Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)

Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Campion
Vom Netzwerk:
beschützen.«
    Der Falkner reichte mir einen Handschuh und forderte mich auf, ihn überzustreifen. Dann befestigte er daran mit den Geschühriemen die Füße der Merlins und erklärte: »Sobald die Haube abgezogen wird, nicht blinzeln, andernfalls könnte sie Euch angreifen. Wenn Ihr den Vogel zu weit von Euch forthaltet, wird er mit den Flügeln schlagen, um Euch zu bedeuten, ihn dichter zu führen.« Mit diesen Worten verschwand er. Als er kurz darauf mit den Beizvögeln der anderen zurückkehrte, überlegte ich noch immer, wie um alles in der Welt ich meinen Lidschlag unterdrücken sollte.
    Das Merlinweibchen bewegte sich, und ihre Glöckchen klingelten so hübsch, dass ich mich dem schönen und kraftvollen Tier zuwandte. Seine winzige Haube mit dem flotten Putz aus roten und goldenen Federn an der Spitze schien aus einem butterweichen Leder gefertigt, das in einem hellen Goldton gegerbt worden war. Mit den Glöckchen und der eleganten Haube hätte sie wie ein verwöhntes Haustier wirken können, aber ihr scharfer Schnabel, die spitzen Krallen und die kräftigen Flügel mahnten an ihr wahres Wesen. Ich liebte dieses Tier vom ersten Moment an.
    »Meine werte Dido«, flüsterte ich. »Ich bin Alice, Eure Gefährtin bei der Jagd.«
    Sir David stand als Einziger nahe genug, um mich zu hören, und lachte amüsiert. »Gut gemacht, Dame Alice. Ihr haltet sie, als hättet Ihr bereits viele solcher Falken gehabt, und Ihr sprecht sie mit eben jener Achtung an, die sie verdient. «
    Dank seiner Komplimente entspannte ich mich ein wenig, fürchtete allerdings weiterhin, dass mein Arm nicht über
ausreichend Kraft verfügte, den Merlin während des Reitens zu halten, noch dazu auf einem unvertrauten Pferd. Doch diese letzte Befürchtung wurde mir genommen, denn sobald auch die anderen ihre Vögel hatten, kam der Falkner zurück und nahm mir meinen ab.
    »Ihr bekommt sie wieder, wenn wir draußen in den Feldern sind.«
    Janyn war an meine Seite getreten.
    Ich war sprachlos vor Aufregung und auch vor Angst, weniger vor dem Pferd und dem Merlin, als davor, mich bei so vielen Erstversuchen und in solch erlauchter Gesellschaft bis auf die Knochen zu blamieren.
    »Komm.« Janyn hatte einen Aufsteighocker mitgebracht und streckte mir seine Hand entgegen.
    Ich nahm seine Hilfe dankbar an und saß schon bald hoch auf meinem herrlichen Jagdpferd. Melisende war wohlgeschult, dennoch bildete sie für mich eine große Herausforderung, wirkte sogar ein wenig furchteinflößend. Aber das schien unvermeidlich, immerhin war sie ein großes, muskulöses Tier und ihre Schulung nur ein dünnes Mäntelchen, das jederzeit abgestreift werden konnte. Ich überlegte, ob die Mächtigen es deshalb so liebten, mit Pferd und Falke auf Jagd zu gehen. War es die Gefahr, die dem Reiten eines kraftvollen Tiers, dem Umgang mit Raubvögeln oder dem Freilassen der Hundemeute innewohnte? Rittlings auf ihrem Jagdpferd sitzend strotzte Isabella jedenfalls geradezu vor Leben, und auch Janyn verschmolz mit seinem imposanten Ross zu einer Einheit, während wir zu dem Wiesenland hinausritten, wo die Beizjagd stattfinden sollte.
    Nach dem Absteigen wurde der Merlin wieder an meinen Handschuh geschnürt, und dann entfernte ich, den sorgsamen Anweisungen des Falkners folgend, die Haube von Didos Kopf. Die Augen des Merlinweibchens blickten wild
und durchtrieben, und einen Moment lang verschlug es mir den Atem, als hätte sie mir befohlen, jegliche Bewegung einzustellen, solange sie mich studierte. Und sie studierte mich ausgiebig. Gott sei Dank überstand ich die lange Musterung, ohne mit der Wimper zu zucken. Als die Königinmutter rief, es könne losgehen, musste ich meine Haltung ein wenig verändert und Dido etwas weiter von mir fortgehalten haben, denn sie schlug verärgert mit den Flügeln, beruhigte sich aber sofort, als ich sie wieder dichter hielt.
    »Verzeiht mir«, erklärte ich ihr. »Ich mache das zum ersten Mal.«
    Der Falkner zeigte mir, wie die Geschühriemen zur Jagd gelöst werden. Kaum war mir das Aufknüpfen gelungen, jagte Dido auch schon einem Vogel hinterher. Ich meine mich an einen Kranich zu erinnern, aber auf die Beute kommt es hier nicht an. Wichtig war nur, wie wunderschön mein Merlinweibchen ihren entschlossenen Angriff flog, und vor allem, dass sie sofort zu meinem Handschuh zurückkehrte, wenn ich, wie der Falkner es mir vorgemacht hatte, darauf klopfte und dabei ein Stück Fleisch als Köder von meinen behandschuhten Fingern baumeln

Weitere Kostenlose Bücher