr!« Er lachte leise, in seinen Augen aber las ich Beunruhigung.
»Ich wurde aus meinem Elternhaus vertrieben, bin somit nicht länger in ihr Kommen und Gehen eingeweiht. Aber langsam glaube ich, nie wirklich Einblick in ihr Leben gehabt zu haben.« Ich erzählte ihm vom offensichtlichen Zerwürfnis meiner Eltern über meine Verlobung.
»Also bist du wegen Dame Margery hier?«
»Ich denke schon. Oder weil Vater auch gegen Mutters Willen auf meiner Verlobung mit Janyn bestanden hat. Ich weiß nicht, wer hier die Schuld trägt.«
Geoffrey nahm meine Hände und drückte sie. »Du leidest, ich sehe es dir an. Das tut mir leid.«
»Hab Dank.«
»Freust du dich denn darauf, die Frau von Janyn Perrers zu werden?«
»Ich für meinen Teil, ja, sehr, Geoffrey. Zugleich ängstigt mich jedoch davor. Er ist älter und versteht so viel mehr von der Welt. Außerdem fürchte ich sehr, niemanden von meiner Familie mehr zu sehen, sobald ich verheiratet bin.«
»Was Letzteres betrifft, so dürfte dies zutreffen, gleichgültig wen du heiratest. Eine Frau tritt in die Familie ihres Mannes ein und wird von dieser gegen alles beschützt, was ihrem ehrenvollen Ruf Schaden zufügen könnte. Immerhin scheint er mir ein faszinierender Mann zu sein – so stattlich und elegant, man könnte ihn leicht für einen Mann von Adel halten. Und wie ich sehe, möchten deine Großeltern dich ebenso vortrefflich eingekleidet wissen, wie er es ist.«
Ich strich meinen seidenen Ärmel glatt. »Dafür tragen nicht allein sie Verantwortung. Janyn hat einige großzügige Geschenke überbringen lassen und mich mit einem Dienstmädchen versorgt, das über alle Fertigkeiten verfügt, welche die Kammerjungfer einer eleganten Dame auszeichnen.«
»In der Tat. Dies Kleid steht dir hervorragend.«
Ich drehte mich für ihn im Kreis »Du bist aber auch in edlem Tuch gewandet«, bemerkte ich, nachdem ich mit Vergnügen seinen bewundernden Blick wahrgenommen hatte.
Sein brauner Überrock war aus feiner, leichter Wolle, seine Stiefel aus herrlichem roten Cordoba-Leder. Ich hatte ihn noch nie in solch vornehmer Garderobe gesehen. Für eine Livree hielt ich sie jedenfalls nicht.
Er wurde rot. »Ich dachte, ich könnte mal ein wenig Geld ausgeben, um mir wie ein bedeutender Mann vorzukommen, wenn ich in die Stadt reise.«
»Allem Anschein nach soll ich in Scharlach, Seide, Samt und weiches Leder gehüllt werden und dem Hausstand meines Mannes eine Zierde sein.«
»Der Umhang der Criseyde«, sagte Geoffrey mit amüsierter
Miene. Seine ausdrucksstarken Augen schienen auf etwas Fernes und ungeheuer Großes zu blicken.
»Wessen Umhang?«
»Ein Epos über das alte Troja, dem wir im Rittersaal Abend für Abend lauschten, als ein Gentleman, der ein Barde zu sein behauptete, im Hause zu Gast war. Meiner Herrin gefiel vor allem der Teil über Criseyde und ihre Liebhaber. Sie wird von Troja ins Lager der Griechen geschickt, gehüllt in einen Umhang roter als Rosen, weißer als Lilien und verziert mit Abbildungen sämtlicher Tiere und Pflanzen auf Erden. Gefertigt war er aus bezauberndem Tuch und gefüttert mit der Haut eines Fabeltiers, dessen Pelz in allen je von Gott geschaffenen Farben schillerte. Der Besatz stammt vom Fell eines Tieres, das im Fluss des Paradieses gefangen wurde. Und die Schließe besteht aus den beiden wertvollsten und schönsten Rubinen, die je ein menschliches Auge erblickt hat. Darunter trägt sie eine seidene Tunika, mit Gold verziert und Hermelin besetzt.«
Das Bild faszinierte mich. Ich sah eine edle Frau in herrlicher Garderobe vor mir, illuminiert vom Lagerfeuer, wie sie die Männer blendete, die sie für eine Erscheinung hielten.
Geoffrey verbeugte sich vor mir. Er wirkte jetzt deutlich gefasster. »Ich werde mit meinen Witzeleien aufhören.«
Ich verstand nicht, warum er bei der Erwähnung dieser Criseyde sofort in eine ernstere Stimmung verfiel.
»Findest du noch Zeit zum Verfassen von Balladen?«
»Müßige Zeit, in der mein Kopf herumkomponiert, findet sich immer.«
»Verfasst du eine Ballade über Criseyde?«
»Sie verdient eines besseren Dichters, als ich es bin. Aber nun erzähl doch mal«, sagte er und sein neuerliches Lachen verwirrte mich nur noch mehr, »hat Janyn dich schon geküsst? «
Allein die Frage genügte, um mich bei dem Gedanken an seinen Kuss erröten zu
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