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Die verzauberten Frauen

Die verzauberten Frauen

Titel: Die verzauberten Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Schulz
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Verzauberte Frauen. Ich muss sie beschützen, allen voran Porethe. Und wenn ich dabei draufgehe. Er spürte selbst, wie übertrieben das war, wahrscheinlich hoffnungslos sentimental, aber er meinte es in diesem Moment ehrlich.
    »Dieser Mensch«, fuhr Breitenbach fort, »muss tief in seinem Inneren ein Teufel sein. Gelenkt von seinem eigenen Irrsinn und von Irrsinnigen, die ihm befehlen. Anders ist sein Verhalten nicht zu erklären. Ein Motiv für eine solch blutige Tat wie damals in Fulda kommt mir noch immer nicht in den Sinn. Ihnen vielleicht?«
    »Ja«, sagte Velsmann. »Ideologischer Bumms.«
    »Wie bitte?«
    »Schwachsinn. Geistige Verwirrung. Glaube an die Erleuchtung, das Auserwähltsein und an die Ewigkeit. Nennen Sie es, wie Sie wollen. Ich nenne es–«
    »Wollen Sie den vorläufigen Rest?«
    »Ja, bitte.«
    »Gibt es in Ihrer Familie jemanden, der Nnamslev heißt?«
    »Nnamslev«, Velsmann sprach die beiden Silben aus, als würden sie ihm den Mund verbrennen. »Was ist das für ein Name?«
    »Ein umgedrehter Velsmann.«
    »Ach so. Nein. Warum?«
    »Aber in Sennslers Familie gibt es jemanden, der Relsnnes heißt.«
    »Ja und?«
    »Verstehen Sie nicht? Irgendwann ist Sennsler hingegangen und hat die Relsnnes in Sennslers umgetauft. Er dreht den Namen einfach um. Er geht zum Kirchensprengel wie weiland Alois Schickelgruber in Braunau, der seinen Namen in Hidler und dann in Hitler umtaufte, und lässt seinen Namenseintrag umdrehen. Ab da heißt er Sennsler.«
    »Und warum sollte er das gemacht haben?«
    »Vermutlich, weil irgendjemand im Verlauf der Jahrhunderte, irgendein in aggressiver Absicht gezeugter Armand-Junior, den Namen de Rancé nicht mehr tragen wollte und ihn verstümmeln ließ. In Relsnnes. Also der Anfangsbuchstabe bleibt, aber sonst irgendwie ein nationalsprachliches Kuddelmuddel, möglichst weit entfernt vom ursprünglichen, französischen Namen de Rancé. Ein Akt der Revolte.«
    »Den Sennsler wieder rückgängig machte? Aber warum nannte er sich dann nicht gleich wieder de Rancé?«
    »Das weiß allein der Himmel.«
    »Aber die Fakten lügen nicht?«
    »Nein, nicht soweit ich sehen kann.«
    »Und was ist mit der anderen Seite?«
    »Mit Porethe?«
    »Ja.«
    »Ich kann keine Blutlinie erkennen, die auf Ihre Märtyrerin zurückgeht. Das ist bei Frauen ja ohnehin schwieriger oder ganz unmöglich. Jane Porethe muss ein Pseudonym sein. Die Frau besitzt als Jane Peine eine ganz normale Biografie. Ich kann ihre Familie bis ins 19.   Jahrhundert zurückverfolgen. Dann allerdings hört der Name auf. Das ist der Zeitpunkt, wo es einen Sprung im Material gibt.«
    »Ein Pseudonym also. Sie hat den Namen aus Sympathie für ihr Vorbild Porete anglisiert und angenommen.«
    »Ja. Auch das Jahr der Umbenennung steht fest. Es ist 1983.«
    »Das Jahr des Mordes in Fulda.«
    »Wahrscheinlich gibt es einen Zusammenhang.«
    »Wir verfolgen in den Nachkommen von de Rancé also Männer, die im Verlauf der Geschichte zuerst Täter, dann Opfer, dann wieder Täter waren. Und in den geistigen Sympathisanten von Porete Frauen, die zuerst Opfer, dann Täterinnen waren   – und vermutlich jetzt wieder Opfer werden.«
    »Sie meinen tatsächlich, das Ganze ist noch immer lebendig?«
    »Hochlebendig, virulent, aggressiv.   – Lebt aus ihrer Familie sonst noch jemand?«
    »In Wales. Eine ganze Sippschaft von Peines.«
    »Gut, die werden wir uns ansehen.«
    »Ich bin schon dabei. Bisher habe ich aber nichts Aufregendes entdeckt. Da kommt jedenfalls eine Menge auf uns zu.«
    »Auf Sie, Karen.«
    »Auf mich.«
    »Ein dunkler Kasten, Karen. Eine Black Box. Und mein Sohn Tibor hat sie geöffnet. Es ist eigentlich ein Frevel. Aber er hat es, verdammt noch mal, getan. Und jetzt kann ich nur hoffen und beten, dass ich nicht zu spät komme.«
    »Wohin wollen Sie?«
    »Ich fahre nach Assmannshausen. Ich brauche eine Therapiestunde. Mein Tepidum , verstehen Sie?«
    »Nein. Brauchen Sie Hilfe?«
    »Ich versuche es allein. Wenn ich es nicht schaffe, rufe ich die Kollegen in Wiesbaden an. Vergessen Sie Ihren alten Kollegen Velsmann nicht!«
    »Herr Velsmann! Mein Gott, Chef! Begeben Sie sich nicht in   –«
    Velsmann hatte das Gespräch weggedrückt.

    Als Martin Velsmann gut zwanzig Minuten später so atemlos in Assmannshausen ankam, als sei er Rad gefahren, zeigte seine Armbanduhr genau auf acht. Er hielt im Zufahrtsbereich der schmalen Stichstraße, in der Porethes Haus stand. Velsmann sah auf der dem Haus gegenüberliegenden

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