Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)
unternahm, von ihr noch zu lernen, was sie mir beizubringen wusste. Schließlich war ich erst vierzehn und alles war neu für mich.
Ich entdeckte, dass meine Stärken darin lagen, die benötigten Mengen richtig zu ermitteln und die Qualität von Lebensmitteln und Einrichtungsgegenständen einzuschätzen, während Gertrude sich weitaus besser auf die Führung des Gesindes verstand, als ich dies bislang noch tat. Ich liebte das Gewicht des Schlüsselbunds, der an meinem Gürtel baumelte, und war erleichtert, dass Gertrude mir dessen Aushändigung nicht zu verübeln schien.
Obschon meine Tage voll neuer Erfahrungen steckten, vermisste ich Mary, Nan und Will und merkte mir Erlebnisse, von denen ich ihnen erzählen wollte. Zwei Wochen nach unserer Hochzeit schlug Janyn vor, meine Familie zum Essen einzuladen. Meine Salisbury-Großeltern, Vater, Nan und meine Geschwister kamen. Mutter gab vor, krank zu sein. Anfänglich wirkten Mary und Will ganz steif vor Schüchternheit, aber schon bald brachte Gwen sie dazu, mit ihr im Garten und in der Halle Fangen zu spielen, und dank ihres Einsatzes war dieser Tag am Ende doch vom fröhlichen Lachen meiner Geschwister erfüllt. Vater verhielt sich Janyn gegenüber erheblich ungezwungener als an unserem Hochzeitstag, was mich vermuten ließ, dass die beiden sich in der Zwischenzeit bereits zu geschäftlichen Anlässen getroffen hatten. Bisweilen bemerkte ich, wie er mich mit einem
amüsierten Gesichtsausdruck beobachtete, so als wäre er überrascht, mich als Herrin eines eigenen Hauses zu erleben. Dann neckte er Janyn mit freundlichen Kommentaren oder lachte mit Nan über Fehler, die mir bei dem Versuch unterliefen, erstmals Aufgaben zu erledigen, die sie mir früher stets abgenommen hatte. Noch eine ganze Weile dachte ich an diesen Tag mit herzlicher Freude zurück.
Nachdem unsere Gäste gegangen waren, fragte Janyn, ob es diesem Treffen an irgendetwas gemangelt habe, etwas, das ich mir gewünscht hatte, das aber nicht eingetreten sei.
»Nein, Liebster, nichts. All die Meinen waren fröhlich, haben gut gegessen und sahen mit Wohlgefallen unser Glück.«
»Bei Will und Mary habe ich mir vorstellen müssen, wie es sein wird, wenn unsere Kleinen schreiend, kreischend und lachend durch die Halle und den Garten toben.«
Da ich wusste, wie schmerzhaft sowohl der Verlust seiner Frau als auch der des Kindes, auf das sie sich beide so gefreut hatten, für ihn gewesen war, bemühte ich mich immer um einen möglichst unbeschwerten Ton, wenn ich auf unseren eigenen Kinderwunsch zu sprechen kam. So fragte ich ihn jetzt mit einem belustigten Grinsen: »Graut dir vielleicht schon davor?«
»Davor grauen? Für mich wird es mit diesem Lärm und diesem Treiben der vergnüglichste Ort überhaupt sein.« Er ließ seine Hand in den tiefen Ausschnitt meines Untergewands gleiten und drückte meinen Busen.
Ich biss ihn sanft in die Unterlippe. »Dann lasst uns doch zu Bett gehen, mein Gebieter, und dort Euch zum Vergnügen ein Kind zeugen.«
Mit plötzlich heiserer Stimme wies er die Bedienten an, die Halle aufzuräumen, und bat Gwen, mich schon fürs Bett fertig zu machen, da ich nach dem langen Tag außerordentlich erschöpft sei.
Als unsere Abreise nach Fair Meadow näherrückte, versuchte ich mehr über Isabella von Frankreich in Erfahrung zu bringen, um mich auf die Begegnung mit ihr vorzubereiten. Wie Gertrude mir unlängst erklärt hatte, trug das Waldgebiet jenseits von Fair Meadow den Namen Epping Forest. Dort würde Isabella morgens jagen und anschließend zu uns zum Essen kommen. Janyn würde sie auf die Jagd begleiten. Die Haushälterin sprach bewundernd von der Königinwitwe und ihrer blendenden Gesundheit – sie war angeblich schon mindestens sechzig Jahre alt!
»Ihr müsst die Vorlieben Ihrer Gnaden unbedingt studieren, Mistress, und dem Beispiel ihrer Ernährungsgewohnheiten genau folgen. Dann werdet Ihr ein langes, tätiges Leben haben und Eure Schönheit bewahren können.«
Ich fragte Janyn: »Sollen wir Musikanten und Sänger bestellen? Wenn sie jagt, tanzt sie gewiss auch gerne.«
»Das tut sie tatsächlich, aber es begleiten sie ihre eigenen Sänger und Musikanten, wo immer sie hinreist.«
Ich klatschte erwartungsvoll in die Hände und tat ein paar hüpfende Tanzschritte.
»Sie wird ganz gewiss großen Gefallen an dir finden, mein Lieb.«
»Darf ich auch an der Jagd teilnehmen, Janyn?«
»Sobald du mit mir ein Dutzend Mal auf der Jagd warst, kannst du auch an der
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